Das Gericht verhängte zwar die Einweisung in eine Psychiatrie, setzte den Vollzug aber für die nächsten fünf Jahre zur Bewährung aus.

Leipzig. Das Landgericht Leipzig hat den Geiselnehmer, der im vergangenen Sommer in einer H&M-Filiale 19 Menschen in seine Gewalt gebracht hatte, auf freien Fuß gesetzt. Zwar verhängte die 5. Strafkammer die Einweisung in eine psychiatrische Klinik, setzte den Vollzug aber für die nächsten fünf Jahre zur Bewährung aus. Zugleich ordneten die Richter strenge Auflagen an. Damit folgte das Gericht am Donnerstag den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Der 41-Jährige war am 15. Juni vergangenen Jahres mit einer geladenen Waffe in das Geschäft in der Leipziger Innenstadt eingedrungen und hatte 19 Kunden als Geiseln genommen . Nach dreieinhalb Stunden gab der wegen Waffenbesitzes vorbestrafte Mann widerstandslos auf, verletzt wurde niemand. Der Mann galt schon damals als psychisch labil, weshalb gegen ihn auch kein reguläres Strafverfahren, sondern ein sogenanntes Maßregelverfahren eingeleitet worden war. Bei der Verhandlung ging es lediglich um die Frage, ob er in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen wirdoder nicht.

Der Vorsitzende Richter sagte am Donnerstag, der Beschuldigte sei in keiner Weise schuldfähig, da zum Zeitpunkt der Tat seine Steuerungsfähigkeit stark eingeschränkt gewesen sei. Er habe sich verfolgt gefühlt von den ihn behandelnden Ärzten. Weil er diesen Pfusch vorgeworfen habe, hätten sie ihm nach dem Leben getrachtet. Diese Wahrnehmung sei bei ihm schließlich so schlimm geworden, dass er am Tag vor der Geiselnahme völlig verängstigt in der Zimmerecke gekauert und Todesängste ausgestanden habe. "Er hatte keine eigene Entscheidungsfähigkeit mehr", sagte der Richter.

Gleichwohl hielt das Gericht den 41-Jährigen für nicht soweit von seiner wahnhaften Psychose geheilt, dass es ihn freisprechen wollte. "Letzte Restbestände des Wahns sind weiter vorhanden", sagte der Richter. Dem Geiselnehmer wurde daher auferlegt, sich binnen einer Woche in psychiatrische Behandlung zu begeben und den Weisungen der Ärzte Folge zu leisten. Zudem steht er unter Führungsaufsicht.

Nach Ansicht der Verteidigung ist ihr Mandant auch durch die Behandlung in den vergangenen Monaten geheilt. Von ihm gehe keinerlei Gefahr mehr aus.