Weil die Mutter das kleine Weibchen Daseep nicht angenommen hat, ziehen es Tierärzte und Pfleger seit dreieinhalb Wochen von Hand auf.

Frankfurt/Main. Munter blickt das Tigerbaby im Frankfurter Zoo aus seinem Körbchen heraus in die große Runde der Fotografen und Kameraleute. Mitten im Blitzlichtgewitter lässt es sich ausdauernd von Zoodirektor Manfred Niekisch hinter den Ohren kraulen. Weil die Mutter das kleine Weibchen nicht angenommen hat, ziehen es Tierärzte und Pfleger seit dreieinhalb Wochen von Hand auf. Stolz verkündet Niekisch am Mittwoch den neuesten Entwicklungsschritt: „Heute hat sie zum ersten Mal Pipi gemacht, ohne dass die Tierärztin ihr den Bauch massieren musste.“

Das orange-schwarz gestreifte Tigermädchen mit dem Namen Daseep (ausgesprochen „Dasiep“) ist der erste Tigernachwuchs im Frankfurter Zoo seit 26 Jahren. Niekisch schwärmt: Die Nachzucht von Sumatra-Tigern im Zoo sei sehr bedeutend für deren Arterhaltung. In freier Wildbahn lebten nur noch circa 400 Tiere. Sumatra-Tiger kämen nur auf der gleichnamigen indonesischen Insel vor. Ihr Lebensraum dort schrumpfe wegen der Abholzung der Regenwälder täglich.

Umso mehr ist der Name des Tigerbabys Programm: Daseep leitet sich ab vom Kürzel EEP: Es steht für das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP). Auf dem Schild am Gehege der Tigereltern Malea und Iban ist groß vom EEP zu lesen - „irgendwann hatte sich der Spruch eingebürgert: Malea, Iban und das EEP“, sagt Niekisch. So war ein Name für das Neugeborene schnell gefunden.

Alle drei bis vier Stunden gibt es Katzenmilch

Daseeps Fauchen klingt noch leise und etwas schwach. Trotzdem ist sie bereits lebhaft und will viel spielen. Die Ärzte und Pfleger beschäftigten sie unter anderem mit einem Stoffhund, der so groß ist wie das Tigerbaby selbst. Alle drei bis vier Stunden füttern die Tierärzte Daseep mit Katzenmilch. Ihr Geburtsgewicht von 1.100 Gramm hat sich inzwischen auf fast vier Kilogramm gesteigert. Ihre Geburt war für den Zoo eine große Überraschung.

Mutter Malea galt als unfruchtbar

Daseeps Mutter Malea galt als unfruchtbar und war schon mehrmals ohne Erfolg behandelt worden. Am Morgen des 10. September entdeckte eine Tierpflegerin plötzlich zwei neugeborene Tiger: Ein Männchen und ein Weibchen. Das Männchen war bereits tot, es hatte eine große Wunde am Bauch. Das Weibchen war munter, wurde aber von der Mutter nicht angenommen. Laut Niekisch nichts Ungewöhnliches beim ersten Wurf einer Tigerin.

Besucher können Daseep noch bis zum Ende des Monats täglich von 14.45 bis 15.45 Uhr in der Kinderstube vor der Zooterrasse sehen. Die Besuchszeiten können sich je nach Zustand des Babys ändern. In ein paar Wochen wird Daseep dann nach Wuppertal umziehen: Dort soll sie zusammen mit dem Tigermädchen Tschuna aufwachsen, damit sie ein artgemäßes Sozialverhalten lernt. Dem Frankfurter Zoo fällt der bevorstehende Abschied schwer. Doch Niekisch erklärt, in Wuppertal gebe es mehr Platz und bessere Möglichkeit für die Aufzucht von Jungtigern. Und er fügt mit Blick auf Daseep hinzu: „Sie ist und bleibt Frankfurterin.“