Inzest darf in Deutschland weiter bestraft werden, ein Verbot der Geschwisterliebe verletzt nicht die Europäische Menschenrechtskonvention.

Straßburg. Die strafrechtliche Verurteilung eines Mannes aus Leipzig wegen Geschwisterinzests verstieß nicht gegen die Menschenrechte. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Donnerstag in Straßburg entschieden. Die Beschwerde des 35-jährigen Patrick S., der mit seiner Schwester vier Kinder zeugte und deshalb wegen Beischlafs zwischen Verwandten zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, blieb damit ohne Erfolg.

Die Straßburger Richter entschieden, dass die strafrechtliche Verurteilung das Recht von Patrick S. auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nicht verletzt habe. Dieses Recht ist in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Zuletzt war der Kläger 2008 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

+++ Der Inzest-Paragraf +++

Patrick S. wuchs in einer Pflegefamilie auf, die ihn adoptierte. Er lernte erst mit 24 Jahren seine sieben Jahre jüngere Schwester Susan K. kennen, von deren Existenz er nichts gewusst hatte. Zwischen den Geschwistern entwickelte sich eine Liebesbeziehung, aus der zwischen 2001 und 2005 vier Kinder hervorgingen. Inzwischen ist das Paar getrennt.

Der Straßburger Gerichtshof entschied, dass die deutschen Behörden und Gerichte einen "weiten Beurteilungsspielraum" hatten. Denn zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats bestehe "kein Konsens hinsichtlich der Frage, ob einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Geschwistern eine Straftat darstellen". Im Übrigen hätten die deutschen Gerichte bei der Verurteilung des Mannes "eine sorgfältige Abwägung der Argumente vorgenommen".