Es bleibt weiter frostig in Europa. Das kalte Wetter fordert immer mehr Todesopfer. Die Elbe ist von der Saalemündung bis nach Hamburg gesperrt.

Hamburg/Berlin/Rom/London/Sofia. Europa zittert weiter in klirrender Kälte, auch wenn in Deutschland in den kommenden Nächten erst einmal keine neuen Kälterekorde zu erwarten sind. Es wird vorübergehend etwas milder - zumindest im Norden und Westen, wo das Quecksilber laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) meist oberhalb von minus zehn Grad Celsius bleibt. Für den Tag werden die Höchstwerte im Norden und Westen mit minus einem Grad angegeben. In der Nacht zu Dienstag wurde mancherorts die bislang kälteste Nacht des Winters gemessen. In Stiege im sachsen-anhaltischen Teil des Harzes hatte es beispielsweise minus 25,7 Grad.

An den Folgen der frostigen Temperaturen der vergangenen Tage starb im niedersächsischen Landkreis Nienburg ein 75 Jahre alter Mann. Eine Obduktion ergab nach Polizeiangaben, dass er an Unterkühlung gestorben war. Der Rentner aus Landesbergen war vergangene Woche auf einem Feldweg zwischen Husum und Brokeloh gefunden worden. Er war nicht mehr ansprechbar und starb später im Krankenhaus.

+++ Behörde: Alstereis auf eigene Gefahr frei +++

+++ Eiszeit in Hamburg +++

+++ Eiseskälte in Europa: Schon mehr als 300 Tote +++

Unter der Kälte haben vor allem jene Menschen zu leiden, die kein Dach über dem Kopf haben – aber auch solche, die draußen arbeiten müssen. Dazu gehören unter anderen die Polizisten, die Gebäude bewachen. Für sie forderte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Unterstellhäuschen. Außerdem halte er es für falsch, dass Polizisten für wärmende Unterwäsche selbst aufkommen müssten, sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt. Die Objektschützer stehen bei normalen Temperaturen in Intervallen von maximal anderthalb Stunden vor Botschaften, Konsulaten und sonstigen potenziell gefährdeten Einrichtungen.

Elbe wegen Treibeis bis Hamburg gesperrt

Am Dienstagabend wurde wegen Treibeises die Elbe auch in Sachsen komplett für den Schiffsverkehr gesperrt. Im Laufe des Tages steuerten noch zwei Schiffe schützende Häfen an, teilte das Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden mit. Von der Saalemündung bis nach Hamburg war der aus Tschechien kommende Strom bereits vor einigen Tagen gesperrt worden. Nun folgte der Oberlauf der Elbe in Deutschland. Nach Angaben von Klaus Kautz, Chef des Wasser- und Schifffahrtsamtes Dresden, sind zwischen Riesa und Torgau mittlerweile 50 Prozent des Flusses mit Eisschollen bedeckt, an engen Stellen unterhalb Torgaus sogar bereits 80 Prozent.

Kaum mehr Schiffe unterwegs

Durch den Frost wird auch zunehmend der Schiffsverkehr behindert. Drei der ostfriesischen Inseln – Wangerooge, Juist und Spiekeroog - können von Fähren nicht mehr angefahren werden. Auch der Mittellandkanal als Verbindung zwischen Elbe und Dortmund-Ems-Kanal wird nach und nach gesperrt. Auf der Elbe sollte der Schiffsverkehr zwischen der tschechischen Grenze bis zur Saale am Dienstagabend eingestellt werden. Ab Magdeburg Richtung Norden ist sie schon seit Sonntag gesperrt. Der Schifffahrt auf der Mosel droht ebenfalls in den kommenden Tagen der Stillstand.

Durch Schneefälle kam es am Morgen auch zu Behinderungen im Luftverkehr . In München mussten die Start- und Landebahnen immer wieder abwechselnd geräumt werden. Außerdem wurden sämtliche Maschinen vor dem Start enteist. Es kam zu Verspätungen. Ähnliches wurde vom Hunsrück-Flughafen Hahn gemeldet.

Probleme mit der eisigen Kälte haben auch weiterhin die Autofahrer: Der ADAC berichtete erneut von Hunderten Notrufen, weil Dieselfahrzeuge mit ausgeflocktem Kraftstoff liegen blieben. Eine Sprecherin erklärte, bei Dieselfahrzeugen sei das zurzeit nach Batterieproblemen der zweithäufigste Grund für die Panne. Paraffin aus dem Dieselkraftstoff wird bei deutlich unter minus 20 Grad fest und verstopft den Dieselfilter. Der Wagen muss dann aufgetaut werden.

In Niederbayern versuchte ein Mann das mithilfe eines Föns: Der 37-Jährige aus dem bayerischen Feldkirchen hatte nach Polizeiangaben einen eingeschalteten Heißluftfön in den Motorraum gelegt. Es kam zu einer Verpuffung. Der Mann, der sich zum Zeitpunkt der Explosion im Fahrzeuginnenraum befand, erlitt leichte Brandverletzungen und eine Rauchvergiftung.

Heftiger Schneeeinbruch in Bulgarien

In Bulgarien haben nach der Regenflut nun heftige Schneestürme den Verkehr lahmgelegt. Am schwersten getroffen war die Region der Donaustadt Russe. Dort gab es drei Meter hohe Schneeverwehungen, berichtete der Staatsrundfunk in Sofia. Die einzige Brücke über die Donau nach Rumänien bei Russe wurde geschlossen. Die Hauptstadt Sofia versank bei minus neun Grad im Schnee.

Regierungschef Boiko Borissow rief die Menschen am Dienstag auf, auf unnötige Fahrten zu verzichten. Für das ganze Land galt ein Fahrverbot für schwere Lastwagen. An vielen Schulen fiel der Unterricht aus. In dutzenden Orten mussten die Menschen wegen beschädigter Leitungen ohne Strom- und Wasserversorgung auskommen. Insgesamt elf Menschen sind in dem Balkanland seit dem sibirischen Kälteeinbruch erfroren. Mindestens acht kamen bei den schweren Überschwemmungen am Montag ums Leben.

Französischer Schnellzug wegen Kälte gestoppt

Der französische Zugverkehr ist Opfer der klirrenden Kälte geworden: Mehrere Schnellzüge mussten am Dienstagmorgen auf der stark genutzten Strecke zwischen Nantes und Paris angehalten werden, weil eine Weiche eingefroren war. Erst gegen 09.00 Uhr konnte der Verkehr weiterlaufen. Der französische Wetterdienst hielt seine Warnung vor extremen Minusgraden auch am Dienstag aufrecht: 39 Départments stehen noch auf der Warnstufe orange. Vor allem in den Pyrenäen, dem Zentralmassiv und den Alpen kam es zu zweistelligen Minusgraden.

Teile Deutschlands und Europas gleichen einem Gefrierschrank. Selbst auf Mallorca wurden mit minus 5,7 Grad die niedrigsten Temperaturen seit 40 Jahren verzeichnet. Besonders dramatisch ist die Lage in Osteuropa. In der Ukraine kostete die bittere Kälte mit Temperaturen bis minus 30 Grad mindestens 135 Menschen das Leben, wie das Zivilschutzministerium in Kiew mitteilte. In den Krankenhäusern werden 2000 Menschen mit Erfrierungserscheinungen behandelt. In Polen erfroren in der Nacht zum Montag neun Menschen, die Zahl der Kältetoten stieg seit dem 27. Januar auf 61, wie das Warschauer Innenministerium mitteilte. In Tschechien hält die Gemeinde Kvilda an der Grenze zu Bayern weiter den Kälterekord des Landes: Dort zeigte das Thermometer am Montag minus 39,4 Grad.

Selbst den Menschen in Südeuropa macht die ungewöhnliche Kälte zu schaffen: In Italien starben Schätzungen zufolge bislang zehn Menschen. In Rom und zahlreichen anderen Städten blieben am Montag Schulen und Behörden geschlossen. Zehntausende Menschen waren in Mittelitalien noch immer ohne Strom. Aus Frankreich wurden am Wochenende vier Tote gemeldet. (dpa/dapd/rtr)

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