Immer mehr Einzelheiten über den Todesschützen von Dachau kommen ans Licht. Der 54-Jährige ist ein aufbrausender und aggressiver Mensch.

Dachau/München. Der Todesschütze aus dem Dachauer Amtsgericht galt als unkontrolliert und jähzornig. Kurz vor der Tat schimpfte der 54-Jährige am Mittwoch in einem Café nahe des Amtsgerichts massiv auf die Justiz, wie Medien am Freitag berichteten. Besonders soll er es auf den Richter des gegen ihn laufenden Prozesses abgesehen haben. Für die Verbalattacken des mutmaßlichen Mörders Rudolf U. interessiert sich auch die ermittelnde Kripo.

Der nach einem Schlaganfall gehbehinderte Mann hatte während der Urteilsbegründung eine Pistole gezogen, erst auf den Richter gezielt und dann den 31 Jahre alten Staatsanwalt erschossen. Der ledige Ex-Transportunternehmer war unter anderem wegen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seit Donnerstag sitzt er wegen Mordes und versuchten Mordes in Untersuchungshaft.

Die „Augsburger Allgemeine“ (Freitag) berichtet von einem regelrechten Wutausbruch des Mannes in der Gaststätte kurz vor dem Mord. Das Blatt zitiert die Pächterin des Cafés mit den Worten: „Er war sehr laut, poltrig, aggressiv.“ Der Angeklagte habe sich in Rage geredet. „Er schrie „Scheiß Richter“ durch den ganzen Raum, ich hatte den Eindruck, dass er nicht ganz dicht war.“

Auch der „Münchner Merkur“ (Freitag) schreibt über Ausraster des 54-Jährigen im Schlosscafé. „Der Mann war von Anfang an sehr laut und hat gegenüber seiner Anwältin geschimpft“, zitiert das Blatt die Wirtin. Gäste hätten sich beschwert. Die Bitte, sich mit seiner Verteidigerin an einen anderen Tisch zu setzen, habe der 54-Jährige ignoriert. Nach zwei Halben Bier verließ er mit seiner Anwältin das Café. Eineinhalb Stunden später erschoss er den Staatsanwalt.

Bei ihren Ermittlungen setzt die Kripo nun auf einen Mann am Nebentisch des mutmaßlichen Mörders und dessen Anwältin im Café. Der bislang Unbekannte dürfte wesentliche Teile der Hasstiraden mitbekommen haben. Deshalb sucht die Polizei ihn als Zeugen.

Inzwischen wurde bekannt, dass der mutmaßliche Mörder schon früher einen Verteidiger verbal anging. Der Münchner Rechtsanwalt Lutz Libbertz vertrat den Unternehmer 2008 in einem Zivilverfahren um Geldforderungen. Als sein Mandant ihn beschimpfte, legte der Jurist das Mandat nieder, wie die Nachrichtenagentur dpa erfuhr. Bekannte zeichnen in Medienberichten ein differenziertes Bild von dem 54-Jährigen. Nachbarn schildern ihn im „Münchner Merkur“ als umgänglich, hilfsbereit und gesellig.

Nach einem Schlaganfall vor zwei Jahren saß er dem Bericht zufolge zeitweise im Rollstuhl, zog vorübergehend in eine Seniorenresidenz und nahm sich danach eine barrierefreie Wohnung in Dachau. Die Zeitung zitiert einen Lastwagenfahrer, der im Unternehmen des 54-Jährigen arbeitete. „Er hat herumgeschrien, uns Mitarbeiter beschimpft und unter Druck gesetzt.“ Wer nicht gespurt habe, sei zusammengestaucht worden. Nach der Pleite seiner Firma sei er verbittert gewesen, schildert ein Bekannter des Todesschützen. „Er hat eine Mentalität wie Brausepulver. Er geht schnell hoch.“