Einen Tag nach dem schwersten Zugunglück in Belgien seit 30 Jahren suchen Ermittler nach der Unfallursache.

Brüssel/Buizingen. Während vor Ort die Fahnder letzte Spuren sicherten und die Aufräumarbeiten begannen, debattiert die Öffentlichkeit über die mangelnde Sicherheit im belgischen Bahnverkehr. Am Morgen legten Bahnmitarbeiter in mehreren belgischen Städten die Arbeit nieder. Sie protestieren damit gegen die ihrer Meinung nach schlechten Arbeitsbedingungen bei der Staatsbahn SNCB, die den Unfall mitverursacht hätten. Nach Angaben der Bahngewerkschaften CGSP und SLFP sind viele Lokführer und das Sicherheitspersonal überlastet.

Nach ersten Erkenntnissen hatte der Lokführer einer Regionalbahn ein rotes Haltesignal übersehen. Als Grund für den Unfall gilt daher menschliches Versagen. „Genaues werden wir erst in einigen Tagen wissen“, sagte ein Sprecher der Brüsseler Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Man warte auf ein Gutachten.

Bei dem Unglück kamen mindestens 18 Menschen ums Leben. Zudem wurden nach Angaben des Staatsanwalts 80 Fahrgäste verletzt, davon 20 schwer. Wegen der unübersichtlichen Lage am Unfallort war zunächst von 160 Verletzten die Rede gewesen. Die Zahl der Toten könne noch steigen. Einige Familien hätten Angehörige als vermisst gemeldet und zwei Schwerverletzte schwebten nach wie vor in Lebensgefahr.

Der Unfall bei Buizingen gilt als das schwerste Unglück des Landes seit mehr als 30 Jahren. Dabei gibt es Parallelen zu einem Unglück im Jahr 2001. Auch damals übersah in Pecrot südöstlich von Brüssel der Lokführer eines Zuges ein Stoppsignal und raste auf dem falschen Gleis einem anderen Zug entgegen. Die traurige Bilanz lautete 9 Tote und 12 Verletzte. Seitdem hat die Staatsbahn SNCB zwar mehr automatische Bremssysteme installiert, doch erst 2013 werden alle Strecken und alle Züge in Belgien komplett ausgerüstet sein. „Die Entscheidung dafür haben wir 2005 getroffen, aber so etwas schafft man nicht auf einen Schlag“, sagte der verantwortliche Bahnvorstand Marc Descheemaecker. Am Unfallort gab es ein Sicherheitssystem, das Züge automatisch bremst, wenn sie ein Haltesignal missachten. Jedoch war nach Angaben der SNCB nur einer der beiden Züge mit dem entsprechenden System ausgestattet. Die Aufräumarbeiten an der Unfallstelle sollen frühestens am Mittwoch beginnen. Solange bleibt die sechsspurige Strecke gesperrt. Dadurch fielen am Dienstag Schnellzüge wie der Thalys zwischen Brüssel und Paris sowie der Eurostar zwischen Brüssel und London aus. Zudem konnten wegen der Warnstreiks im morgendlichen Berufsverkehr viele Züge im Süden Belgiens (Region Wallonie) nicht fahren. Die Beschäftigten blockierten die Bahndepots in den Städten Braine-le-Comte, Mons, Lüttich, Ath, Saint-Ghislain, La Louvière, Charleroi, Namur, Ottignies, Tournai und Löwen.