Das Zugunglück in Belgien hat einer der Lokführer schwer verletzt überlebt. Er soll, sobald es sein Zustand erlaubt, vernommen werden.

Brüssel/Buizingen. Den Frontalzusammenstoß der beiden Züge in Belgien hat einer der Lokführer schwer verletzt überlebt. Das teilte die belgische Bahn am Dienstag mit. Er solle, sobald es sein Zustand erlaube, von der Polizei vernommen werden, sagte Bahnsprecher Jochen Goovaerts. Bei dem Unglück in der Nähe von Brüssel wurden am Montag mindestens 18 Menschen getötet. Zudem wurden nach Angaben des Staatsanwalts 80 Fahrgäste verletzt, davon 20 schwer. Die Zahl der Toten könne noch steigen. Einige Familien hätten Angehörige als vermisst gemeldet und zwei Schwerverletzte schwebten nach wie vor in Lebensgefahr.

In den Wracks der beiden Züge suchten Bergungsmannschaften am Dienstag weiter nach möglichen Opfern. Es war das schwerste Zugunglück in Belgien seit mehr als 50 Jahren. Es wird vermutet, dass einer der Lokführer ein Haltesignal nicht beachtet hat. Die Ermittlungsbehörden hoffen, durch die Auswertung der Fahrtenschreiber der Züge die genaue Ursache zu ermitteln.

Neue Sicherheitsdebatte

Vor Ort sicherten Fahnder am Dienstag in Buizingen Spuren an den entgleisten Waggons. „Genaues werden wir erst in einigen Tagen wissen“, sagte ein Sprecher der Brüsseler Staatsanwaltschaft auf Anfrage.

Unterdessen wächst die Kritik an der Sicherheit des belgischen Bahnverkehrs. Am Unfallort gab es ein Sicherheitssystem, das Züge automatisch bremst, wenn sie ein Haltesignal missachten. Jedoch war der Bahngesellschaft SNCB zufolge nur einer der beiden Züge mit dem entsprechenden System ausgestattet.

Nach Zugunglück treten Zugführer in spontanen Streik

Aus Protest gegen die schlechten Arbeits- und Sicherheitsbedingungen legten am Dienstagmorgen Bahnmitarbeiter in mehreren belgischen Städten die Arbeit nieder. Dadurch fielen in der Region Wallonie viele Züge aus. Vor allem im südlichen Landesteil Wallonie würden Eisenbahndepots blockiert, etwa in Lüttich, Namur und Charleroi, berichtete die Agentur Belga. Die Streikenden wollten demnach auf die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen hinweisen, die zu Unfällen wie dem vom Montag führen könnten. Im belgischen Rundfunk war zudem von Forderungen nach besseren Sicherheitssystemen wie automatischen Bremsen in allen Zügen die Rede.

Probleme bei Bahnreisen durch Belgien

Wegen einer Streckensperrung nach dem Zugunglück bei Brüssel sollten Thalys- und Eurostar-Kunden derzeit unbedingt prüfen, ob ihr Zug überhaupt fährt. Es sei nicht abzusehen, wann Züge auf der Thalys-Strecke Köln-Brüssel-Paris wieder planmäßig verkehren können, teilte die Eisenbahngesellschaft mit. Der Verkehr im gesamten Streckennetz sei zum Erliegen gekommen. Das Unternehmen Eurostar riet Kunden auf der Strecke Brüssel-London zunächst, ihre Fahrt wenn möglich zu verschieben. Aktuelle Auskünfte finden Reisende im Internet unter www.thalys.de und www.eurostar.com.

Bereits gebuchte Tickets können nach Angaben der beiden Bahngesellschaften vollständig erstattet oder kostenlos umgebucht werden. Zwischen dem Bahnhof Brüssel-Midi und Lille richtete Eurostar zunächst eine Shuttlebus-Verbindung ein. Außerdem können Fahrgäste mit einem Regionalzug von Brüssel nach Lille fahren, von wo aus die Eurostar-Züge weiterhin nach London fahren. Beide Ausweichangebote sind Eurostar zufolge aber überlastet. Reisende von und nach Brüssel sollten ihre Fahrt deshalb nur antreten, wenn es unbedingt nötig ist.