Ein Cocktail aus Amphetaminen, LSD und Heroin: Nach der tödlichen Sitzung distanzieren sich Psychoanalytiker von ihrem Scharlatan-Kollegen.

Berlin. Zwei Tage nach der Therapiesitzung mit zwei Todesopfern in Berlin-Hermsdorf ist der Zustand eines weiteren Patienten weiterhin kritisch. Der 55-Jährige lag am Montag weiter im Koma, wie die Polizei bestätigte. Am Sonntagabend war Haftbefehl gegen den 50 Jahre alten Therapeuten ergangen, der zugegeben hatte, bei der Gruppensitzung einen Mix verschiedener Drogen verabreicht zu haben. Ihm wird in zwei Fällen gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen sowie in sechs Fällen gefährliche Körperverletzung.

Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung distanzierte sich am Montag von dem Arzt. Eine solche Behandlung habe mit Psychotherapie nichts zu tun, erklärte Dieter Best, Vorsitzender der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung. „Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer. Wir sind erschüttert, dass so etwas möglich ist, verwahren uns aber dagegen, dass Scharlatanerie, wie sie hier betrieben wurde, mit Psychotherapie in Verbindung gebracht wird.“

Die Drogen sollten bei dem Treffen mit zwölf Teilnehmern eine Art Bewusstseinserweiterung bewirken. Zwei Männer im Alter von 59 und 28 Jahren erlagen der Vergiftung. Die österreichische Psychoanalytikerin Eva Jaeggi befürchtet nach dem Berliner Vorfall neues Misstrauen gegenüber psychologischen Praktiken. Zu dem mutmaßlichen Täter sagte sie am Montag Deutschlandradio Kultur: „Der hat sich Psychotherapeut genannt, aber was er macht, ist auf keinen Fall Psychotherapie.“ Auch sie sprach von Scharlatanerie.

Noch ist unklar, was genau der Arzt den insgesamt zwölf Teilnehmern am Samstag verabreicht hat. Die Analyse werde einige Tage in Anspruch nehmen, hieß es bei der Polizei. Nach Medienberichten waren Amphetamine und Psycho-Drogen wie LSD im Spiel. Heroin war laut den Ermittlern auch dabei, allerdings nur in geringen Mengen.

Der Therapeut und seine Frau unterhalten Kontakte zu einer Schweizer Einrichtung, die sich Therapeutisch-Tantrisch-Spirituelle Universität nennt und sich auf psycholytisches Arbeiten spezialisiert hat. Dabei werden bewusstseinsverändernde Substanzen verwendet, etwa auch Rauschgifte wie LSD und Pilze. Der Seminarveranstalter hat seinen Sitz auf einem Hof im schweizerischen Lüsslingen und führt dort eine „Gemeinschaft Kirschblüte“, laut Eigendarstellung von etwa 75 Erwachsenen und 60 Kindern. Sie hat demzufolge Interesse an Selbsterkenntnis sowie am Tantrismus, einer religiösen Strömung aus Indien, die Erlösung durch bestimmte Rituale sucht. Nach Zeitungsberichten hat der Berliner Therapeut sein Handwerk dort gelernt. Mit dem mutmaßlichen Schweizer Mentor war für nächstes Jahr ein Seminar in Berlin geplant. (dpa/abendblatt.de)