Ein Rocker der Hells Angels liegt angeschossen im Krankenhaus. Ermittler befürchten eine Eskalation in der gewalttätigen Szene. Wie geht es weiter?

Berlin. Berlin verstärkt den Druck auf die kriminelle Rockerszene. „Wir wollen das Problem bei der Wurzel packen. Der Druck wird solange zunehmen, bis es uns gelungen ist, diese kriminellen Strukturen zu zerschlagen“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) am Donnerstag nach Angaben eines Sprechers. „Es geht nicht darum, nurdie Symptome zu bekämpfen.“

Polizeisprecher Thomas Neuendorf sagte, eine Hundertschaft der Bundespolizei unterstütze die Berliner Ermittler bis auf weiteres. Es gebe verstärkte Kontrollen bei den verfeindeten Rockergruppen Hells Angels und Bandidos in der gesamten Stadt, auch Vereinsheime seien im besonderen Blick.

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„Aufgrund der jüngsten Entwicklungen im Rockermilieu befürchten wir, dass es zu einer ganzen Serie erheblicher Straftaten kommt. Das gab es in dieser Form vorher noch nicht“, sagte der Leiter der neu gegründeten Task Force Rocker der Behörde, Jörg Raupach, der „Berliner Morgenpost“.

Nach den Schüssen auf den lebensgefährlich verletzten Chef einer Gruppe der Berliner Hells Angels war der 47-Jährige am Donnerstag noch nicht vernehmungsfähig. Dass sich der als einflussreich geltende Hells Angel überhaupt gegenüber Ermittlern äußert, gilt als unwahrscheinlich.

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Die Polizei schätzt den angeschossenen Rocker nach wie vor als gefährdet ein. Befürchtet wird, dass der Täter erneut auf den Rocker schießen könnte. Der Attentäter ist noch nicht gefasst. Das Krankenzimmer des 47-Jährigen werde weiter bewacht. Der Rocker war schon 2009 bei einer Attacke der verfeindeten Bandidos schwer verletzt worden. Auch damals schwieg der Mann.

Vor dem Virchow-Klinikum hatten sich auch am Donnerstag etwa zehn Rocker postiert, um ihren Chef zu bewachen. Auch Einsatzkräfte der Polizei beobachteten die Umgebung.

Nach mehreren Schlägen der Polizei gegen die Rockerszene hatte ein Unbekannter in der Nacht zum Sonntag mehrfach auf den Boss der Hells Angels Nomads geschossen.

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Nach Verboten und Übertritten von Bandidos zu den Hells Angels und Clubauflösungen ist die Rockerszene in Aufruhr. Die Rivalitäten hätten zugenommen, so die Polizei. Sie geht in der Hauptstadt von etwa 300 Hells Angels sowie etwa 500 Bandidos aus.

Ende Mai hatten sich die mächtigen Hells Angels Berlin City aufgelöst, weil sie von einem bevorstehenden Verbot erfahren hatten. Der Verräter wird in den Reihen der Polizei vermutet, ist aber weiter unbekannt. Am Freitag will sich der Innenausschuss mit dem Thema in einer Sondersitzung beschäftigen.

Polizei findet einen Zeugen

Nach den Schüssen auf den Nomads-Chef hat die Polizei eine erste Beschreibung des möglichen Täters. Ein Zeuge habe nach der Tat in der Nähe einen flüchtenden Mann beobachtet, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf. Demnach lief der Verdächtige am Linden Center in Hohenschönhausen entlang, war etwa 1,75 Meter groß und schlank. Auf dem Kopf soll er eine schwarze Wollmütze getragen haben.