Der Club an der Alster möchte an der Stelle des Centre Courts ein Hockeystadion errichten. Die geplante Mehrfachnutzung passe hervorragend nach Eimsbüttel, sagte Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke.

Rotherbaum. Es ist natürlich ein Klotz, der sich da mitten im schönsten Rotherbaum erhebt. Irgendwie unpassend, wie ein Ufo, das in einer Villengegend gelandet ist. So richtig gemocht haben die Bewohner zwischen Mittelweg, Hansastraße, Rothenbaumchaussee und Umgebung das Tennisstadion an der Hallerstraße nie, spätestens seit es 1997 das jetzige Fassungsvermögen von 13.200 Besuchern erreicht hatte. Und dann noch dieses Faltdach…

Jetzt haben die Diskussionen über den Bau eine neue Dynamik bekommen. Ein Abriss der größten deutschen Tennisarena ist wieder zu einem Thema geworden, nachdem NDR 90,3 am Freitag über die Ideen des Clubs an der Alster berichtet hat. Der Verein möchte an der Stelle des Centre Courts ein Hockeystadion mit Platz für 2000 Zuschauer errichten, das für das Tennisturnier zu einem Centre Court mit 7500 Plätzen umgerüstet werden könnte.

„Die Pläne des Clubs an der Alster sind hochinteressant“, sagt zum wiederholten Mal Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke: „Die geplante Mehrfachnutzung der Anlage passt hervorragend nach Eimsbüttel.“

Das Gerede um die Nutzung der Anlage, den Verkehr, den Lärm hat nie völlig nachgelassen. Auch weil der Ausbau des Centre Courts vom Deutschen Tennis Bund (DTB) praktisch handstreichartig immer weiter vorangetrieben wurde. Nur drei Wochen im Jahr hat der Bezirk deshalb die Nutzung für große Tennisereignisse erlaubt. Eine andere lukrative Verwendung hat sich nie realisieren lassen. Boxen und Beachvolleyball wurden abgelehnt – zu laut. Es gab dort mal ein Schwimm-Event, Placido Domingo sang und der Dalai Lama sprach über Frieden.

Der traditions- und einflussreiche Tennis- und Hockeyclub betreibt seit 1932 seinen Sport auf dem rund 30.000 Quadratmeter großen, stadteigenen Grundstück zwischen Hallerstraße und Hansastraße. Er hat dort seine Heimat und hat Fakten geschaffen. Dabei hat ihm die finanzielle Notlage des DTB durchaus in die Karten gespielt.

Vor rund fünf Jahren kaufte der Verein für 1,15 Millionen Euro dem Tennisverband das Erbbaurecht für das Gelände bis 2049 ab. „Die Verhandlungen standen oft auf des Messers Schneide. Als ich dann die Unterschrift darunter setzen konnte, war das ein großer Moment für die Zukunft des Clubs an der Alster, aber auch für mich“, sagte der damalige Club-Präsident Carl Ness.

Der DTB seinerseits hatte dieses Recht im Jahr 1988 für umgerechnet 3,5 Millionen Euro erworben, um dort sein wichtigstes Tennisturnier auszutragen und um seine Geschäftsstelle dort zu betreiben. Dem Verband gehört das Stadiongebäude. Aber nun ist das Tennisturnier sportlich nur noch drittklassig. Und das Stadion ist zu groß.

Ein Abriss würde etwa mit 500.000 Euro zu Buche schlagen, Geld, das der Verband zur Zeit nicht hat. Anfang des Jahres soll ein Sponsor als Partner einsteigen, festgezurrt ist der Deal aber noch nicht. Der größte Tennisverband der Welt kann sich nicht festlegen. „Alles hängt vom DTB ab“, sagt Sevecke. „Sagt der Tennisbund, er will, kommen wir weiter. An den Behörden, der Finanzbehörde, Sportamt und Bezirk Eimsbüttel wird das Projekt nicht scheitern.“

Auch Michael Stich, der mit seinem Partner Detlef Hammer noch bis 2018 das Recht hat, auf der Anlage das sportlich immer noch bedeutendste deutsche Tennisturnier auszurichten, hätte grundsätzlich keine Einwände gegen einen Abriss und den Bau eines zeitweiligen Tennisstadions. In seinem Vertrag mit dem DTB steht zu lesen, dass der Verband ihm eine adäquate Austragungsstätte zur Verfügung zu stellen hat. Es muss lediglich die von der Profiorganisation ATP verlangte Zahl von 7500 Zuschauerplätzen aufweisen. Mehr benötigt Stich ohnehin nicht. Die Oberränge des bestehenden Stadions lässt er sowieso schon abhängen, damit die Arena nicht so leer aussieht.

Das einstige Logen-Restaurant mit Blick auf das sportliche Geschehen im Stadion wird mangels Nachfrage durch solvente Tennisfans mittlerweile für die Spieler und ihren Anhang benutzt. Die Maßnahmen zum Unterhalt der Arena sind auf ein Minimum reduziert. Marode ist das Stadion nicht, doch die Schalensitze müssten eigentlich ausgetauscht werden, frische Farbe täte gut, die Funktionsräume können neue Elektronik und Mobiliar bestens vertragen.

Das größte Problem aber ist das 1998 eingeweihte Dach, dessen Plane dringend ausgetauscht werden müsste. Eine siebenstellige Summe wird für die Renovierung der aufwendigen Konstruktion veranschlagt. Natürlich ist auch dies zu viel für den DTB. So gilt das Prinzip Hoffnung, dass nur ja nichts passieren möge. „Irgendwann zu Beginn des Jahres wollen sich alle Parteien an einen Tisch setzen, um die Zukunft zu beraten“, bestätigt Alsters Vorstandsmitglied Christian Bock, der im Club für die Umbaupläne zuständig ist. Ein zweistelliger Millionenbetrag ist für den Umbau nötig, doch der Club an der Alster wird Wege finden, das Geld aufzubringen. Er könnte beispielsweise in bester Wohnlage Teile seines riesigen Geländes Am Pfeilshof in Wellingsbüttel verkaufen. Die würden mit dem Bau eines neuen Hockeyplatzes am Rothenbaum nicht mehr benötigt.

Das „Ufo vom Rothenbaum“, das scheint sicher, wird über kurz oder lang tatsächlich abgerissen. Der Ort, an dem 1992 Michael Stich Boris Becker demütigte, wo 1993 ein verwirrter Attentäter Monica Seles niederstach, wo Rafael Nadal als 15-Jähriger erstmals in Deutschland spielte und Roger Federer 2002 seinen ersten Masters-Titel gewann, wird ein nicht mehr sichtbarer Teil der Hamburger Geschichte werden. Und das entspricht ja einer Tradition in dieser Stadt.