Der Turnierdirektor und der DTB-Präsident duellieren sich wegen der Zukunft des Tennisturniers am Rothenbaum. Und eine Einigung ist nicht in Sicht.

Hamburg. Michael Stich mag sich an diesem Montag nicht mehr äußern. Er denkt, er habe bereits genug gesagt zu dem Thema. Doch gut eine Woche nach dem Ende des für ihn so erfolgreichen Turniers am Rothenbaum holt ihn der Konflikt mit dem Deutschen Tennis Bund (DTB) wieder ein. Es ist eine Geschichte von zwei Standpunkten, zwei Sichtweisen und zwei Interpretationen. Von unterschiedlichen Interessen, die noch dazu durch eine herzliche Abneigung gegeneinander befeuert wird. Einen Kompromiss, so scheint es, kann es dabei nicht geben.

Am Montag wurde überraschend ein Brief öffentlich bekannt, den DTB-Präsident Karl Altenburg an Stich geschrieben hat. Darin fordert Altenburg eine Entschuldigung von dem Hamburger Turnierdirektor, weil der ihn einen Lügner genannt habe. Vor 200 Jahren hätte er wahrscheinlich Stich im Morgengrauen zum Duell vor den Stadttoren gefordert und ihm die Wahl der Waffen überlassen.

Tatsache ist, dass Stich bei einem Treffen mit Altenburg am Mittwochmittag während des Turniers nach kurzer Zeit den Tisch verlassen hat. Tatsache ist auch, dass er Altenburg vorwarf, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Wer hat wie dem Rasenturnier in Halle/Westfalen den 500er-Status des Turniers in Hamburg angeboten; hat die ATP Hamburg gedroht, den Status abzuerkennen; und wer hat was wie behauptet? Darum dreht sich der erbitterte Streit.

Der DTB hält die Lizenz für das Turnier in Hamburg, die von der ATP vergeben wird. Michael Stich und sein Partner Detlef Hammer wiederum haben mit der gemeinsamen Gesellschaft HSE einen Vertrag zur Ausrichtung des Turniers bis 2018, der in der Amtszeit von Altenburgs Vorgänger Georg von Waldenfels abgeschlossen wurde, als der DTB fast pleite war und kein Interesse an der Belastung durch das Turnier hatte. Mittlerweile aber haben Stich und seine Mitstreiter das Turnier zu einem wieder anerkannten und profitablen Unternehmen gemacht. Erstmals seit 2008 war das Stadion in diesem Jahr wieder ausverkauft.

Dass es nun ein Problem zwischen Lizenzinhaber und Ausrichter gibt, liegt in erster Linie an der Verschiebung des Turnierkalenders im Männertennis ab 2015. Das im Sommer alles dominierende Rasenturnier in Wimbledon startet dann eine Woche später. Es gibt also eine weitere Woche zur Vorbereitung, eine „Rasensaison“. Hier kommen unterschiedliche Interessen ins Spiel. Da ist das Turnier in Halle/Westfalen, das als Generalprobe für Wimbledon seinen Status gerne von einem 250er-Turnier auf ein 500er angehoben sehen würde. Da ist der DTB, der gerne Hamburg in dieser Zeit Ende Juni als Rasenturnier etabliert hätte. Und da ist Stich, der gerne weiterhin im Sommer nach Wimbledon auf Sand spielen lassen möchte.

Streitpunkt ATP-Status

Laut DTB habe Stich behauptet, der Verband hätte dem Turnier in Halle die 500er-Lizenz angeboten. Allerdings, so Altenburg, habe es dieses Angebot von seiner Seite nie gegeben, im Gegenteil. „Der DTB hat von Halle ein Angebot für den Lizenzerwerb erhalten“, schreibt er in dem Brief an Stich. Stich wiederum erklärt, er habe Halles Turnierdirektor Ralf Weber auf den bestehenden Vertrag mit dem DTB hingewiesen.

DTB-Vizepräsident Stefan Felsing, in dessen Arbeitsbereich Rechte und Vermarktung fallen, soll außerdem erklärt haben, die ATP habe mit dem Entzug der Turnierlizenz gedroht. Als Altenburg diese Aussage abstritt, verließ Hamburgs Turnierdirektor den Verhandlungstisch. Dabei saß auch noch ATP-Vertreter Laurent Dellanney. Am Abend nach dem Eklat gab es noch mal ein Treffen der Herren, diesmal mit Hammer und Hamburgs Sportstaatsrat Karl Schwinke sowie einem Vertreter des Clubs an der Alster. Stich war nicht mehr dabei. Dazu Altenburg in seinem Brief: „Auch das Auftreten von Ihnen, Herr Stich, in einem offiziellen Treffen entspricht kaum einem vernünftigen Geschäftsgebaren.“

Altenburg ist nun seinerseits wieder in die Offensive gegangen. „Diese Aussage, ich sei ein Lügner, ist falsch, beleidigend und unter keinen Umständen akzeptabel“, schreibt Altenburg an Stich. So etwas sei ihm „während meiner 25-jährigen beruflichen Laufbahn noch nicht passiert“. Er gehe allerdings, so Altenburg weiter, „lediglich davon aus, dass Ihr Verhalten ein einmaliger Ausrutscher gewesen ist“.

Michael Stich möchte sein Turnier auf jeden Fall bis zum Ende der Vertragslaufzeit 2018 weiter ausrichten, und wie er mehrfach betonte, „auch darüber hinaus“. Schwinke sagt dazu: „Die Stadt hat großes Interesse, dieses Traditionsturnier in Hamburg zu halten. Wir sind weiter bereit, im Interesse dieser Veranstaltung alle Parteien an einen Tisch zu holen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.“

Ob es den gemeinsamen Weg noch geben kann, scheint eher unwahrscheinlich. Schon arbeitet Stich im DTB hinter den Kulissen, sucht sich Mehrheiten, bildet Meinungen. 2014 steht Altenburg schließlich auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Tennis Bundes zur Wiederwahl.