Die Reitanlage in Klein Flottbek ist marode. Die Betreiber hoffen bei Modernisierungsmaßnahmen auf die Unterstützung der Stadt Hamburg.

Hamburg. Galgenhumor ist die beste Art, mit Missständen umzugehen. "Dieses Jahr geht es ja noch. Wir hatten hier schon Jahre, da mussten wir den grünen Schimmel von den Wänden waschen, damit es erträglich ist", sagt Conny Reuß. Seit elf Jahren arbeitet sie für die Agentur En Garde, die das Deutsche Spring- und Dressurderby in Klein Flottbek ausrichtet, in der Meldestelle. Mit ihrer Kollegin Kennja Schröder sitzt Reuß in einem zehn Quadratmeter großen Raum unterhalb der Pressetribüne. Der ehemals grüne Teppich ist verdreckt, von den Wänden bröckelt der Putz. "Reißen Sie keinen Zettel von der Mauer, sonst kommt die ganze Wand mit", sagt Conny Reuß und lacht bitter.

Am vergangenen Dienstag hatte Derbychef Volker Wulff im Abendblatt-Interview den Zustand der Anlage kritisiert und die Stadt zum Handeln aufgefordert. Die Resonanz auf die Aussagen war riesig, der 55-Jährige erhielt zahlreiche Anrufe und SMS, die ihn für seine Worte lobten.

Am Donnerstag mischte sich das Abendblatt unter die 18.000 Besucher, um Wulffs Vorwürfen nachzugehen. Das Ergebnis war niederschmetternd. Teile des Geländes, das Besitzer Martin Freiherr von Jenisch an den Norddeutschen und Flottbeker Reitverein (NFR) verpachtet hat, sind einem Top-Event wie dem Derby unwürdig.

Noch übler als in der Meldestelle haben es Berend Knoop und Phillip Elflein getroffen. Sie sitzen in einem Nebenraum, in dem der grüne Schimmel nicht entfernt wurde, auf einem Haufen Druckerpapier und müssen zehn Stunden am Tag Starterlisten drucken und kopieren. "Gesund ist das sicher nicht", sagt Knoop und blickt auf den großen gelben Raumentfeuchter, der in der am schlimmsten verschimmelten Ecke steht und täglich entleert werden muss, weil er so viel Feuchtigkeit zieht.

Im Richterturm, der an der Kopfseite des Springplatzes zwischen Presse- und Teilnehmertribüne steht, bietet sich ein ähnliches Bild. Hier sitzen die Wertungsrichter, die Zeitnehmer, Arenasprecher Kai Huttrop-Hage und einige Techniker. Der Putz platzt von der Wand, Kabel hängen frei im Raum herum, Löcher in der Decke sind notdürftig mit Klebeband geflickt. Die Luft im Raum ist, angesichts von zwölf Bildschirmen und vielen weiteren technischen Geräten, drückend, fast schon unerträglich schwül.

Ein Biotop, an dem jeder Naturfreund seine helle Freude hätte, ist die von Efeu fast zugedeckte Haupttribüne. Risse im Beton ziehen sich über die gesamte Querseite, überall blättert die Farbe ab, das Gemäuer bröckelt an vielen Stellen. "Wären wir in Süddeutschland, stünden hier überall Schilder mit der Warnung 'Vorsicht Steinschlag'", sagt ein Ordner. Wüsste man es nicht besser, dann würde man denken, dass die Tribüne seit dem Errichten Anfang der 1960er-Jahre nicht mehr benutzt wird.

Klaus Meyer, seit 1987 NFR-Vorsitzender, hofft deshalb auf schnelle Hilfe der Stadt. "Wir sind als Pächter für die Instandhaltung zuständig, können aber eine Millioneninvestition wie den Tribünenneubau nicht stemmen", sagt er. Wulff und Meyer freuen sich deshalb auf den für Sonnabend angekündigten Besuch von Sportsenator Michael Neumann, um ihr Anliegen in einem persönlichen Gespräch vorzubringen. Da Neumann erst am Donnerstag von einer Auslands-Dienstreise zurückkehrte, war er für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Aus sportlicher Sicht gab es am Himmelfahrtstag einige Glanzlichter. In der ersten Qualifikation zum Deutschen Springderby (So, 14 Uhr) siegte der Schweizer Pius Schwizer mit Ulysse (81,20 Sekunden/0 Strafpunkte), bester Deutscher war Karl Brocks (Wachendorf/85,26/0) mit Plinton als Fünfter. Andre Thieme (Plau) musste seine Ambitionen auf einen vierten Derbysieg bereits begraben, da sein Wallach Quonschbob wegen Magenbeschwerden medikamentös behandelt werden muss.

Im Championat von Hamburg, der Qualifikation für die Global Champions Tour (Sa, 13.15 Uhr), war der Niederländer Marc Houtzager (44,40 Sekunden/0 Strafpunkte) mit Uppity nicht zu schlagen. Er verwies Christian Ahlmann (Marl/44,58/0) mit Lorena und Thomas Voß (Schülp/47,40/0) mit Carena auf die Plätze. Die Hamburgerin Janne Friederike Meyer belegte mit Lambrasco den 22. Platz.