Die Stars des Springsports reiten in Hamburg, aber viele nicht das Derby. Die Weltklasse kommt nicht wegen der traditionsreichen Prüfungen, sondern wegen des Preisgeldes bei der Global Champions Tour.

Hamburg. Um Pulvermanns Grab und den Großen Wall machen viele Weltklasse-Springreiter einen Bogen. Der abenteuerliche Anachronismus mit Naturhindernissen im Hamburger Stadtteil Klein Flottbek ist ihnen zu gefährlich oder in der Vorbereitung der Pferde zu aufwendig. Dass trotzdem fast alle Stars am Wochenende starten, liegt vor allem an der Global Champions Tour – der Millionen-Serie, die den Reitsport verändert hat. Die Hindernis-Klassiker des Derbys stehen beim Tour-Wettbewerb nicht auf dem Programm.

„Die Tour hat ganz klar einen riesigen Anteil daran, dass fast alle Stars kommen“ sagte Derby-Veranstalter Volker Wulff: „Der Hauptgrund ist das Preisgeld.“ Fast acht Millionen Euro werden auf den Turnieren der weltweiten Serie ausgeschüttet, die den Top 30 der Weltrangliste ein automatisches Startrecht sichert.

Seit 2006 gibt es die Global Champions Tour, die von dem niederländischen Pferdehändler Jan Tops organisiert wird. Zwei Jahre war sie praktisch illegal und vom Weltverband FEI geächtet, ehe sie 2008 offiziell genehmigt wurde. In jenem Jahr kam die Serie auch nach Hamburg. Mit diesem geschickten Schachzug hat Wulff das traditionsreiche Turnier wohl vor dem schleichenden Tod bewahrt.

„Ich glaube, unsere Tour hat den Sport gewaltig geändert“, sagte Organisator Tops, der vor allem in Deutschland misstrauisch beobachtet und anfangs gemieden wurde. „Nur die besten Paare starten bei uns. Das ist wie die Formel 1.“ Mit genau diesem Anspruch war 2001 die Riders Tour von Paul Schockemöhle angetreten. Die hohen Erwartungen konnte diese Serie aber nie erfüllen. Nach Ausflügen nach Arezzo in Italien und Hickstead in Großbritannien ist die Riders Tour seit 2006 nur noch national und hat derzeit sieben Stationen; nur in Hamburg und Wiesbaden treffen sich die beiden Konkurrenz-Serien.

Deutsche Meisterschaft Anfang Juni in Balve

Zum Vergleich: John Whitaker erhielt als Sieger der ersten Riders-Tour-Etappe in Hagen bei Osnabrück 18.750 Euro. Sein Bruder Michael gewann den Auftakt der Global Champions Tour in Madrid und kassierte 94.050 Euro. „In Deutschland wird seine Tour überhaupt nicht wahrgenommen“, sagte Schockemöhle anfangs über Tops. Das hat sich grundlegend geändert. Die Global Champions Tour plant die laufende Saison mit 13 Etappen, darunter Monte Carlo, Shanghai und Doha. Fast alle Weltklasse-Reiter richten ihren Turnierplan nach der Global Champions Tour aus, zum Leidwesen vieler Nationalmannschaftstrainer.

„Sie hat für die meisten Reiter enorme Bedeutung, darauf müssen wir uns einstellen“, sagte der deutsche Coach Otto Becker. Die weiten Reisen und der umfangreiche Turnierkalender machen ein besonders gutes Management erforderlich. Dass zeitgleich zur deutschen Meisterschaft Anfang Juni in Balve die Tour-Etappe in London auf dem Programm steht, macht es für Becker nicht einfach.

Die Global Champions Tour hat aber auch für die Veranstalter Tücken. So starten in Hamburg mit Wildcards auch fünf Reiter aus Katar, keiner davon steht unter den besten 100 der Weltrangliste. „Das ist ein Deal von Tops“, sagte dazu Derby-Organisator Wulff.