Nach der Medaillenflut in der ersten Woche droht dem deutschen Team in Sotschi eine zweite Hälfte ohne einen einzigen Olympiasieg - auch, weil die Topstars schwächeln.

Sotschi. Eric Frenzel hütet das Bett, Maria Höfl-Riesch läuft die Nase, und Felix Neureuther muss nach einem weiteren Nackenschlag auf ein Wunder hoffen: Ausgerechnet die größten deutschen Medaillenhoffnungen für die zweite Woche der Winterspiele in Sotschi schwächeln. Läuft es schlecht für das Team, gibt es keinen einzigen Olympiasieg mehr, dem Goldrausch der ersten Woche könnte nun der große Kater folgen.

Vor allem ein Ausfall von Kombinierer-König Frenzel würde die deutsche Mannschaft mit Blick auf den Kampf um eine Top-Platzierung im Medaillenspiegel extrem hart treffen. Der 25-Jährige, den eine Virusinfektion flachgelegt hat, galt als sichere Goldwette für den Wettbewerb von der Großschanze am Dienstag. Ohne Frenzel wäre auch das Kombinierer-Team am Donnerstag nur halb so stark. Mannschaftsarzt Dr. Stefan Pecher bezeichnete die Chancen auf einen Einzel-Start auf „50:50, höchstens“. Immerhin: Wesentlich besser sieht es für einen Teamstart aus.

Denselben Virus hatten vorher schon die Skispringerinnen, bei denen sich Frenzel wohl angesteckt hat. „Da hat es zwei, drei Tage gedauert“, sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Über seinen Einsatz im zweiten Einzelwettbewerb soll erst am Dienstagmorgen nach einer weiteren Untersuchung entschieden werden. Weinbuch: „Ich bin leider eher skeptisch.“

Übel sieht es auch für Felix Neureuther aus. Der Skirennläufer ging am Montag, knapp 80 Stunden nach seinem Autounfall, erstmals in Rosa Chutor auf die Piste - das Training verlief niederschmetternd. Neureuther erwischte eine Spurrille, ihm fuhr ein stechender Schmerz in den ohnehin schon arg lädierten Nacken - nichts ging mehr, und das nur zwei Tage vor seinem geplanten ersten Rennen, dem Riesenslalom am Mittwoch.

„Das ist natürlich ein Rückschlag, aber ich werde alles dafür tun, möglichst schnell wieder gesund zu werden“, sagte Neureuther. Neuerliche Verletzungen an Hals- und Brustwirbelsäule konnten immerhin ausgeschlossen werden. Auf das Training am Dienstag will er dennoch verzichten. Ob er am Mittwoch in den Riesenslalom geht, soll unmittelbar vor dem Rennen entschieden werden.

„Unter diesen Umständen sind die Chancen auf einen Start nicht besonders hoch“, sagte Alpindirektor Wolfgang Maier dem SID. Für das Rennen in Neureuthers Spezialdisziplin Slalom am Sonnabend „werden wir alles versuchen, um ihm wenigstens eine Chance auf einen Start zu ermöglichen“, meinte Maier - Optimismus hört sich anders an.

Höfl-Rieschs Zustand ist im Vergleich dazu geradezu hervorragend - aber bei weitem nicht optimal. „Es ist nichts Tragisches, Gott sei Dank nur ein kleiner Schnupfen, wirklich nichts Ernstes“, sagte die Kombinations-Olympiasiegerin, doch ihre Nase triefte dabei. Noch schwerer könnte wiegen, dass bei Höfl-Riesch nach einer Gold- und einer Silberfahrt „die Spannung ein bisschen raus ist aus dem Körper“, wie sie selbst sagt.

Ohne die Hilfe der drei Superstars wird es dünn für das deutsche Team in der zweiten Woche, die ohnehin als die weniger erfolgversprechende galt. Siebenmal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze holten die Athleten des Deutschen Olympischen Sportbundes bis inklusive Sonntag, Lohn war die Führung im Medaillenspiegel. Nun droht mehr denn je die große Durststrecke.

Wahrscheinlich ist, dass selbst die Untergrenze des DOSB-Medaillenkorridors - 27 bis 42 Medaillen sind anvisiert - unerreichbar bleiben wird. Die Mannschaftsführung um Chef de Mission Michael Vesper lehnte es am Montag wohl nicht von ungefähr ab, eine Stellungnahme zur Lage abzugeben.

Bob-Pilot Maximilian Arndt mit dem Vierer hat noch Medaillenchancen, ebenso Sandra Kiriasis in der Frauen-Entscheidung. Die Alpinen Viktoria Rebensburg, Fritz Dopfer und Stefan Luitz nehmen mit Außenseiterchancen die Riesenslalom-Rennen in Angriff. Ein wenig aussichtsreicher gehen die Snowboarderinnen Isabella Laböck und Amelie Kober sowie Eisschnellläuferin Claudia Pechstein (5000 m) an den Start. Gold-Garanten wie die Rodler sind für den DOSB allerdings nicht mehr dabei.