Eisschnellläuferin Beckert kam über 5000 Meter auf Platz zwei ins Ziel. Anni Friesinger wird wohl in der Verfolgung an den Start gehen.

Richmond. Als Stephanie Beckert (21) die Ziellinie des 5000-Meter-Laufes der Eisschnellläuferinnen überquert hatte, wusste sie: „Super! Das ist eine Medaille!“ Es wurde wie über die 3000 Meter die silberne. Im letzten Paar setzte sich die tschechische Weltrekordhalterin Martina Sablikova (22) erneut an die Spitze des Feldes - in 6:50,91 Minuten, mit 48 Hundertstelsekunden Vorsprung vor Beckert. Die ergriff sofort ihr Handy und rief noch aus dem Innenraum bei ihren Eltern in Erfurt an. „Ich bin wahnsinnig glücklich“, sagte sie. Als Dritte winkte die Kanadierin Clara Hughes (6:55,73) ins Publikum. Der Erfurterin Daniela Anschütz-Thoms (6:58,64) blieb wie über 3000 Meter Rang vier. „Was sonst“, meinte die 35-Jährige gefasst. Aber drei Sekunden Rückstand auf Bronze seien dann doch ein Ergebnis, „über das ich mich nicht ärgern muss. Die drei vor mir waren einfach besser.“

Die Berlinerin Katrin Mattscherodt wurde disqualifiziert. Die 28-Jährige hatte gleich nach dem Start in der ersten Kurve mit ihrem linken Schlittschuh ein Plastikhütchen der Bahnbegrenzung weggetreten. Sie lief dennoch die gesamten 5000 Meter. Mit ihrer Zeit von 7:15,19 Minuten wäre sie Elfte geworden.

Stephanie Beckert, vor den Spielen nur Eisschnelllauf-Experten bekannt, scheint die Nachfolge der Olympiasiegerinnen Gunda Niemann-Stirnemann, Claudia Pechstein und Anni Friesinger-Postma antreten zu können. Ihr Trainer Stephan Gneupel sieht ihr Potenzial bei weitem nicht ausgeschöpft, selbst wenn er einschränkt: „Martina Sablikova wird auch in den

nächsten Jahren nur schwer zu schlagen sein“. Die zweimalige Olympiasiegerin zeigt jedoch bereits Respekt: „Keine Frage, Stephie ist meine gefährlichste Rivalin. Sie ist eine hervorragende Saison gelaufen.“ Sablikova widmete ihren Erfolg wie schon den über die 3000 Meter Claudia Pechstein. Die wegen Dopings für zwei Jahre gesperrte Berlinerin ist in Hohenschönhausen ihre Trainingspartnerin, weil in Prag eine entsprechende Anlage fehlt. Sie soll jetzt gebaut werden.

Klaus Kärcher ist seit einem halben Jahr der Manager Beckerts. Der Schwabe betreut auch Friesinger. Über seine neue Klientin sagt er: „Sie ist nicht gerade ein extrovertierter Typ, doch sie kommt mit ihrer bescheidenen Art gut auch. Auch Michael Schumacher hat sich in den ersten Jahren seiner Karriere vor laufenden Kameras schwergetan. Ich habe ihr gesagt, sie solle immer offen und ehrlich sein, dann wird sie ihren Weg machen. Sie hat jetzt sportlich vorgelegt, jetzt muss ich meinen Job machen.“ Beckerts Bruder Patrick, in Vancouver 22. über 5000 Meter, hat bereits einen potenten Partner. Die Deutsche Fußball-Liga wird den 19-Jährigen künftig unterstützen.

Eine schwere Aufgabe steht derweil Damen-Bundestrainer Markus Eicher bevor. Er muss sich auf seine drei Starterinnen für den Teamwettbewerb festlegen. Am Freitag (22.30 Uhr MEZ) treffen die Deutschen im Viertelfinale auf die Niederlande oder Korea. Eicher tendierte lange zu Beckert, Anschütz-Thoms und Mattscherodt. Friesinger, beim Olympiasieg 2006 in Turin eine Stütze des Trios, hätte dann zuschauen müssen. „Ich habe kein Problem mit der Entscheidung“, sagte sie, „wenn ich nicht gut genug sein sollte, werde ich das klaglos akzeptieren.“ Das klang ehrlich. Beim Lauf Beckerts stand Friesinger hinter der Bande neben Patrick Beckert und fieberte mit. „Das war ein großartiges Rennen von Stephie. Sie hat wieder alles gegeben und in der letzten Runde noch mal richtig Dampf gemacht. Ich freue mich mit ihr.“

Vermutlich können sich die beiden in Vancouver auch noch gemeinsam freuen. Bundestrainer Eicher scheint nach dem 5000-Meter-Lauf seine Meinung geändert zu haben. Friesinger sei am Dienstagabend im Training sechs hervorragende Runden gelaufen. Sechs mal 385 Meter, das ist die Distanz des Teamwettbewerbs. Eicher: „Ihre Vorstellung hat mir imponiert.“ Mattscherodt, die trotz Unwohlseins über die 5000 Meter an den Start gegangen war, hätte ihn dagegen enttäuscht. „Sechs bis sieben Sekunden hätte sie schon schneller sein dürfen“, sagte Eicher. Die Entscheidung über die Mannschaftsaufstellung wird er am Donnerstagmorgen (Ortszeit) mit seinen Trainerkollegen treffen. Inzwischen sieht jedoch alles danach aus, dass die zweimalige Olympiasiegerin Anni Friesinger (33) bei ihren vierten Olympischen Spielen doch noch einen standesgemäßen Abschied erhält. „Sie hat es verdient“, sagt ihr Manager Klaus Kärcher.