Für Claudia Pechstein ist auch der letzte Funken Hoffnung über eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Vancouver erloschen.

Vancouver. Bei den Olympischen Spielen in Vancouver sorgte Claudia Pechstein in den vergangenen Tagen erneut für Aufsehen. Ihr Anliegen war es, trotz zweijähriger Doping-Sperre einen Olympia-Start, über einen Eilantrag beim Ad-hoc-Gericht, zu erzwingen - Vergeblich. Das Olympische Komittee schmetterte Pechsteins Versuch ab. Dementsprechend frustriert zeigte sich die 37-Jährige, über die Teilnahmeverweigerung ihrer sechsten Olympischen Spiele. „Vom CAS-Panel war wohl nichts anderes zu erwarten. Zutiefst enttäuscht aber bin ich von der DOSB-Spitze. Vor allem von Thomas Bach“, erklärte die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin, nachdem die Ad-hoc-Kammer des Internationalen Sportgerichtshofes (CAS) am Donnerstag in Vancouver ihren Last-Minute-Antrag abgeschmettert hatte. Damit herrscht zwischen der Berlinerin und dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vorerst Eiszeit.

Pechsteins Frust sitzt tief, Bach muss als Prügelknabe herhalten. „Er wird ständig über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten und kennt den medizinischen Sachstand zu der bei mir diagnostizierten Blutanomalie ganz genau“, polterte die 37-jährige und kritisierte: „Dennoch hat er sich nicht dafür eingesetzt, dass die neuen Beweise und Gutachten in einem Hearing erörtert werden. Da kann ich nur noch ungläubig den Kopf schütteln.“

Der deutsche Ober-Olympier wollte weder die Verbalattacken kommentieren noch die Entscheidung des Schnellgerichts. Stattdessen konterte DOSB-Sprecher Christian Klaue Pechsteins neuerliche Anschuldigung. „Frau Pechstein beklagt mangelnde Unterstützung des DOSB. Dabei hat sie wohl vergessen, dass sie den DOSB verklagt hat. Im Übrigen ist das von ihren Beratern gewählte Verfahren, wie die Entscheidung zeigt, vollkommen ungeeignet, um neue Beweise einzuführen“, sagte er. Das DOSB-Angebot, die Gespräche mit der 37-Jährigen nach den Olympischen Winterspielen fortzuführen, bleibt laut Klaue unabhängig davon bestehen.

Am 8. Februar 2011 läuft Pechsteins zweijährige Sperre wegen erhöhter Blutwerte ab. Danach will sie wieder starten. Spätestens dann wird sich entscheiden, ob sie gut beraten war, sich mit der ganzen DOSB-Spitze anzulegen. Mit ihrer juristischen Daueroffensive hat sie nicht nur die Teamführung in Vancouver vergrätzt, sondern auch die eigenen Teamkollegen genervt.

Pechstein wollte mit ihrem Antrag beim CAS-Schnellgriff ihren Start im Teamwettbewerb am 26./27. Februar erzwingen. Dabei habe es sich um einen „aussichtslosen Versuch“ gehandelt, schrieb der CAS in seiner Erklärung, ohne die beteiligten Seiten anzuhören. „Da es keine Entscheidung gibt, gegen die Widerspruch eingelegt werden könnte, hat die Ad-hoc-Kammer entschieden, dass sie keine Zuständigkeit besitzt, um über Frau Pechsteins Antrag zu befinden“, so die Begründung.

Der CAS verwies darauf, dass er mit seinem Urteil vom 25. November 2009 bereits die Zwei-Jahres-Sperre bestätigt habe und auch das Schweizer Bundesgericht die Beschwerde wegen Verfahrensfehlern abgelehnt hatte. Pechstein und ihrem Anwalt sei klargemacht worden, das Schnellgericht sei nicht das richtige Forum für ihren Antrag. Die Richter befanden, dass Pechstein keine Sonderregelung vom DOSB für die Nominierung fordern konnte, weil die Sperre rechtskräftig ist.

„Der CAS wollte sich in meinen Augen unbedingt um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den neuen Beweisen und Gutachten drücken. Deshalb hat er sich auf Formalitäten zurückgezogen“, spekulierte Pechsteins Anwalt Christian Krähe. Erzürnt zeigte sich auch ihr Manager Ralf Grengel. „Das Fairplay und die Ethik im Sport, die im WADA-Code fixiert sind, sind offenbar nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. Der menschliche Faktor spielt für Richter und Funktionäre offenbar keine Rolle“, sagte er und beklagte, dass völlig neue Erkenntnisse über eine Blutanomalie Pechsteins bisher beharrlich ignoriert würden.

Pechstein setzt ihre Hoffnungen nun auf eine Revision beim Schweizer Bundesgericht und wird da die neuen Gutachten erneut ins Feld führen. „Sie hat versucht, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Wenn das der Türöffner zur Revision wäre, hätte sie viel erreicht“, hatte DESG-Präsident Gerd Heinze angemerkt. Sein Verband akzeptiere jetzt aber die Entscheidung der Ad-hoc-Kammer.