Der Haspa-Marathon soll auch bei den Siegerzeiten wieder zur Weltspitze aufschließen. Am 29. April soll der Streckenrekord fallen.

Hamburg. Über Michael Mutai, Patrick Nthiwa und Nicholas Manza wird man am 29. April vermutlich keine großen Worte verlieren. Aber wenn die Welt an diesem Tag gebannt nach Hamburg blicken sollte, wird das auch den drei Kenianern zu verdanken sein. Sie sollen beim 27. Haspa-Marathon dem Sieger das Tempo vorgeben. 2:05:30 Stunden: Diese Endzeit ist der Richtwert für die Schrittmacher, bevor sie irgendwann nach 25, vielleicht 30 Kilometern aussteigen werden.

"Ohne Spitzenresultat kommen wir nicht in die internationalen Medien", sagt der neue Marathonchef Frank Thaleiser. Nach einigen mageren Jahren sollen in Hamburg wieder bessere Zeiten kommen. Das Starterfeld für die Rückkehr in die Weltspitze ist bereitet. Allein vier Athleten, die Äthiopier Dadi Yami, Abdullah Shami Dawit und Chala Dechase sowie Evans Kiprop Cheruiyot aus Kenia, waren bereits einmal schneller als Streckenrekordler Julio Rey 2006 bei seinem vierten Hamburg-Sieg (2:06:52 Stunden). Die Zeit von 2:11:03 Stunden, die dem Äthiopier Gudisa Shentema im Vorjahr bei allerdings großer Hitze zum Sieg reichte, haben sogar 14 gemeldete Teilnehmer übertroffen.

Insgesamt sind etwa dreimal so viele internationale Spitzenathleten am Start wie bisher. Die Wahrscheinlichkeit für eine gute Endzeit steigt damit sogar exponentiell. "Ein Marathon funktioniert nur, wenn vorn eine Gruppe bis Kilometer 30 oder 35 gemeinsame Sache macht", sagt Thaleiser. Sololäufe, wie sie der Spanier Rey hinlegte, gehen auf der Langstrecke selten gut.

Jurrie van der Velden, der erstmals das Elitefeld für den Haspa-Marathon zusammengestellt hat, hat sich beide Streckenrekorde zum Ziel gesetzt. Bei den Frauen muss er wohl auf eine Debütantin setzen. Die Äthiopierin Robe Guta, 25, scheint ihre besten Zeiten bereits hinter sich zu haben: 2006 siegte sie in Hamburg in 2:24:35 Stunden. Dafür könnte die erst 19-jährige Valentine Kipketer in Hamburg ihren Durchbruch schaffen. Sie gewann im Vorjahr den Halbmarathon in Lille in glänzenden 1:08:21 Stunden. "Wenn sie durchkommt, kann sie die 2:20 Stunden angreifen", hofft Thaleiser.

Er hat den Etat für Topathleten fast verdoppelt: von 170 000 auf 300 000 Euro. Zudem hat er den Niederländer Jos Hermens als neuen sportlichen Leiter verpflichtet. Der 62-Jährige, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Athletenmanager der Welt, soll vor allem vielversprechende Nachwuchsläufer aus Ostafrika für den Haspa-Marathon rekrutieren.

Mit etwas Glück fallen bei den Marathons in Rotterdam, Paris, Wien (alle 15. April), Madrid (20.) und London (22. April) kurzfristig noch prominente Aussteiger für Hamburg ab. Selbst ein Start von Äthiopiens Idol Haile Gebrselassie, Hermens' berühmtestem Kunden, bleibt möglich, wenn auch nur in der Staffel. Der 38-Jährige will vorerst keinen Marathon bestreiten.

Den Wettlauf um den Weltrekord aber kann und will Thaleiser nicht aufnehmen: "Bei unserem Etat müssen wir uns von der Idee verabschieden, mit London oder Dubai zu konkurrieren." Man betrachte sich eher als das Borussia Mönchengladbach unter den Marathons: als Laufsteg für Talente. Statt hoher Antrittsgagen sollen satte Bonuszahlungen den Läufern Beine machen. So sind zusätzlich zur Siegprämie von 12 000 Euro bei einer Zeit unter 2:06 (Männer) beziehungsweise 2:23 Stunden 50 000 Euro ausgeschrieben.

Studiert man die Siegerlisten der vergangenen Jahre, scheint das ein vernünftiger Weg zu sein. Kaum ein Stadtmarathon, bei dem nicht ein zuvor wenig bekannter (in der Regel kenianischer oder äthiopischer) Name ganz vorn auftauchte. Das Reservoir ist schier unerschöpflich. Allein im vergangenen Jahr blieben neun Kenianer unter 2:05:38 Stunden, einer Marke, die noch vor zehn Jahren Weltrekord bedeutete (s. Tabelle).

Die atemberaubende Entwicklung bei den Spitzenzeiten hängt mit dem Boom des Marathonlaufs zusammen. Wagten sich einst die 5000- und 10 000-Meter-Läufer erst im Herbst ihrer Karriere auf die Straße, versuchen sich inzwischen bereits die jungen Athleten auf der längsten olympischen Distanz. "Es gibt ja kaum noch interessante europäische Meetings, bei denen lange Bahnwettkämpfe im Programm sind", sagt Hermens. Das Angebot an gut dotierten Marathonrennen hingegen ist groß - Tendenz weiter steigend.

Dass Hamburg hinsichtlich der leicht welligen Strecke einen Standortnachteil gegenüber den Mitbewerbern hat, glaubt van der Velden nicht: "Wenn man in New York 2:05 Stunden laufen kann, geht das in Hamburg auch. Es ist mit Sicherheit kein schlechter Kurs." Man habe nach einer Erkundung im Dezember erwogen, die Strecke umzugestalten. Aber das habe keine Priorität.

Die stärksten Unebenheiten ergeben sich am Hafen. "Würden wir diesen Abschnitt nicht mehr in den Lauf einbeziehen, würde es weitgehend flach", sagt Thaleiser, "allerdings würde der Marathon damit einer großen Attraktion beraubt." Was für die Spitzenläufer gut wäre, würde die Masse der Läufer vermutlich vergraulen.

2013 kommt man um eine neue Streckenführung jedoch nicht mehr herum. Die Messehallen stehen dann als Standort für die Marathon-Expo nur zum 21. April zur Verfügung. Am letzten Aprilwochenende finden bereits die Aufbauten für den Deutschen Evangelischen Kirchentag (1. bis 5. Mai) statt. Am 21. April aber geht auf dem Heiligengeistfeld der Frühjahrsdom zu Ende. Der Zieleinlauf kann somit nicht mehr an der Glacischaussee erfolgen.