Andreas Rudolph hat einen zweistelligen Millionenbetrag in die HSV-Handballer investiert. Seine Amtszeit droht ungekrönt zu enden.

Hamburg. Ob man sich eigentlich nicht wundere, dass er zurückgerufen habe, möchte Andreas Rudolph am Ende des Gesprächs noch wissen, und man meint herauszuhören, dass er dazu wieder dieses verschmitzte Lächeln aufgesetzt hat. Doch, ja, man wundert sich, schließlich war vom Präsidenten der HSV-Handballer in den vergangenen Monaten eigentlich nur ein Satz zu vernehmen: "Ich habe keine Lust, mit der Presse zu reden." Es gebe wichtige geschäftliche Dinge zu erledigen, war aus dem Umfeld des Medizinunternehmers als Begründung zu hören.

Nun denn, die Dinge sind erledigt (das Abendblatt berichtete), und wie groß Rudolphs Lust zu reden jetzt ist, lässt sich nur erahnen. Etwas zu sagen hat er jedenfalls. "Eine katastrophale Leistung" habe die Mannschaft bei der Niederlage am vergangenen Sonnabend in Kolding abgeliefert, spielerisch sei "kein Fortschritt erkennbar", sagt Rudolph dem Abendblatt. Aber beunruhigt, nein, das sei er auch nach der zweiten Niederlage im dritten Champions-League-Spiel nicht: "Es ist ja nichts passiert." Noch könne der Pokalsieger seine Gruppe gewinnen, auch wenn er es nicht allein in der Hand habe. Obendrein habe der HSV "etwas Pech" gehabt, mit drei Auswärtsspielen in den Wettbewerb starten zu müssen, bevor morgen gegen den schwedischen Meister Sävehof (20 Uhr, Sporthalle Hamburg/Eurosport) erstmals Heimrecht gilt. Und was die Meisterschaft angehe: "Wenn wir am Sonntag die Füchse Berlin schlagen, dann ist alles gut."

Wer möchte, kann unter den beschwichtigenden Worten ein präsidiales Grollen vermuten. Rudolph, so berichten Ohrenzeugen, habe sehr ungehalten auf die Misserfolge reagiert. An diesem Sonntag nun könnte der HSV den Berliner Sensationstabellenführer stürzen, aber es steht mehr auf dem Spiel. Es geht um die Frage, ob Rudolph seine Regentschaft krönen kann.

Nicht, dass er das brauche. Der HSV sei es, dem ein Meistertitel guttun würde, um seinen Rang im Sportleben der Stadt weiter aufzubessern. "Aber auf meinem Briefkopf wird das nicht stehen. Diese Aufgabe sei bis auf "Feinarbeiten" erfüllt, weshalb er sein Amt 2011 nach mehr als sechs Jahren - und Zuwendungen von schätzungsweise mehr als 20 Millionen Euro - guten Gewissens aufgeben könne. "Der Verein ist unabhängig von mir."

Wer sich umhört im Verein, wird Zweifel hegen. Die Verpflichtung von Nationalspieler Michael Kraus war vor allem Rudolphs Idee. Auch dass Torwart Johannes Bitter seinen Vertrag wohl verlängert bekommt, soll von ihm in letzter Instanz entschieden worden sein. Für alle weiteren offenen Personalien wird noch auf ein Signal Rudolphs gewartet, der zugleich Geschäftsführer und einziger Privatgesellschafter der Spielbetriebs-GmbH ist.

Die Mannschaft samt Trainer Martin Schwalb hat Rudolph kürzlich für zwei Tage zu einer Aussprache in sein Anwesen auf Mallorca einfliegen lassen. Die kolportierte Ruck-Rede habe es dort aber nicht gegeben: "Es ging darum, die Mannschaft zu informieren, dass ich meine Aufgaben als Präsident wieder mit voller Kraft erfüllen kann." Was ihm in den handballlosen Wochen zuvor gefehlt habe? "Nichts."