Manager Bob Hanning spricht im Interview über den Höhenflug der Füchse Berlin und die Vollendung seines Projekts HSV Handball.

Hamburg. Eben hat Bob Hanning seinen Geschäftsstellenleiter Stefan Güter wissen lassen, dass er für heute genug Telefonate geführt habe. Für das Abendblatt geht der Manager der Füchse Berlin dann doch an den Apparat - aus alter Verbundenheit zu Hamburg.

Abendblatt:

Herr Hanning, was lässt Sie glauben, dass die Füchse am Sonntag nach dem Spiel beim HSV noch Tabellenführer der Handball-Bundesliga sind?

Bob Hanning:

Gar nichts. Wir werden in Hamburg keine Chance haben. Wir sind Realisten genug, zu sehen, dass der HSV in einer anderen Liga spielt, auch wenn wir diese Liga derzeit anführen.

Sieben Siege in sieben Spielen sollten aber Anlass genug sein, das Saisonziel Europacupplatz nachzubessern.

Hanning:

Nein. Wir sind das Mainz des Handballs. Wir brauchen nicht die Spiele in Hamburg, gegen die Rhein-Neckar Löwen und in Gummersbach, um wieder zu erden. Es ist eine tolle Momentaufnahme - aber sicher kein Zufall.

Dann erklären Sie uns bitte den Erfolg.

Hanning:

Den Quantensprung haben wir bereits in der vergangenen Saison gemacht, als wir uns, von einem zehnten Platz mit zehn Punkten Rückstand auf Platz neun kommend, auf den neunten Platz mit 14 Punkten Vorsprung auf Platz zehn verbessert haben. Das ist nur niemandem richtig aufgefallen. Von der tollen Rückrunde leben wir jetzt noch. Zudem haben wir sehr darauf geachtet, Charakter einzukaufen. Das ging aber nur zulasten der Größe des Kaders. Denn da wir weder mäzenaten- noch konzerngesteuert sind, mussten wir auf die Finanzierbarkeit achten.

Das klingt nach einer Gratwanderung.

Hanning:

Durch den Ausfall Michal Kubisztals steht uns derzeit für die halblinke und die Mittelposition je nur ein Spieler zur Verfügung. Zum Glück sind unsere jungen Spieler sichtlich gereift. Das ist auch ein Verdienst des Trainers Dagur Sigurdsson, der über unglaublichen Sachverstand verfügt und jeden Tag an sich arbeitet. Als ehemaliger Geschäftsführer kennt er meine Nöte und ich als ehemaliger Trainer seine.

Wie groß ist die Handballeuphorie in Berlin?

Hanning:

Die ist kriminell. Man kommt aus dem Telefonieren gar nicht mehr heraus. Eigentlich bräuchten wir jetzt einen hauptamtlichen Pressesprecher, aber das Geld stecken wir lieber in die Jugendarbeit. Insofern freut mich der Erfolg auch für die Ehrenamtlichen, die endlich einmal im Mittelpunkt stehen.

Die Bundesligaspitze scheint eng beisammen zu sein wie lange nicht. Trügt das Tabellenbild?

Hanning:

Es ist sicher ausgeglichener geworden, wobei Hamburg, Kiel und die Rhein-Neckar Löwen aus meiner Sicht weiter herausragen. Dahinter wird es brutal eng.

Wo ordnen sich die Füchse ein?

Hanning:

Wir wollen uns dauerhaft zwischen Platz vier und sieben einpendeln. Mehr ist wirtschaftlich nicht denkbar. Mit dem Geld, das Andreas Rudolph in den HSV investiert, wären wir schon deutscher Meister.

Was fehlt dem HSV zum großen Erfolg?

Hanning:

Der Kader ist sensationell. Eigentlich waren sie in der vergangenen Saison dran, nachdem Kiel Karabatic, Lövgren und Kavticnik abgegeben und der HSV noch mal raufgeschaltet hatte. Ich traue es dem HSV auch in dieser Saison zu, zumal der THW Probleme auf der Mittelposition zu haben scheint. Damit wäre auch für mich persönlich das Projekt Hamburg abgeschlossen.

Sie erkennen sich in der Mannschaft auch nach mehr als fünf Jahren wieder?

Hanning:

Die Leistungsträger sind die gleichen geblieben. Und das Spiel am Sonntag würde gar nicht stattfinden, hätte ich damals neben meiner Trainertätigkeit nicht versucht, das Thema HSV aufzubauen. Leider durfte ich es nicht zu Ende führen.