Seit Dezember 2006 gingen 45 Profis, verbessern konnte sich in der Fremde nur einer. Matthias Lehmann und Thomas Kessler sind nur zwei Beispiele.

Hamburg. Bei der Rückkehr am 11. November 2007 erntete er Hohn und Spott. "Sportlich verbessert, du hast dich sportlich verbessert", sangen die Fans des FC St. Pauli in Richtung Felix Luz und feixten sich eins. 2:0 hatten die Hamburger den FC Augsburg bezwungen, jenen Klub, zu dem ihr Angreifer im Winter zuvor aufgrund der vermeintlich besseren sportlichen Perspektive gewechselt war.

Argumente, mit denen auch Thomas Kessler und Matthias Lehmann ihren Abgang bei St. Pauli im Sommer erklärten. Am Montag nun (20.15 Uhr/Sky, Liveticker auf Abendblatt.de) kehren sie mit Eintracht Frankfurt zurück und dürften sich in ihrer grundsätzlichen Annahme bestätigt sehen. Mit den Hessen liegen sie in der Zweitligatabelle zwei Plätze und drei Punkte vor St. Pauli auf Aufstiegskurs, während ihrem ehemaligen Klub nur die Verfolgerrolle bleibt. Allerdings, und das dürfte ihre aktuelle Unzufriedenheit erklären, kommen die beiden als Reservisten ans Millerntor. Torwart Kessler verlor seinen Status als Nummer eins bereits nach zwei Partien an Oka Nikolov. Der 25-Jährige hat "eine Hinrunde zum In-die-Tonne-Treten" hinter sich. Lehmann, bei St. Pauli zwei Jahre lang der entscheidende Stratege im Mittelfeld, spielte bei der Eintracht zuletzt überhaupt keine Rolle mehr. Seit dem siebten Spieltag stand er lediglich einmal in der Startelf. Das Topspiel am vergangenen Montag gegen Greuther Fürth erlebte der 28-Jährige gar von der Tribüne aus. Kessler und Lehmann - glücklos in der Fremde. Ein Schicksal, das sie mit allen anderen Profis teilen, die den FC St. Pauli im Sommer verließen.

Gerald Asamoah hat bis heute keinen neuen Klub gefunden, Florian Lechner schaut seit seiner Auswechslung am 13. Spieltag nur noch zu, wie Nachwuchsmann Sebastian Schiek, 21, die rechte Abwehrseite des Karlsruher SC bearbeitet, und Bastian Oczipka brachte es bei Bayer Leverkusen verletzungsbedingt auf jeweils zwei Einwechslungen in Bundesliga und Champions League. Selbst Richard Sukuta-Pasu, der es beim 1. FC Kaiserslautern zu Saisonbeginn gleich sechsmal in die Anfangsformation geschafft hatte, blieb nach seiner Degradierung zum Joker zuletzt dreimal komplett Zuschauer. Allein Marcel Eger sendet herzliche Grüße aus London. Allerdings war es auch nicht die Intention des 28-Jährigen gewesen, beim englischen Drittligisten FC Brentford die große sportliche Herausforderung zu finden.

Tschauners Einsatz gegen Eintracht Frankfurt fraglich

Kessler: "Am Millerntor zu spielen wäre ein Traum"

Den FC St. Pauli verlassen, von der Bildfläche verschwunden. Fast schon traditionell musste auch der Abgängerjahrgang 2011 seine Erwartungen und Hoffnungen schnell relativieren. Von den in den vergangenen fünf Jahren gewechselten 45 Spielern (siehe Tabelle rechts) kann einzig der 2009 zu den Blackburn Rovers in die englische Premier League abgewanderte David Hoilett auf eine positive sportliche Entwicklung verweisen. "Es muss nicht für jeden zutreffen, aber insgesamt ist es für alle Profis nirgendwo so einfach, seine Bestleistung abzurufen wie hier beim FC St. Pauli", sagt Helmut Schulte, seit 2008 Sportchef am Millerntor: "Die Bedingungen hier sind sehr leistungsfußballfreundlich. Seit Jahren herrscht ein unglaublich gutes Klima in der Mannschaft, da viele Spieler schon lange hier sind. Zudem leben wir in der wunderschönen Stadt Hamburg, haben das wundervolle Millerntor-Stadion mit einem wunderbaren Publikum, und im Klub finden sich handelnde Personen, die die Spieler in der Öffentlichkeit nie im Regen stehen lassen." Bewertungen, zu denen möglicherweise nicht alle abgewanderten Profis kommen werden, doch tatsächlich wird der Wohlfühlfaktor selbst von Spielern, die gegen ihren Willen gehen mussten, hervorgehoben, nicht wenige von ihnen wollten wieder zurück. Verständnis hat Schulte aber auch für Profis wie Hoilett, Lehmann oder Kessler, die man gern weiterverpflichtet hätte: "Der FC St. Pauli bezahlt eben keine Spitzengehälter. Und wir sind alle Menschen und glauben irgendwann, dass diese paradiesischen Zustände wie hier überall so sind - das sind sie aber nicht."

Eine Einschätzung, die von vielen ehemaligen Spielern gestützt wird. Nicht zuletzt von Felix Luz. Der 29 Jahre alte Angreifer wurde in Augsburg nie glücklich, wechselte 2008 nach Oberhausen, spielt nach vielen Verletzungen nun aber doch noch in der ersten Liga - bei Da Nang FC, in Vietnam.