Mit einem Sieg bei Schlusslicht Ingolstadt würde St. Pauli auf einem Aufstiegsplatz in das Topspiel acht Tage später gegen Frankfurt gehen.

Hamburg. André Schubert war die Leere nicht verborgen geblieben. "Das werden ja gefühlt immer weniger", sagte St. Paulis Cheftrainer mit gespielter Verwunderung beim Blick ins spärlich gefüllte Plenum. Nicht mal ein Dutzend Medienvertreter hatte sich am Millerntor zur abschließenden Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel beim FC Ingolstadt (Sonntag, 13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) eingefunden.

Die Partie beim Tabellenletzten scheint kaum Brisanz zu bergen. Mit ähnlichen Ambitionen in die Saison gestartet, trennen die beiden Klubs zur Saisonhalbzeit satte 26 Punkte. Zudem scheinen die Bayern wie geschaffen für die Hamburger, um ihre großen Offensivstärken auszuspielen - kein anderes der 56 deutschen Profiteams musste mehr Gegentore als St. Paulis Lieblingsgegner hinnehmen (38). Die drei bisherigen Duelle konnten die Braun-Weißen zudem alle gewinnen: drei Siege, 4:0 Tore, zweimal traf Alexander Ludwig, zweimal Fabian Boll. Und gelingt am Sonntag der vierte, ist der Sprung auf einen Aufstiegsplatz sicher, da sich Vize-Herbstmeister Eintracht Frankfurt und die drittplatzierten Fürther am Montag im direkten Duell gegenüberstehen. "Trotzdem ist es in dieser Liga oftmals ein hartes Stück Arbeit. Es gibt nur ganz wenige Spiele, bei denen du dich nach zehn Minuten zurücklehnen kannst", weiß Schubert, "und Ingolstadt hat eine Mannschaft, die viel schlechter steht, als sie tatsächlich ist. Sie sind zuletzt stabiler geworden in der Defensive und verfügen insgesamt über gute Spieler. Aber natürlich wollen wir auch dieses Spiel gewinnen." Diesmal allerdings verkommt die grundsätzliche Zielvorgabe zum Mindestmaß. Ingolstadt wird für St. Pauli zur Pflicht.

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Auch für Philipp Tschauner, der sich nach 20 Gegentoren in den ersten 17 Partien ein persönliches Ziel gesteckt hat. "Wir haben zu viele Treffer bekommen, und den einen oder anderen auch wegen mir. Es sollten nun in der Rückrunde weniger als 20 werden", sagt der Torwart, "und ich will häufiger zu null spielen." Lediglich dreimal konnten sich der 26-Jährige und seine Vorderleute bislang schadlos halten. 2:0 hieß es bei Union Berlin, in Karlsruhe und eben gegen Ingolstadt, das in der Vereinsgeschichte noch nie gegen St. Pauli treffen konnte. "Ja, es wäre schön, wenn wir mal wieder zu null spielen könnten", hatte Schubert auf der Pressekonferenz bereits zuvor in Richtung seines neben ihm sitzenden Torwarts gefrotzelt, "ich habe mal im Kicker nachgeschaut, da bist du unter den Top-Torhütern der Liga ja gar nicht zu finden. Aber ich habe eben keinen anderen und übergebe das Wort an Klaus Tschauner."

Die Analyse der Gegentreffer führt den Schlussmann zu individuellen Patzern, aber auch zu zahlreichen Personalwechseln in der Abwehr: "Aufgrund der vielen Umstellungen in der Viererkette war es natürlich nicht leicht. Im ersten Viertel der Saison hat es aber bereits gut geklappt. Und da hatten wir eine eingespielte Formation." Eine Baustelle, die erst in der Winterpause geschlossen werden kann. Zum Trainingsstart Anfang Januar werden alle fünf Innenverteidiger wie auch die vier Außenverteidiger im Kader gesund zurückerwartet. Zeit, um eine Formation zu finden und Automatismen auf den Weg zu bringen. "Unsere Offensive ist immer für Tore gut, aber wie geht dieser Spruch noch mal? Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften." Insofern könnte die Stabilität in der Abwehr am Ende über eine Rückkehr in die Bundesliga entscheiden, am Sonntag aber einmal mehr die voll besetzte Abteilung Attacke den Unterschied ausmachen. Marius Ebbers ist wieder ein Kandidat für die Startelf, Rouwen Hennings und Deniz Naki empfahlen sich in Paderborn nach ihren Einwechslungen für weitere Einsätze, und auch Fin Bartels, der sich beim 1:1 einen Außenbandanriss im rechten Sprunggelenk zugezogen hatte, konnte wieder im Training mitmischen.

St. Pauli reist bestens gerüstet und begleitet von 3000 Fans zum weitesten Auswärtsspiel der Saison, bevor acht Tage später am Millerntor das deutsche Fußballjahr 2011 mit dem letzten Ligaspiel beschlossen wird. Im Top-Spiel gegen Eintracht Frankfurt soll nach der erfolgreichsten Hinrunde der Geschichte auch der Schlussakkord ein positiver sein. Vor der Kür wartet noch die Pflicht in Ingolstadt, "wenngleich auch Frankfurt da erst in allerallerallerletzter Sekunde zum Sieg getroffen hat", erinnert Schubert. 1:1 hieß es nach 90 turbulenten Minuten im Audi Sportpark. Brisanz, die zuvor wohl keiner erwartet hatte.