Mittelfeldspieler Charles Takyi, für den es nicht gut läuft, könnte den FC St. Pauli bei einem entsprechenden Angebot im Winter verlassen.

Hamburg. Auf seiner Homepage dribbelt "Sir" Charles Takyi den Besuchern in weißer Abendgarderobe entgegen, zeigt perfekte Übersteiger und Hackentricks. Auf dem Rasen gab es von St. Paulis Edeltechniker jedoch lange keine Galaauftritte mehr. Am zwölften Spieltag durfte Takyi beim 2:1-Sieg gegen den FSV Frankfurt zuletzt ran, wurde nach 45 enttäuschenden Minuten ausgewechselt. Möglicherweise war es sein letzter Auftritt in der Startelf des FC St. Pauli.

Schon im Sommer beschäftigte sich der Mittelfeldregisseur mit einem Abgang, wollte nach dem Abstieg unbedingt in der Bundesliga bleiben. Sportchef Helmut Schulte zog jedoch die Option des Vereins, den Vertrag um ein Jahr zu verlängern. Aufsteiger FC Augsburg buhlte damals um die Dienste Takyis, doch letztlich scheiterte ein Transfer an der Ablösesumme. Rund 600 000 Euro soll St. Pauli gefordert haben. "Es ist kein Geheimnis, dass mein Vertrag im kommenden Sommer ausläuft", formuliert der 27-Jährige im Dezember 2011 leise Wechselabsichten. Takyi ist einer von 18 Spielern, deren Kontrakte im Juni enden, und gehört zu den besser verdienenden Profis im Team. Gespräche über eine Verlängerung gab es bislang nicht. Und wird es wohl auch nicht geben. Vielmehr würde der Verein ihm wohl schon im Winter keine Steine in den Weg legen, sollte ein Verein Interesse signalisieren. "Charles hat einen Vertrag bis zum Saisonende. Stand jetzt wird er ihn auch erfüllen", sagt Schulte, "es sei denn, wir werden bis dahin mit anderen Dingen konfrontiert." Gibt es ein entsprechendes Angebot, wäre der Verein gesprächsbereit. St. Paulis Nummer zehn gibt sich zurückhaltend: "Bis jetzt habe ich mir über einen Wechsel im Winter noch keine Gedanken gemacht." Bis jetzt ...

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Der sensible Profi hat sich seine Gedanken über seine Rolle in dieser Saison gemacht. "Für die Jungs läuft es richtig gut, für mich aber natürlich nicht. Das ist nicht mein Anspruch", sagt Takyi, der immer wieder von kleinen Verletzungen zurückgeworfen wurde. Mitte November fehlte er wegen Knieproblemen nach einer Fehlbelastung, inzwischen fühlt er sich wieder "richtig fit". Trotzdem gehörte Takyi zuletzt nicht zum Kader, sammelte stattdessen Spielpraxis in der Regionalligamannschaft. Gegen Halle (2:2) und in Meppen (0:1) stand er jeweils 90 Minuten auf dem Feld, zeigte engagierte Leistungen. Im Zweitligateam der Hamburger findet Takyi derzeit keinen Platz. Die Rolle des zentralen Spielgestalters gehört Max Kruse, auf den Sechserpositionen haben Fabian Boll, Dennis Daube und Patrick Funk die Nase vorn.

Dabei hatte sich am 15. November für den in der Hauptstadt Accra geborenen Offensivspieler ein Lebenstraum erfüllt. Takyi lief im Testspiel gegen Gabun (2:1) erstmals im Trikot der ghanaischen Nationalmannschaft auf. "Das hatte ich mir vorher millionenmal vorgestellt", berichtete er strahlend. Der Neunationalspieler hofft nun auf eine Nominierung für den Afrika-Cup vom 21. Januar bis 12. Februar in Gabun. Sollte er eine Einladung von Nationaltrainer Goran Stevanovic erhalten, würde er schon am 7. Januar zur Vorbereitung der "Black Stars" nach Südafrika reisen und mindestens die Wintervorbereitung verpassen. Seine Chancen auf Einsätze beim FC St. Pauli würden dadurch weiter sinken.

Einen privaten Schicksalsschlag hatte der "Sir" gerade verkraftet. Takyis Vater starb Ende Mai. Vier Tage, bevor der 27-Jährige selbst zum ersten Mal Vater einer Tochter wurde. Eine Entschuldigung für schwache Leistungen sah er darin nie. Takyi hat stets hohe Ansprüche an sich. Doch die konnte er trotz des Vertrauens von André Schubert nur selten erfüllen. Der Trainer setzte auf Takyi, brachte den Techniker zum Saisonstart stets von Beginn an, ohne jedoch überzeugende Auftritte sehen zu dürfen. Als er in Bochum (2:1) erstmals aufsteigende Form bewies, stoppte ihn ein Riss der Peroneus-Sehne im Fuß. Der nächste Rückschlag.

Mit der Teilnahme am Afrika-Cup soll das neue Jahr nun besser beginnen. Dann könnte es auch auf seiner Homepage neue Erfolgsmeldungen geben. Der letzte Eintrag stammt nämlich vom 28. September 2010.