St. Paulis Präsident Orth geht nach den massiven Fanprotesten beim letzten Heimspiel in die Offensive. Erster Schritt: Keine LED-Banden mehr.

Hamburg. Den guten Seemann, so heißt es in einem Sprichwort, erkennt man bei schlechtem Wetter. Stefan Orth ist, um im Bild zu bleiben, als Präsident des FC St. Pauli so etwas wie der Kapitän des Kiezklubs. Nachdem er das Amt zunächst kommissarisch von Corny Littmann übernommen hatte, wurde er Mitte November auf der Jahreshauptversammlung des Vereins offiziell gewählt. Welchen Kurs er fahren will, blieb diffus. Zu wichtigen Themen äußerte sich meist einer seiner vier Stellvertreter. Gestern ging Orth nun erstmals selbst in die Offensive, stellte sich in einer spontan anberaumten Pressekonferenz den Medienvertretern.

Anlass waren die Nachwirkungen der Proteste gegen die Vereinsführung rund um das Heimspiel gegen Freiburg am vergangenen Sonnabend. Dort hatten Tausende St.-Pauli-Anhänger mit einem Meer aus rot-schwarzen Piratenflaggen, -bannern und anderen Fanutensilien ihren Unmut über die zunehmende Kommerzialisierung des Klubs zum Ausdruck gebracht. Die Auslöser des Protests waren dann auch am Dienstagabend das beherrschende Thema eines Treffens zwischen Vereinsspitze und Ständigem Fanausschuss, das als turnusgemäßer Austausch geplant war, nun aber eine erhebliche Brisanz erhalten hatte.

"Die Sitzung war lang und intensiv, ich glaube, dass ich um viertel nach eins zu Hause war", erklärte Orth gestern. "Wir haben uns gegenseitig ausgetauscht, haben miteinander diskutiert. Es wurden alle Punkte besprochen. Ich würde von meiner Seite sagen, geklärt. Für den einen zur Zufriedenheit, für den anderen vielleicht ein bisschen weniger." Zu den angesprochenen Punkten gehörten auch die Forderungen der Sozialromantiker-Initiative, deren Petition binnen kürzester Zeit von über 4000 Fans via Internet unterzeichnet worden war.

Während die Fanvertreter heute eine Erklärung abgeben wollen, bemühte sich Orth gestern herauszustellen, dass trotz der hohen Wellen der vergangenen Tage Anhänger und Vereinsführung in einem Boot säßen. "Wir wollen alle verhindern, dass der FC St. Pauli übermäßig kommerzialisiert wird. Hier soll und wird es niemals ein Disneyland geben, kein voll gepflastertes Stadion. Es soll und wird immer das Spiel im Mittelpunkt stehen", sagte der 44-Jährige, der sich auch durchaus selbstkritisch zeigte. "Ich verstehe sehr wohl den Unmut einiger Fans. Wir haben viele kleine Sachen gemacht, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben." Er selbst habe zu selten verdeutlicht, dass er für die Werte des FC St. Pauli stehe, diese auch leben und dabei trotzdem wirtschaftlich erfolgreich sein wolle.

Eingesehen hat die Vereinsführung auch, dass die viel kritisierte Aktion eines Sponsors mit LED-Banden, auf denen während eines Spiels Kurznachrichten von Zuschauern eingeblendet wurden, ein Fehler war. "Das ist uns durchgerutscht und wird so nicht mehr vorkommen. Es wird keine LED-Banden und andere vom Spiel ablenkende Aktionen geben", versprach Orth.

In der Diskussion um einen zu großen Anteil teurer und teilweise leer bleibender Sitzplätze am Millerntor seien bereits Verbesserungen vorgenommen worden. Freie Business-Seats sollen nun mit einem abgespeckten Angebot günstiger verkauft werden. Bleiben wird dagegen fürs Erste die Loge des Striplokals "Susis Show Bar". Allerdings sind dort während der Partie Tanzdarbietungen jeglicher Art nicht mehr erwünscht.

Weiteren Konflikten zwischen Fans und Vereinsführung vorzubeugen, erklärt Orth zur Chefsache. Der Präsident will zusammen mit einem weiteren Präsidiumsmitglied und zwei Vereinsmitarbeitern Teil einer vierköpfigen Arbeitsgruppe sein, die künftig geplante Aktionen überprüfen soll. "Wir müssen achtsamer sein. Das waren wir in letzter Zeit nicht genug, deshalb sind da einige Sachen passiert, die nicht unbedingt gut waren." Die Folge sind stürmische Tage. Orth wird sich an seinen Worten messen lassen müssen, um am Ende als guter Seemann dazustehen.