Der FC St. Pauli führt seine neuen Spieler wie Fin Bartels erstmals in Heftform an die Besonderheiten des Kiezklubs heran.

Schneverdingen. Das Surfen im Internet gehört - genau wie ausgiebiges Schlafen - zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen von Fußballern im Trainingslager. Da ist der FC St. Pauli keine Ausnahme. So mancher Kiezkicker greift auch gern mal zu einem Buch. Interessante Lektüre - sogar für Lesemuffel - wurde den Spielern rechtzeitig vor der Abfahrt nach Schneverdingen, wo der Aufsteiger sich seit gestern auf die Bundesliga vorbereitet (siehe Infokasten), vom Verein ausgehändigt. Die Medienabteilung um Pressesprecher und Teammanager Christian Bönig hat erstmals eine Fibel erstellt, in der die Besonderheiten ebenso wie die wichtigsten Handlungsträger des Klubs vorgestellt werden.


"Herzlich willkommen beim FC St. Pauli", heißt es auf dem Cover des Hefts, das alle Profis erhielten und das insbesondere die Neuzugänge an die Vereinskultur heranführen soll. Neuzugänge wie Stürmer Fin Bartels, der das Werk für das Abendblatt unter die Lupe nahm und begeistert von der Fibel-Idee ist: "So etwas Ähnliches habe ich noch bei keiner meiner früheren Stationen bekommen", sagt der 23 Jahre alte Kieler, der von Hansa Rostock nach Hamburg wechselte. "Vor allem die Leitlinien des Vereins finde ich interessant, aber auch Details wie die Geschichte des Stadions." In den kommenden Wochen werden voraussichtlich auch Logenbesitzer und Business-Seat-Inhaber die Hefte erhalten. "Auch die Kunden im Kuchenblock sollen wissen, was es mit St. Pauli auf sich hat", erklärt Vizepräsident Bernd-Georg Spies, der das Projekt gemeinsam mit Bönig angeschoben hat.


Während sich St. Pauli in den einführenden Worten als etwas anderer Verein präsentiert, musste Bartels in den vergangenen Wochen miterleben, das nicht überall das vom Kiezklub angestrebte liberale Klima herrscht. Nachdem in Rostock sein Wechsel zum Erzfeind St. Pauli publik geworden war, wurde er auf offener Straße beleidigt und im entscheidenden Spiel um den Zweitliga-Verbleib gegen Ingolstadt ausgewechselt. Um ihn zu schützen, wie sein damaliger Trainer Marco Kostmann betonte. "Da muss man dann einfach durch", sagt Bartels, der die negativen Erlebnisse als Erfahrung abhaken und nur noch auf sein Engagement in Hamburg blicken möchte.

Nicht alles, was in der 16-seitigen Fibel geschrieben steht, ist für ihn völliges Neuland. Schon zu Zeiten, als er noch bei Holstein Kiel spielte, war der Angreifer hin und wieder Gast am Millerntor. "Mir ist schon länger bewusst, dass St. Pauli etwas Besonderes ist", sagt Bartels. "Das Stadion, die Fans. Ich freue mich darauf, dass ich sie jetzt selbst im Rücken spüren darf." Für Hansa Rostock absolvierte er in der Saison 2007/08 immerhin 19 Erstligaspiele, erzielte dabei vier Treffer, genau wie in seinen 30 Spielen der vergangenen Zweitliga-Saison. In Schneverdingen betätigte sich der Youngster gestern nach dem Training als Wasserträger.

DIE NEUEN TRIKOTS DES FC ST.PAULI

Dabei soll es natürlich nicht bleiben, das "beeindruckende Erlebnis" Bundesliga möchte er wieder möglichst häufig auf dem Platz spüren. Trotz seiner schmächtigen Statur glaubt der 1,76 Meter große Offensiv-Allrounder, dass er sich auch bei St. Pauli durchsetzen wird. "Jeder hat seine Vorzüge", sagt Bartels, der sich im Trainingslager ein Zimmer mit seinem ehemaligen Hansa-Kumpel und jetzigem "St.-Pauli-Bruder" (O-Ton Bartels) Bastian Oczipka teilt. "Ich muss das Körperliche eben mit Schnelligkeit, Auge und Technik wettmachen."

Trainer Holger Stanislawski zeigt sich bislang sehr zufrieden mit dem Schleswig-Holsteiner. "Im ersten Testspiel hat das schon gut geklappt", sagt der Coach. "Wir müssen noch an seinem Abschluss arbeiten, damit er ein bisschen vom reinen Vorbereiter wegkommt."

Stanislawski taucht in der Fibel selbstverständlich auch mehrfach auf. Der Leser erfährt, dass er beim Kiezklub schon fast jede Position ausübte, vom Innenverteidiger bis zum Vizepräsidenten. Und dass vor ihm schon 42 andere Trainer sein jetziges Amt innehatten. Fakten, die sich Bartels ganz genau einprägen muss. Wenn die Neuzugänge ihren Einstand geben, soll ihr Wissen nämlich laut Bönig mit einem kleinen Test abgefragt werden.