Mit dem VfL Bochum kehrt Trainer Andreas Bergmann am Sonntag zurück ans Millerntor. In Hamburg ist er immer noch tief verwurzelt.

Hamburg. Mehr als fünf Jahre sind vergangen, seit Andreas Bergmann nicht mehr Trainer des FC St. Pauli ist. Am Sonntag kehrt er mit dem VfL Bochum zurück. Im Interview spricht er über seine Verbindung zu Hamburg, Bochum und die Zeit nach Robert Enke.

Hamburger Abendblatt: Herr Bergmann, Sie kehren am Sonntag zum ersten Mal als Trainer zurück ans Millerntor. Wie fühlt sich das an?

Andreas Bergmann: Das ist etwas ganz Besonderes. Ich werde viele ehemalige Weggefährten treffen, die damals zusammen mit mir eine schwere Zeit für den Verein durchgemacht haben. Die wirtschaftliche wie auch die sportliche Situation war schon extrem, wir standen kurz vor dem Aus. Das hat mich alles geprägt und war definitiv die größte Herausforderung als Trainer. Mich verbindet generell noch sehr viel mit Hamburg. Meine Familie, Katja und Charlotta, sowie viele Freunde leben dort. Wenn wir in Bochum frei haben, fahre ich hoch.

Das letzte Spiel des VfL Bochum am Millerntor war 2005 eine 0:4-Pleite im DFB-Pokal. Sie saßen auf der Trainerbank von St. Pauli ...

Bergmann: Wir haben Burghausen, Bochum, Bremen und Berlin rausgeworfen und sind im Halbfinale an Bayern gescheitert. Diese Zeit wird immer in besonderer Erinnerung bleiben.

Der Verein war in einer wirtschaftlich prekären Lage. Im vergangenen Jahr hat St. Pauli einen Rekordgewinn eingefahren. Wie viel Anteil haben Sie daran?

Bergmann: Es ging damals um Existenzen, und wir haben dem Verein mit den Pokalspielen wieder finanziellen Handlungsspielraum verschafft. Zudem war es schön für mich zu sehen, dass Spieler von damals dann mit St. Pauli den Weg in die 1. Bundesliga geschafft haben.

Dort wollen Sie mit dem VfL auch wieder hin. Seit Ihrem Amtsantritt am 8. Spieltag haben Sie genauso viele Punkte (23) geholt wie St. Pauli. Wussten Sie das?

Bergmann: Nein, das ist mir neu. Aber unsere Bilanz freut mich, denn es war ein schwerer Start. Ich kam nach Bochum, machte eine Trainingseinheit, und wir bekamen gegen Paderborn eine grausame 0:4-Klatsche. Meine Jungs waren sehr verunsichert, hatten richtige Blockaden im Kopf. Allerdings habe ich hier eine willige Mannschaft vorgefunden, und jetzt sind wir auf einem guten Weg. Wichtig ist, dass man viel mit den Spielern spricht. Wenn ich der Mannschaft sage, was ich denke und fordere, dann darf das keine Einbahnstraße sein. Die Spieler haben oft spannende Ansichten, die bei meiner Entscheidungsfindung berücksichtigt werden können. Das ist meine Philosophie.

Sie waren Trainer in Hannover, als sich Robert Enke 2009 das Leben nahm. Was hat sich seither im Profisport geändert?

Bergmann: Man kann offener über Themen wie Depressionen oder Burn-out reden. Das hat sich geändert. Aber spannend wird doch erst die Antwort auf die Frage sein, wie man im Anschluss an die Rückkehr mit dem Spieler und seinen Leistungen umgeht. Was passiert, wenn ihm dann ein Fehler auf dem Platz unterläuft? Wird er dann auf seine vermeintliche Schwäche reduziert? Oder finden Verantwortliche überhaupt den Mut, jemanden zu verpflichten, der zuvor wegen einer Erkrankung pausiert hat? Ich hoffe schon ...