34 Jahre Lebens- und Berufserfahrungen haben ihn abgeklärt. Rationalität schlägt bei Thomas Meggle (34) romantisches Wunschdenken.

Hamburg. Thomas Meggle bringt so schnell nichts aus der Fassung. Es sei denn, die Deutsche Telekom nervt ihn als Umfrageteilnehmer. "Ansonsten geht's mir gut", überrascht Meggle, der in den letzten 18 Monaten ob eines Kreuzbandrisses aus dem April 2008 gerade fünf Spiele für den FC St. Pauli absolvieren konnte.

Die Zwischenzeit verbrachte der einstige "Weltpokalsiegerbesieger" deutlich weniger auf dem Platz denn in Reha-Zentren.

Aber auch mit diesem niederschmetternden Fakt weiß der Herausgeber des Amateurmagazins "Fußball Hamburg" umzugehen. Er selbst malt sogar ein deutlich schwärzeres Szenario als die wenigen pessimistischen Menschen in seinem eher Mut machenden Umfeld. Für den angehenden Vater einer Tochter (Stichtag bei seiner Frau Nicole ist Mitte September) ist selbst das Karriereende nicht mehr auszuschließen. "Was kann ich denn auch ändern?", so die rhetorische Frage Meggles, "mein Knie hört nicht auf Worte, und ich muss abwarten, wie es reagiert." Zuletzt hatte das operierte Knie immer wieder Flüssigkeit gebildet bei höheren Belastungen. "Deshalb mache ich mir keinen Zeitplan mehr", so der Mittelfeldspieler, der völlig unromantisch nachschiebt: "Und dass ich mit 34 Jahren und einem Knieschaden nicht der erste Kandidat auf eine Vertragsverlängerung im nächsten Jahr bin, ist mir auch klar."

Dennoch, für die aktuelle Saison wurde sein Vertrag verlängert, läuft noch bis zum Juni 2010. Eine Geste "seines" Klubs, für den er nunmehr 174-mal die Schuhe schnürte, von der Regional- bis zur Bundesliga alles miterlebte. "Ich freue mich vielmehr, dass mein Klub ein sehr schönes Jahr vor sich hat", sagt Meggle und spricht auf die Verstärkungen an. "Wir haben junge Talente wie Dennis Daube und gestandene Spieler wie Matthias Lehmann dazubekommen, das ist alles sehr homogen. Ich glaube, unser 100. Geburtstag im nächsten Jahr wird aus mehr als einem Grund Anlass zur Freude geben. Wir werden besser sein als letzte Saison, als wir Achter wurden."

Dass dies voraussichtlich ohne ihn geschehen wird - für Meggle kein Problem. Ebenso wenig wie für den FC St. Pauli, dem keine Kosten entstehen. Im Moment wird gerade geprüft, ob seine Verletzung als Berufsunfall anerkannt und demnach das Gehalt von der Berufsgenossenschaft übernommen wird.

Aber auch das interessiert den Mann, der sein Geld bereits verdient haben sollte und bis heute solide gelebt hat, nicht. "Für mich zählt nicht mehr, wie viele Spiele und Tore ich mache", so der einstige Mannschaftskapitän, "für mich zählt, dass die Mannschaft durch Leute wie Charles Takyi, Max Kruse und Lehmann spielerisch deutlich besser geworden ist. Und das, ohne die ureigenen Tugenden des FC St. Pauli zu verlieren." Tugenden, die Meggle als kampfstarker Spielgestalter jahrelang verkörpert hat und auch heute, auf seiner gerade beginnenden Abschiedstournee, vorlebt: "Bei den Neuen ebenso wie bei mir", so Meggle dann doch in einem Anflug von für ihn untypischer Romantik, "wird der Verein immer wichtiger sein als die eigene Person." (sm)

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