“Mein Moment“ ist die Serie zur Aufstiegssaison des FC St. Pauli - Heute im vierten und letzten Teil: Siegfried Dous, Leiter Spielbetrieb.

Hamburg. Als Emotionen und Alkohol nach dem 4:1-Sieg freier Lauf gelassen wurde, behielt er die Übersicht, versorgte die Mannschaft in der Kabine des Fürther Playmobil-Stadions mit Bier und Sekt. Siegfried Dous weiß stets um die Sorgen und Nöte von Trainern und Spielern. Aufmerksam, vorausschauend, unaufgeregt. "Bloß nicht auffallen", ist sein Lebensmotto, was bei seiner stattlichen Erscheinung einigermaßen schwerfällt, meist aber dennoch gelingt. Dous, den alle nur "Siggi" nennen, ist immer dabei. Bei Heimspielen, auf Auswärtsreisen, im Trainingslager. Mit Leib, vor allem aber mit Seele.

Spielorganisation lautet seine offizielle Arbeitsplatzbeschreibung beim FC St. Pauli, doch der Wert des 64-Jährigen beschränkt sich nicht allein auf das fehlerfreie Ausfüllen des Spielberichtsbogens oder die Koordinierung von Reisen und Testspielen. Dous ist so etwas wie das Heinzelmännchen im Kader der Hamburger, das gute Gewissen, ein Mann für alle Fälle. Er überrascht die Mannschaft vor der Abreise mit Butterkuchen, hat immer ein paar Süßigkeiten im Gepäck, sucht und findet die passenden Hotels, und beschert dem Verein mit Testspielen auch einen finanziellen Bonus. "Natürlich ist das auch sehr stressig. Aber ich bin froh, dabei sein zu dürfen", sagt er, "das alles hautnah miterleben zu können."

Dous arbeitet ehrenamtlich, hat mit Spielautomaten in Schleswig-Holstein Millionen verdient und dort 45 Jahre lang Amateurvereine als Mäzen oder Manager begleitet. Bis zu 16 Mannschaften gleichzeitig trugen seinen Namen auf der Brust. Große Sympathien für St. Pauli hatte er schon immer, doch die aktuelle Mannschaft ist ihm besonders ans Herz gewachsen. "Das ist ein starkes Team, nicht nur auf dem Platz", sagt er, ehe er einen wahren Lobgesang auf die Trainer anstimmt: "Wenn man sieht, wie entspannt Stani und Truller das machen, wie ruhig und locker, wie menschlich und fair sie in den extremsten Situation geblieben sind. Welche Freizügigeiten sie den Spielern gewähren, obwohl sie völlig unter Strom standen, da kann man nur den Hut ziehen. Mich haben sie unheimlich beeindruckt. Die Zwei imponieren mir sehr. Diese Art und Weise des Miteinanders und des Umgangs waren wichtiger als jedes Tor und jeder Sieg. Denn das war und ist die Voraussetzung für alles." Und so ist es vor allem ein Moment im März 2010, der bei Dous nach dieser Saison haften bleiben wird. St. Pauli hatte mit 1:2 bei 1860 München verloren, es war die dritte Niederlage in Folge. "Da bekam ich es mit der Angst", erinnert sich Dous, "ich befürchtete, dass es den Jungs nicht gelingen würde, es ihren Trainern zurückzuzahlen."

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Selbst externen Wegbegleitern sei die Harmonie aufgefallen. "Wo wir auch hinkamen, immer reagierten die Leute überrascht", erzählt Dous: "Mensch, Ihr seid ja locker drauf." Dass die Spieler individuell zum Essen kommen, sich die Zimmerbelegung selbst aussuchen, der Umgangston der Trainer, all das sei nicht normal. Dous lacht, er ist zufrieden. Der Erfolg hat die Befürchtungen zerstreut. "Jetzt haben sie es ihren Trainern ja hundertprozentig zurückgezahlt", sagt er und wirkt tatsächlich etwas erleichtert.

Er selbst hat - fast unbemerkt - bereits alle Testspiele bis Mai 2011 abgemacht und muss sich doch eine kleine Fehlplanung ankreiden lassen. "Eigentlich wollte ich im kommenden Sommer aufhören", gibt er zu, "aber ich bleibe noch zwei Jahre länger. Die Bundesliga wird der krönende Abschluss."