Der von Hertha BSC ausgeliehene Stürmer macht sich derzeit unverzichtbar für den HSV. Ob Pierre-Michel Lasogga länger als eine Saison in Hamburg bleibt, ist jedoch fraglich.

Hamburg. Dass sich an einem Montag mehrere Kamerateams um die besten Plätze in der Buseinfahrt der Imtech-Arena streiten müssen, kommt beim HSV äußerst selten vor. Und wenn es in der jüngeren Vergangenheit doch einmal einen solchen Auflauf gab, waren eher empfindliche Niederlagen oder Trainerwechsel ausschlaggebend. Doch einen Tag nach seinem Acht-Minuten-Hattrick gegen den 1. FC Nürnberg war es natürlich Pierre-Michel Lasogga, der die Medien anzog wie ein Magnet.

Wie er denn geschlafen habe, wie er sich seine Leistung erklären könne und vor allem wie es nun weitergehen würde, mit ihm und dem HSV, wollten die Reporter wissen. Der von Hertha BSC Berlin im Tausch mit Per Skjelbred ausgeliehene Angreifer hatte nach seinen drei Toren offenbar eine kurze, aber gute Nacht und wurde nicht müde zu erwähnen, dass er nur so gut funktionieren kann, wenn die Mitspieler ihn auch weiterhin so gekonnt in Szene setzen würden. Ein echter Teamplayer eben, wie ihn sein Trainer Bert van Marwijk charakterisierte, oder, um in den Worten des Sportchefs Oliver Kreuzer zu sprechen, ein „Kabinenspieler“: Der Neuzugang sei ein Profi, der immer mit einem Lächeln in die Umkleidekabine komme, jeden per Handschlag begrüße, mit umherliegenden Bällen sofort jongliere und mit seiner guten Laune die Kollegen einfach anstecke. Lasogga zeigte sich ob dieser Einordnung zwar etwas überrascht, kann das aber nachvollziehen: „Ich lebe halt meinen Sport, bin ein wenig fußballbekloppt. Aber es ist doch schön, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben.“

Und wie es momentan aussieht, hat Lasogga bei der Berufswahl nicht allzu viel falsch gemacht. Die Dopingprobe nach dem Nürnberg-Spiel ergab Sinn, auch wenn diese natürlich negativ ausfiel. Fünf Tore in den drei Plichtspielen, in denen er in der Startelf stand, sind aller Ehren wert. Solche Leistungen treiben den Marktwert in die Höhe, der zwar offiziell weiterhin mit vier Millionen Euro taxiert wird (Quelle: transfermarkt.de), doch in Wahrheit schon jetzt deutlich darüber liegen dürfte. Erste Fragen, ob der U21-Nationalspieler nicht auch die Stürmernot bei Bundestrainer Joachim Löw beheben könnte, nahm Kreuzer erstaunlich offensiv auf: „Es gibt immer eine Möglichkeit, noch auf den WM-Zug aufzuspringen. Doch noch ist das sicherlich verfrüht.“

Lasoggas überraschende Leistungsexplosion dürfte dem Sportchef neben einem lachenden auch ein weinendes Auge bescheren, denn nach Ablauf der Leihzeit im kommenden Sommer ist weder eine Kaufoption vereinbart worden noch eine mögliche Ablösesumme. „Es ist oft gar nicht so wichtig, was die Vereine wollen, entscheidend ist meist, was der Spieler will“, erklärt Kreuzer und bezieht sich damit auf die in der Bundesliga weit verbreitete Ansicht, dass ein unzufriedener Spieler in der Regel verkauft werden sollte – Vertrag hin oder her.

Luhukay gilt nicht als Fürsprecher

Doch was will Lasogga? Der 21-Jährige sagt, dass er seine mittelbare Zukunft derzeit völlig ausblendet und sich ganz und gar auf das Jetzt konzentriert. Immerhin hat er schon oft betont, wie gut er in Hamburg aufgenommen wurde, und die Geschlossenheit in der Mannschaft gelobt, in der sich jeder für den anderen freuen würde. Zudem hat der bullige Angreifer in Berlin in Trainer Jos Luhukay nicht gerade einen Fürsprecher als Vorgesetzten. Dieser sieht Lasogga in der Hierarchie der Angreifer weiter hinter Adrian Ramos, Sandro Wagner und Sami Allagui und betonte am Wochenende erneut, dass er die Hertha im Sturm auch ohne Lasogga „sehr gut aufgestellt“ sehe.

Doch die Mutter des gebürtigen Gladbeckers, die gleichzeitig seine Beraterin ist, will von vorschnellen Entscheidungen nichts wissen. „Man darf seinen Hattrick nicht zu hoch hängen. Im Winter kann man vielleicht sagen, wohin die Reise im nächsten Sommer geht. Pierre hängt auf jeden Fall sehr an Berlin“, sagt Kerstin Lasogga. Und auch Herthas Manager Michael Preetz, der seinem verliehenen Schützling per SMS zum 5:0-Sieg in Nürnberg gratulierte, nimmt die Entwicklung ihres Sohnes mit Freude zur Kenntnis, mahnt aber zur Geduld. „Es gibt keinen Grund, heute oder morgen irgendetwas zu entscheiden. Die Fakten sind aber klar: Er steht bei uns bis 2015 unter Vertrag, und nach derzeitigem Stand soll er diesen auch erfüllen.“

Nun ist es in der Regel so, dass ein Profi ein Jahr vor Ablauf seines Kontraktes entweder diesen verlängert oder verkauft wird, um noch eine Ablösesumme zu erzielen. Zudem hat die Hertha an Mittelfeldspieler Skjelbred auch ihre Freude und wäre nach jetzigem Stand sicherlich nicht unglücklich, den Norweger auf Dauer in den eigenen Reihen zu sehen. Doch auf ein Tauschgeschäft zum Nulltarif wird sich der Aufsteiger nicht einlassen. So bot der VfB Stuttgart im vergangenen Winter schon mehr als vier Millionen Euro für den damaligen Zweitliga-Angreifer, was den Berlinern zu wenig war. „Wenn der Spieler hierbleiben will, werden wir eine Lösung finden“, ist sich Kreuzer dennoch sicher. Es könnte eine recht teure Lösung werden.