HSV prüft rechtliche Schritte nach Absage des Superstars. 57.000 Zuschauer ließen sich die Laune beim 1:2 gegen Barcelona nicht vermiesen

Hamburg. Schiedsrichter Peter Gagelmann hatte das Spiel zum 125-jährigen Vereinsbestehen des HSV gegen den FC Barcelona noch nicht einmal angepfiffen, da machten die 57 000 Zuschauer zum ersten Mal lautstark deutlich, wie sie die überraschenden Ereignisse des Tages bewerteten. "Ohne Messi habt ihr keine Chance", sangen die Fans, die damit dem Fehlen des argentinischen Superstars, das sich während des Tages wie ein Lauffeuer in Hamburg herumgesprochen hatte, mit dem nötigen Humor begegneten. Selbst nach der alles in allem verdienten 1:2-Niederlage 90 Minuten später wollten sich die HSV-Anhänger ihre gute Laune nicht nehmen lassen, feierten ihre geschlagenen Lieblinge mit La Ola und Ovationen. "Die Stimmung war trotz der Absage Messis sensationell, daran muss ich mich erst noch gewöhnen", lobte Neuzugang René Adler, der sich trotz der Niederlage von der Feierlaune des Publikums anstecken ließ.

Überhaupt nicht zum Lachen war dagegen HSV-Vorstand Joachim Hilke zumute, als er knapp zwölf Stunden zuvor über die Absage des wahrscheinlich besten Spielers der Welt informiert wurde. "Wir sind enttäuscht und auch sauer", sagte Hilke, der den vermeintlichen Höhepunkt der Feierlichkeiten zum Vereinsjubiläum seit Monaten organisiert hatte. Auch die offizielle Begründung Barcelonas, Lionel Messi habe sich am Vortag im Training eine Zerrung der rechten Wade zugezogen, konnte den Marketingexperten angesichts der Liste der von Barça nominierten Spieler nicht besänftigen. Denn neben dem Südamerikaner hatte der spanische Serienmeister weitere 13 (!) seiner Topstars zu Hause gelassen und stattdessen zwar begabte, aber jenseits der Grenzen weitgehend unbekannte Talente aus dem eigenen Nachwuchs nach Hamburg mitgebracht. Beim gemeinsamen Mittagessen der Klub-Verantwortlichen im Fischereihafen-Restaurant nutzte Hilke die Gelegenheit, Barcelonas Präsidenten Sandro Rosell die Meinung zu sagen. "Natürlich habe ich ihm erklärt, was ich davon halte", sagte Hilke, der bei Aal auf Schwarzbrot deutliche Worte fand.

+++ "Schade, dass er nicht auflaufen konnte" +++

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Nicht mal die Ersparnis von 400 000 Euro, die zumindest zu Teilen verschiedenen Fanprojekten zugute kommen soll, konnte die HSV-Verantwortlichen über das Fernbleiben Messis hinwegtrösten. So muss der Verein dank einer Vertragsklausel nur 800 000 Euro statt der ursprünglich vereinbarten 1,2 Millionen Euro an die Katalanen überweisen. Aber sogar die Höhe dieser Restzahlung wollen die Hamburger juristisch noch einmal prüfen lassen. Wie das Abendblatt erfuhr, gibt es bereits Überlegungen, ob man dem Champions-League-Sieger von 2011 ein Kompensationsgeschäft anbieten soll, nach dem der FC Barcelona innerhalb der nächsten zwei Jahre für ein deutlich geringeres Honorar mit sämtlichen Superstars an einem Turnier in Hamburg teilnimmt. Immerhin durfte sich der HSV trotz allen Ärgers über ein Einnahmeplus von fast einer Million Euro freuen. Daran konnte auch das von nur sehr wenigen Fans angenommene Angebot des Vereins, die Eintrittskarten nach der Messi-Absage zurückzugeben, nichts ändern.

Sehr viel ändern muss sich in den kommenden Wochen allerdings an der Spielweise, die gestern Abend so überhaupt nicht zur allgemeinen Feierstimmung passen wollte. "Es gibt viel zu verbessern. Die Fans haben noch das Beste aus dem Spiel gemacht", sagte Trainer Thorsten Fink, der nach dem "Sommerfußball" seiner Mannschaft äußerst verärgert wirkte. Tatsächlich war Finks Mannschaft Barcelonas B- und später sogar C-Auswahl, die erst 45 Minuten vor dem Anpfiff am Stadion eingetroffen war, in nahezu allen Belangen unterlegen und konnte am Ende sogar froh sein, nur mit 1:2 verloren zu haben.

"Bei Barcelona können eben alle kicken", sagte Torhüter René Adler, "aber das sollten wir nicht überbewerten." Der HSV-Neuzugang war mit seinem ersten Heimspiel dann auch trotz der Niederlage zufrieden. Dabei hatte bereits nach fünf Minuten Daniel Alves, einer der wenigen mitgereisten Stars der Spanier, eine Unkonzentriertheit Dennis Aogos zur frühen Führung genutzt, die Tolgay Arslan nach einem Lattenschuss durch Marcus Berg zunächst ausgleichen konnte (20.). Für Barcelonas verdienten Siegtreffer sorgte schließlich Nachwuchsmann Deulofeu, der eine Faustabwehr Adlers zum 2:1 vollendete (37.). "Klar ist, dass neue Spieler kommen müssen", sagte Adler, der die anstrengende Rückreise aus dem Trainingslager in Südkorea vom Vortag auch nicht als Ausrede benutzen wollte.

Und Messi? Der trainierte gestern alleine in Barcelona. Den meisten HSV-Fans war das am Ende eines alles in allem herrlichen Sommertags mit Temperaturen um 30 Grad fast schon egal.

HSV: Adler - Diekmeier (46. Besic), Mancienne (46. Chrisantus), Bruma (56. Norgaard), Aogo (46. Ilicevic) - Westermann (46. Steinmann), Skjelbred (46. Sala) - Son (46. Beister), Arslan (46. Tesche), Jansen - Berg (46. Rudnevs). Tore: 0:1 Alves (5.), 1:1 Arslan (20.), 1:2 Deulofeu (37.).