Der HSV ist in der längsten Sommerpause aller Zeiten viel unterwegs. Der Kapitän freut sich über die Abwechslung. Ende August startet die Liga.

Hamburg. Der Laktattest hat ihn geschlaucht. Noch eine halbe Stunde später, im Presseraum der Imtech-Arena, kam Heiko Westermann immer wieder ins Schwitzen. Vermutlich nicht das letzte Mal während dieser extrem langen Vorbereitung. 110 Tage dauert die längste Sommerpause der Bundesligahistorie insgesamt. Mit dem Trainingsstart am 2. Juli hat Coach Thorsten Fink bis zum Anpfiff der neuen Serie am 25. August gegen den 1. FC Nürnberg fast acht Wochen Zeit, sein Team auf die Anforderungen einzustellen - das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal beim Karlsruher SC steht aber schon eine Woche vorher an. Morgen früh um acht Uhr startet der HSV-Tross ins Trainingslager Richtung Zillertal, auf dem Weg findet am Abend das erste Testspiel beim TSV 1860 Rosenheim statt.

Doch dieser Trip ist nur der Anfang eines wahren Reisemarathons, der auf die HSV-Profis zukommt: Österreich, Kiel, Südkorea, Schweden, Flensburg und Mallorca heißen die Stationen der Vorbereitung. Rund 24 000 Kilometer sind die Hamburger insgesamt unterwegs. Zwar konzentriert sich die Vielzahl der Reisen auf den Juli, sodass die Mannschaft die letzten Wochen überwiegend in Hamburg am Feinschliff arbeiten kann. Doch bis dahin ist die Vorbereitung zerpflückt. So wird der aus finanziellen Gesichtspunkten wichtige Trip ins koreanische Suwon (50 Kilometer südlich von Seoul) zur Belastungsprobe: Fast 20 Stunden Anreise am 16. Juli, sieben Stunden Zeitunterschied, zwei Partien beim Peace Cup, Rückreise, wieder Zeitverschiebung. Das alles innerhalb einer Woche. Am 23. Juli landet das Team spätabends in Hamburg. Schon am Abend darauf steht das Jubiläumsspiel gegen Barcelona an. "Natürlich wird das stressig, aber wir haben jede Menge Abwechslung, das ist doch positiv" sagt Westermann. "Bei einer Vorbereitung von vier, fünf Wochen wäre das natürlich etwas anderes."

Eintönig wird es sicherlich nicht. So reist der HSV Ende Juli für vier Tage in die schwedische Wildnis, um abseits von Restaurants und anderem Luxus den Mannschaftsgeist zu stärken. "Ich bin gespannt, wie sich manche ihr Abendessen angeln wollen", sagt Westermann - und verweist auf die "Naturburschen" im Team wie Robert Tesche und Per Skjelbred. Ginge es nach der sportlichen Führung des HSV, wären besagte Mittelfeldspieler bei dieser Tour allerdings gar nicht mehr dabei - was weniger mit ihren Qualitäten als Selbstversorger denn als Fußballer zusammenhängt. Beide sollen mangels Perspektive abgegeben werden, genau wie noch fünf bis sechs weitere Profis aus dem aktuellen Kader.

Die von Fink priorisierte Verpflichtung, ein Mittelfeldmann mit Spielmacherqualitäten, kann vorher nicht getätigt werden, der Neue stößt im Extremfall erst kurz vor Ende der Transferperiode Ende August zum Team. Da hätte sich ein so zentraler Neuzugang im Laufe dieser "ewigen" Vorbereitung bestens an seine Mitspieler gewöhnen können - und doch muss er zum Bundesligastart unter Umständen ins kalte Wasser geworfen werden.

Zumindest Westermann hat reichlich Zeit, sich auf seine neue Rolle einzustellen. Fink plant mit ihm mangels hochwertiger Alternativen im defensiven Mittelfeld. Das probierten vor ihm schon andere HSV-Trainer aus, immer mit dem gleichen Ergebnis: Nach ein paar Spielen fand sich Westermann in der Viererkette wieder. Zum einen, weil er dort schlichtweg nicht zu ersetzen war, zum anderen, weil die Spieleröffnung nicht unbedingt zu seinen Stärken zählt. "Die Position ist nicht so wichtig. Wenn wir insgesamt defensiv stabiler stehen, werden wir erfolgreicher sein als zuletzt", will der mit 28 Jahren älteste Feldspieler des HSV der Veränderung nicht viel Bedeutung beimessen.

+++ Matz ab: Der HSV-Blog +++

Erstaunlich viel Bedeutung hat für ihn dagegen die Person des Trainers. Einen Anteil von "70 bis 80 Prozent" am Erfolg mache die richtige Wahl des Übungsleiters aus - und Westermann ist sich sicher, dass Fink der richtige Mann am richtigen Ort ist. Nach seiner Rechnung müsste die Mannschaft nur noch 20 bis 30 Prozent zum gewünschten Erfolg beitragen - das sollte ja wohl zu schaffen sein.

Die DFL hat die ersten sechs Spieltage terminiert. HSV - Nürnberg: Sa., 25. August, 15.30 Uhr; Werder - HSV: Sa., 1. September, 15.30 Uhr; Frankfurt - HSV: So., 16. September, 17.30 Uhr; HSV - Dortmund: Sa., 22. September, 15.30 Uhr; Gladbach - HSV: Mi., 26. September, 20 Uhr; HSV - Hannover: Sa., 29. September, 15.30 Uhr.