Im Nachwuchsbereich hat der Bundesliga-Dino das Duell gegen den Stadtrivalen klar verloren. Schröder übernimmt sportliche Leitung.

Hamburg. Ein besseres Einstandsgeschenk hätte es für Michael Schröder nicht geben können. Der 52-jährige frühere Profi, der heute seinen Dienst als sportlicher Leiter des HSV-Nachwuchses antritt, verfolgte auf dem Sportplatz Garstedt, wie die U19-Junioren durch ein 3:2 nach Verlängerung gegen den FC St. Pauli ins Pokalfinale gegen den JFV Hamburg-Oststeinbek einzogen. Grund für übertriebenen Jubel gibt es allerdings nicht, schließlich war der HSV-Nachwuchs in den vergangenen zehn Ligaduellen in fünf verschiedenen Altersklassen seit dem 10. September in acht Spielen ohne Tor geblieben, konnte nur eines für sich entscheiden (siehe Tabelle). Nur drei Siege, dafür sechs Niederlagen in den direkten Duellen - eine schwache Bilanz.

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Auch wenn der Schwerpunkt beim HSV in der Ausbildung der Jugendlichen liegt, sie frühestmöglich hochgezogen werden und deshalb einzelne Mannschaften nicht so erfolgreich abschneiden, so zeigt diese ernüchternde Bilanz gegen den Stadtrivalen, dass Nachholbedarf im Unterbau besteht.

Ein weiterer Indikator: In den Kadern der deutschen Juniorenteams sind HSV-Spieler ebenfalls selten anzutreffen: Zum letzten Lehrgang der U21 war Maximilian Beister (kommt aus Düsseldorf zurück) eingeladen, für die U20 war Sören Bertram (wechselt nach Bochum) aktiv. Zur Eliterunde der U19 in Serbien wurde kein HSV-Youngster eingeladen, für die U18 ist nur Florian Stritzel aktiv. Matti Steinmann verpasste den Sprung zur U17-EM, in den Jahrgängen darunter kamen Levin Öztunali, Jonathan Tah (beide 16) sowie Thore Jacobsen, Maslum Oruk und Nick Hellbauer (15) zu DFB-Einsätzen.

Entscheidend bei der Bewertung der Nachwuchsarbeit ist jedoch in der Regel die Durchlässigkeit nach oben zu den Profis. Zwar kamen mit Heung Min Son und Zhi Gin Lam zwei Eigengewächse in dieser Saison zu Bundesliga-Einsätzen, doch die Liste der Talente, die den Durchbruch nicht schafften (wie Choupo-Moting, Ben-Hatira) und den Verein verließen, ist lang.

"Fakt ist, dass aus dem Bereich mehr kommen muss", forderte Carl Jarchow. Im Optimalfall, so der Vorsitzende, sollte ein Spieler pro Saison den Sprung zu den Profis schaffen. Helfen soll dabei eine einheitliche Philosophie, die sich durch die Jahrgänge zieht. Ziel sei auch, so Jarchow, sich den Trainernachwuchs selbst heranzuziehen.

Fünf Millionen Euro lässt sich der HSV die Nachwuchsarbeit jährlich kosten, doch eine kontinuierliche Aufbauarbeit war angesichts der vielen Personalwechsel schwer. Vor Schröder versuchten sich bereits Paul Meier, Jens Todt, Stephan Hildebrandt und Markus Hirte in der sportlichen Leitung, seit einem Jahr hat der frühere Sportchef Bastian Reinhardt als Leiter HSV-Nachwuchs die Verantwortung.

Reinhardt hat lernen müssen, dass der HSV-Nachwuchs ein Imageproblem hat. "Ich höre häufig von Gerüchten und werde mit Vorurteilen konfrontiert, die mit der aktuellen Situation nichts zu tun haben", sagt er. "Dieser allgemeine Eindruck hat sich in der vergangenen Saison allerdings schon komplett geändert." Entscheidend sei, Vertrauen zu gewinnen. "In der Vergangenheit wurde zu wenig auf junge Spieler gesetzt, deshalb fehlte bei Spielern, deren Familien und Beratern häufig das Vertrauen, dass der Junge beim HSV bestmöglich ausgebildet wird und den Schritt in den Profibereich schaffen kann." Als Nachteil beim Ködern von regionalen Talenten entpuppt sich häufig auch der Standort, obwohl der HSV mit elf Bussen neun Routen abfährt, um die Jugendlichen zum Training nach Norderstedt zu bringen.

Immerhin: Die U23 wird künftig auf dem fertiggestellten dritten Platz am Stadion neben den Profis trainieren, Lee Congerton, als technischer Direktor die rechte Hand von Sportchef Frank Arnesen, wird sich einmal pro Woche mit Schröder und Reinhardt austauschen. Dass die Klubführung Ernst macht mit ihrer Ankündigung, zeigt schon, dass ab Sommer acht Scouts den norddeutschen Raum nach Juwelen absuchen.

Ob der HSV aber Ende 2012, wenn die nächste Zertifizierung durch DFB und DFL ansteht, wieder die maximale Anzahl von drei Sternen (und eine Förderung von 360 000 Euro) erhält, ist fraglich. Schließlich erwarten die Verbände eine Weiterentwicklung und nicht nur den Erhalt des Status quo.