Im Abendblatt spricht Neuzugang Per Skjelbred aus Norwegen über seine Vorfreude auf den HSV und den Terroranschlag in seiner Heimat.

Hamburg/Trondheim. Etwas nervös sei er vor seinem Wechsel zum HSV schon, gab Per Ciljan Skjelbred, 24, gestern im Gespräch mit dem Abendblatt zu. Für sein erstes Interview mit einer deutschen Zeitung suchte sich der Norweger einen ungewöhnlichen Termin aus: Gerade vier Stunden vor dem Qualifikationsspiel um den Einzug in die Champions League mit Rosenborg Trondheim gegen Viktoria Plzen aus Tschechien (0:1) nahm sich Hamburgs neuer Mittelfeldmann 30 Minuten Zeit, um über die Herausforderung, erstmals im Ausland zu spielen, zu sprechen.

Hamburger Abendblatt: Herr Skjelbred, nächste Woche beginnt Ihr neues Leben in Hamburg. Ist schon alles gepackt?

Per Skjelbred: Meine Freundin hat schon ein paar Sachen eingepackt, aber bis zur Abreise nächsten Donnerstag gibt es noch genug zu tun. Wir müssen uns hier vor allem um unser Apartment kümmern.

Haben Sie auch ein bisschen Angst davor, erstmals nach sieben Jahren in Trondheim in einer anderen Stadt und sogar in einem anderen Land zu leben?

Skjelbred: Natürlich bin ich auch ein wenig nervös. Für mich ist das ein ziemlich großer Schritt, auf den ich mich aber auch sehr freue. Die Entscheidung, einen Neustart außerhalb Norwegens zu wagen, ist eine riesige Herausforderung, die ich schon lange gesucht habe.

Haben Sie sich auf diesen Wechsel besonders vorbereitet?

Skjelbred: Bei Google Earth habe ich mir schon mal die schönsten Ecken von Hamburg angeschaut. Die Stadt scheint ja wirklich sehr grün zu sein, was mir besonders gut gefällt. So kann ich auch viel mit meinem Sohn, der gerade neun Monate alt ist, draußen unternehmen. Außerdem hat meine Freundin ein paar Bücher über deutsche Grammatik gekauft, und ich habe eine Sprach-CD besorgt, die ich immer im Auto höre.

Wie lange wird es dauern, bis Sie Ihr erstes Interview auf Deutsch geben können?

Skjelbred: Oha, das wird wohl noch ein wenig dauern, obwohl ich mir fest vorgenommen habe, immer fleißig nach dem Training zu lernen. Ich glaube, dass es als Norweger gar nicht so schwer ist, die deutsche Sprache zu lernen. Mir ist es jedenfalls wichtig, mich möglichst bald mit meinen neuen Kollegen in der Kabine auf Deutsch zu unterhalten.

Mussten Sie lange nachdenken, als der HSV Ihnen ein Angebot unterbreitete?

Skjelbred: Keine Sekunde. Ich musste auch meine Freundin nicht lange überreden, schließlich weiß sie, dass ich immer davon geträumt habe, im Ausland zu spielen. Als es ernst wurde, habe ich mich sofort ins Flugzeug gesetzt und bin nach Hamburg geflogen.

Wie war Ihr erster Eindruck von Ihrem neuen Arbeitgeber?

Skjelbred: Zunächst mal war ich sehr beeindruckt von der medizinischen Untersuchung, die ich noch überstehen musste. Ich habe noch nie eine so ausführliche Untersuchung in meinem Leben gehabt. Die Ärzte haben wirklich alles gecheckt, sogar wie meine Knochen aufgebaut sind. Ansonsten hatte ich ziemlich gute Gespräche mit Trainer Michael Oenning und Sportchef Frank Arnesen. Frank hat mir sogar erzählt, dass er mich schon vor Jahren nach Tottenham locken wollte. Darüber musste ich schmunzeln, weil mir damals niemand Bescheid gesagt hat.

Nach Ihrer Verpflichtung wurden Sie als ewiges Talent bezeichnet. Ärgert Sie das?

Skjelbred: Nein, ich nehme solche Äußerungen als Motivation für meine weitere Entwicklung. Ich bin 24 Jahre alt, damit bin ich nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt. Ich fühle, dass ich mich in Hamburg noch weiterentwickeln kann und werde, und ich will in Hamburg beweisen, dass ich kein ewiges Talent bin. Mein Traum ist es, mich durch den Wechsel zum HSV auch wieder in die Nationalmannschaft zurückzukämpfen. Die norwegische Nationalmannschaft bedeutet mir sehr viel

War es für Sie ein Segen oder ein Fluch, bereits mit 15 Jahren in der Fernsehsendung "Proffdrommen" entdeckt und schnell zum größten Talent Norwegens erklärt zu werden?

Skjelbred: Weder noch. Ich habe mir nie einen großen Kopf gemacht, ich wollte einfach Fußballprofi werden, was mir dann ja auch gelungen ist.

Wie schwer fällt es Ihnen und Ihren Kollegen, sich nach den schrecklichen Terroranschlägen in Norwegen derzeit auf Fußball zu konzentrieren?

Skjelbred: Wir alle in Norwegen denken pausenlos an das, was sich vorher niemand vorstellen konnte. Auch ich kann es noch immer nicht begreifen.

Wie haben Sie von dem verabscheuenswerten Massaker erfahren?

Skjelbred: Ich habe an dem Nachmittag die Tour de France im Fernsehen verfolgt, weil ich ein großer Radsportfan bin. Die Etappe wurde dann durch eine Sondersendung über die Vorkommnisse in Oslo und auf der Ferieninsel Utøya unterbrochen. Ich konnte das alles in dem Moment gar nicht so richtig fassen.

Haben Sie das Geschehene mittlerweile rational verarbeitet?

Skjelbred: Das ist schwer zu beantworten. In Norwegen wird man den ganzen Tag mit diesem schrecklichen Attentat konfrontiert, man kann eigentlich nicht abschalten. Trotzdem glaube ich, dass es richtig ist, dass wir beispielsweise weiter Fußball spielen. Vielleicht kann dann der eine oder andere für 90 Minuten ausblenden, was passiert ist.

Wie lange wird es wohl dauern, bis man in Ihrer Heimat wieder zur Normalität übergehen wird?

Skjelbred: Das ganze Land hält jetzt zusammen. Oberflächlich betrachtet wird natürlich irgendwann wieder Normalität einkehren. Für die Familien, die direkt betroffen waren, wird das aber noch Jahre dauern. In meinen Gedanken werde ich immer bei ihnen sein.