Besic und Ben-Hatira stehen beim HSV gegen Hannover 96 wohl in der Startelf. Van Nistelrooy und Elia sitzen zumindest wieder auf der Bank.

Hamburg. Der 1. November 2008 war ein düsterer Herbsttag. Düster waren auch die Erfolgsaussichten für den Tabellenvierzehnten Hannover 96, schließlich stand das Nordderby gegen den großen HSV bevor, der als Tabellendritter angereist kam. Zudem hatten die Niedersachsen unfassbare Ausfälle zu beklagen: Vier von vier Innenverteidigern (Ismaël, Fahrenhorst, Eggimann und Vinicius) waren damals verletzt, sodass die gelernten Mittelfeldspieler Hanno Balitsch und Christian Schulz in die Bresche springen mussten. Hannover gewann das Spiel 3:0.

Diese niedersächsische Gemeinschaft könnte dem HSV des Jahres 2010 folglich als Vorbild dienen, wozu ein dezimiertes Team in der Lage sein kann, wenn es enger zusammenrückt und als Mannschaft funktioniert. Und die Hamburger sind in der Tat dezimiert, schlimmer als je zuvor in dieser Saison: Insgesamt zwölf Spieler sind verletzt oder noch nicht wieder zu hundert Prozent fit, in dieser Woche hat es auch noch die Innenverteidigung erwischt. Die Verletzung von Joris Mathijsen entpuppte sich nach der Kernspintomografie als doppelter Bänderriss im rechten Fuß, damit fällt er rund zwei Monate aus. Und auch der befürchtete Ausfall Guy Demels bestätigte sich gestern: Der Defensivspezialist erschien trotz Achillessehnenbeschwerden zunächst auf dem Trainingsplatz, doch nach kurzem Disput mit Co-Trainer Reiner Geyer wurde auch er vom Sport befreit. So stehen mit Heiko Westermann, 27, und Muhamed Besic, 18, an diesem Sonnabend in Hannover (15.30 Uhr, Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) nur noch zwei gelernte Innenverteidiger zur Verfügung.

Besic hatte eine aufregende Woche hinter sich: Der erste Kurzeinsatz in der Bundesliga gegen Dortmund, dann die Reise in die Slowakei zur bosnischen Nationalmannschaft, wo er am Mittwoch beim 3:2-Sieg in der 79. Minute ebenfalls sein Debüt feiern durfte. Besic entzog sich dem obligatorischen Trikottausch nach Spielende und überreichte das Jersey seinen Eltern Meho und Nermina, die das Spiel voller Stolz auf der Tribüne verfolgt hatten. Die Entscheidung für Bosnien und gegen die DFB-Elf stand für ihn nie zur Debatte. "Eine Herzensangelegenheit."

Nun folgt bei Hannover 96 der erste Einsatz von Beginn an. Welcher Spieler des Gegners auf ihn zukommen könnte, ist für den gebürtigen Berliner zweitrangig. "Ich will mein eigenes Spiel durchziehen." Immerhin bewies Besic beim 0:0 in der Vorbereitung gegen Juventus Turin, dass er auch gegen einen David Trezéguet bestehen kann.

Die Stärken des Jungprofis liegen in der Spieleröffnung und seinem gutem Auge, da sind sich Trainer Armin Veh und Besic einig. An seiner Statur will er weiter arbeiten: "Ich bin noch kein robuster Spieler."

Dass jetzt alles so schnell ging, freut den drittjüngsten HSV-Profi aller Zeiten (siehe Kasten) zwar, überrascht ihn aber nicht. Als er vor 18 Monaten von TeBe Berlin nach Hamburg kam, hatte er das Ziel Bundesliga fest vor Augen. Spätestens seit dieser Saison ist Fußball das Wichtigste für Besic, die Schule brach er im Sommer nach der 11. Klasse am Gymnasium Heidberg ab. "Ich wusste, dass ich Geduld haben muss und meine Chance irgendwann bekomme. Nun muss ich sie nutzen."

Wenn dem Abschlusstraining Glauben geschenkt werden darf, bekommt noch ein weiterer Spieler eine Chance, die er nutzen sollte - denn bei ihm ist es im Gegensatz zu Besic nicht mehr die erste: Änis Ben-Hatira, von Veh zu Saisonbeginn schon aussortiert, durfte in der Stammelf mitmischen und hat gute Aussichten, die rechte Seite im Mittelfeld zu besetzen. Heung Min Son und Maxim Choupo-Moting hätten dann das Nachsehen, genauso wie Ruud van Nistelrooy und Eljero Elia, die aufgrund ihres Fitnessrückstandes zunächst auf der Bank Platz nehmen.

Unabhängig vom Verlauf des Spiels ist ein Fußball-Krimi garantiert: Vor der Partie werden in der mit 49 000 Fans ausverkauften AWD-Arena zwei Szenen für eine Tatort-Folge mit Maria Furtwängler als Kommissarin Charlotte Lindholm gedreht. Im Frühjahr 2011 soll sie ausgestrahlt werden.