Die Verletztenmisere beim HSV nimmt kein Ende - nach Mathijsens Ausfall sollen ihn Besic oder Demel in der Innenverteidigung ersetzen.

Hamburg. Irgendwann muss irgendjemand etwas Schlimmes verbrochen haben. Jemand, dem der HSV sehr nahe steht. Und nun folgt seit geraumer Zeit die Strafe. In gut dosierten, immer fortwährenden Häppchen. Diese einfachste Erklärung für die Verletztenmisere könnten sich die Hamburger Vereinsverantwortlichen zurechtgelegt haben. Kaum kehrt ein Spieler in den HSV-Kader zurück, verletzt sich der nächste. Elf Profis stehen derzeit gar nicht oder nur mit halber Kraft zur Verfügung.

Die jüngsten Opfer: Innenverteidiger Joris Mathijsen und Defensivallrounder Guy Demel. Genau wie vor einer Woche Mannschaftskollege Gojko Kacar knickte Mathijsen unglücklich um und verletzte sich im Länderspiel gegen die Türkei am Sprunggelenk. Er bekam in den Niederlanden sofort einen Gips verpasst, doch die genaue Diagnose soll per Kernspintomografie erst heute erfolgen, da die Schwellung noch zu stark ist. Die medizinische Abteilung befürchtet eine Bänderverletzung oder sogar einen Bruch. Damit wäre die Hinrunde gelaufen. Demel spielte am Mittwoch noch 90 Minuten für die Elfenbeinküste in Polen, meldete sich gestern jedoch mit Achillessehnenproblemen ab. Ein Einsatz am Sonnabend gegen Hannover 96 (15.30 Uhr, Liveticker auf abendblatt.de) ist fraglich.

Das Verletzungspech des HSV zieht sich durch die gesamte Saison, nicht weniger als 18 Spieler hatten mit mehr oder weniger schweren Blessuren zu kämpfen. Doch bei den Hamburgern ist die jetzige Situation kein Ausnahmezustand mehr - sondern bittere Gewohnheit. Ein Blick zurück in die vergangene Spielzeit lässt Parallelen erkennen, auch damals gingen dem HSV zeitweise die Spieler aus. Und in der Saison 2006/07 war es in nicht geringem Maße den vielen Verletzten zuzuschreiben, dass der HSV nach 19 Spieltagen Tabellenletzter war und Trainer Thomas Doll gehen musste.

Nun traf es auch "Mister Zuverlässig". Mathijsen war bisher einer der wenigen HSV-Profis, die von Verletzungen fast gänzlich verschont blieben. Seit 2006 spielt er für die Rothosen, verpasste seitdem erst sieben Bundesligaspiele, drei davon nach einer Rotsperre. Viele Alternativen hat Trainer Armin Veh in der Defensive nicht. Sollte Demel spielen können, würde der Ivorer neben Heiko Westermann die Innenverteidigung bilden und der erst 18-jährige Muhamed Besic rechts in die Viererkette rücken. Sollte Demel ausfallen, würde der Nachwuchsprofi sein Startdebüt in der Zentrale geben. "Besic hat am Mittwoch in seinem ersten Länderspiel für Bosnien zehn Minuten gespielt, diese internationale Erfahrung kommt uns nun zugute", versuchte sich Trainer Armin Veh in Galgenhumor, betonte aber ernsthaft, dass er "den Jungen jederzeit reinschmeißen kann."

Dass es in der Abwehr personell eng werden könnte, nahm der HSV vor der Saison jedoch bewusst in Kauf. Neben Mathijsen und Westermann steht nach den Abgängen von Jerome Boateng und David Rozehnal kein etablierter Innenverteidiger mehr im Kader. Und abgesehen von Besic sieht es beim Nachwuchs auf dieser Position auch düster aus. "Ich sehe in unserer Regionalligamannschaft derzeit niemanden, der uns weiterhelfen könnte", begründete Veh seine Entscheidung, kein Talent in den Profikader hochzuziehen.

Bliebe noch die Möglichkeit, den Libero wiederzubeleben, um die schon in Bestbesetzung nicht immer sattelfeste Abwehr abzusichern. Doch das schloss der Coach nahezu aus. "Das wäre die allerletzte Option, da es das gesamte System kaputt machen würde." Sollte sich noch ein Defensivakteur abmelden, hat Veh eine ganz andere - nicht ganz ernst gemeinte - Notlösung parat: "Ich habe Basti Reinhardt schon angewiesen, mit dem Rauchen aufzuhören - er soll sich bereithalten."