Je zwei Berliner und Hamburger treffen auf ihren Ex-Klub. Glücklich ist derzeit keiner. Sala könnte erstmals in der HSV-Startelf stehen.

Hamburg. Die Fahrt aus der Gegenwart in die Vergangenheit dauerte für Gojko Kacar und Jaroslav Drobny genau 100 Minuten. So lange brauchte der ICE 901 am Freitagnachmittag vom Hamburger Hauptbahnhof bis nach Berlin, wo an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) das Spiel des HSV gegen Kacars und Drobnys Ex-Klub Hertha BSC auf dem Programm steht. Neben den beiden Wahl-Hamburgern ist es auch für zwei Wahl-Berliner, Tunay Torun und Änis Ben-Hatira, eine Partie gegen die alte Heimat. Gemein haben alle vier vor allem eines: Glücklich in der neuen Heimat wurde bislang keiner.

Wenn Schiedsrichter Guido Winkmann das "Duell der Frustrierten" pünktlich um 15.30 Uhr anpfeift, werden maximal zwei der vier "Überläufer" für ihre neuen Teams auf dem Platz stehen. Trotz Diskussionen um eine baldige Verpflichtung von Leverkusens René Adler darf Drobny weiterhin das Hamburger Tor hüten, während Torun den gesperrten Raffael bei den Berlinern ersetzen soll. Ben-Hatira und Kacar bleibt dagegen lediglich ein Platz auf der Ersatzbank, was besonders den Serben im HSV-Trikot enttäuscht. Der 25-Jährige, der zwischen 2007 und 2010 64-mal für Hertha spielte, wollte unbedingt erstmals seit seinem Wechsel zum HSV wieder im Olympiastadion auflaufen, muss nach seinem desaströsen Auftritt gegen Dortmund aber für David Jarolim im zentralen Mittelfeld Platz machen. "Gegen Berlin ist er noch heißer als sonst", sagt Kacars Onkel Milan, der Gojko auch als Berater unterstützt.

Eine plausible Erklärung, warum sein Neffe am vergangenen Wochenende gegen den BVB so enttäuschte, hat Kacar senior nicht. Den Vorwurf, dass der Nationalspieler nicht austrainiert ist, will Milan so aber nicht stehen lassen: "Der Vorwurf ist Quatsch, er sei nicht austrainiert. Das ist ein Märchen, das sich nur erzählt wird." Kaum zu übersehen ist aber, dass Kacar in den vergangenen Monaten nicht mehr so spritzig und dynamisch wie zu seiner Zeit bei Hertha wirkte. "Gojko ist immer sehr ehrlich, am meisten noch, wenn es um seine eigene Leistung geht. Er ist einer seiner härtesten Kritiker", sagt Onkel Milan, der daran erinnert, dass sein Neffe fast die komplette Wintervorbereitung verpasst hat: "Heute ist er noch der Loser - morgen vielleicht schon der große Gewinner."

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In Berlin setzt der HSV auf die kroatische Hoffnung

Als echter Gewinner hat sich Drobny seit seinem Wechsel aus der Haupt- in die Hansestadt nur selten gefühlt. Das liegt weniger an den gerade mal fünf Siegen, bei denen er seit seinem Wechsel vor anderthalb Jahren auf dem Platz stand, als viel mehr an dem fehlenden Vertrauen, das ihm vom ersten Tag an in Hamburg erwartete. Nach einem Jahr auf der Ersatzbank hinter Stammtorhüter Frank Rost soll mit der geplanten Verpflichtung René Adlers seine Zeit als Hamburgs neue Nummer eins im Sommer auch schon wieder vorbei sein. Reden will der Tscheche über all das aber nicht. "Wenn wir gewinnen, ziehen wir an Berlin vorbei", sagt Drobny, der Medienanfragen seit seinem Wechsel sehr viel gekonnter abwehrt als gut platzierte Torschüsse.

Mehr als nötig reden wollte zuletzt auch Ben-Hatira, 23, nicht, was neben sportlichen vor allem auch private Gründe hatte: Im November wurde seine Zwillingsschwester Ines in Berlin brutal überfallen. Ein Trauma, das auch Bruder Änis nur schwer verarbeiten konnte. Nach seinem tollen Hertha-Start mit zwei Torvorlagen gegen den 1. FC Köln ist der frühere HSV-Profi spätestens nach dem Überfall auf seine Schwester in ein tiefes Loch gefallen. Seitdem wurde er nur noch dreimal eingewechselt, durfte dabei insgesamt gerade mal 81 Minuten spielen.

Nur geringfügig besser läuft es für Torun, der in den letzten sechs Spielen auch nur dreimal eingewechselt wurde. Sein bestes Spiel für Hertha absolvierte der Türke ausgerechnet im Hinspiel gegen den HSV, als er eines von insgesamt zwei Saisontoren erzielte. Kein Wunder, dass der 21-Jährige vor dem Rückspiel doppelt motiviert ist. Neu-Trainer Michael Skibbe will Torun eine Chance im offensiven Mittelfeld geben. "Ich traue mir die Rolle zu", sagt der einstige Wandsbeker, der sich endlich in seiner neuen Heimat durchsetzen will.

Die Reise von der Gegenwart in die Zukunft, und das gilt für alle vier "Überläufer", dürfte jedenfalls sehr viel länger als nur 100 Minuten dauern.

Hertha: Kraft - Lell, Hubnik, Janker, Kobiashvili - Ottl, Niemeyer - Ebert, Torun, Ramos - Lasogga.

HSV: Drobny - Diekmeier, Bruma, Westermann, Aogo - Rincon, Jarolim - Ilicevic (Sala), Jansen - Guerrero, Petric.