Nach der Niederlage in Gladbach gerät der angestrebte Europa-League-Platz immer mehr in Gefahr - HSV-Trainer Labbadia steht unter Druck.

Mönchengladbach. Es dauerte mehr als eine Dreiviertelstunde, ehe Bruno Labbadia - dem Anlass entsprechend im dunklen Anzug - nach dem Schlusspfiff im bereits gut gefüllten Presseraum des Borussia-Parks erschien. Der HSV-Trainer, der unmittelbar nach der enttäuschenden 0:1-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach zunächst den direkten Weg in die eigene Kabine gesucht hatte, war sichtlich genervt und gezeichnet von den Geschehnissen, die sich zuvor in den 90 Minuten auf dem benachbarten Rasen abgespielt hatten. "Mit dieser Leistung haben wir uns sicherlich keinen Gefallen getan", sagte Labbadia, der trotz der aufkommenden Diskussion um seine eigene Position nicht mit deutlichen Worten für das pomadige und einfallslose Spiel seiner Mannschaft sparte: "Uns hat das Tempo und die Dynamik gefehlt. Wir haben zu wenig investiert, hatten keine Bewegung im Spiel."

Tatsächlich glich das Auftreten der Hamburger - in blütenweißen Trikots - eher einer sonntäglichen Tanzveranstaltung im Seniorenheim als einem Kampf um Punkte in der Bundesliga. Statt aber wie im Vorjahr bis zum Saisonende auf drei Hochzeiten zu tanzen, muss sich der HSV nach der sechsten Saisonniederlage nun ernsthafte Sorgen machen, noch das Minimalziel der Qualifikation zur Europa League zu verpassen. Denn obwohl dank Bremens und Bayerns Finalteilnahme im DFB-Pokal sogar der sechste Platz zur Qualifikation reichen dürfte, ist dieser nach nur einem Sieg aus den vergangenen sechs Spielen mehr denn je in Gefahr. So liegen Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart nur noch drei Punkte hinter dem HSV.

"Ich empfehle der Mannschaft, tunlichst das nächste Heimspiel gegen Hannover 96 zu gewinnen", forderte der frustrierte Klubboss Bernd Hoffmann eine schnellstmögliche Trendwende. Bereits in der Pause hatte Hoffmann die Vorstellung seiner Mannschaft scharf kritisiert: "Eine schwache und enttäuschende erste Halbzeit, die von Mutlosigkeit und Bewegungsarmut gekennzeichnet war."

Dabei hatte sich Labbadia einen Befreiungsschlag bereits sehnlich für das Spiel in Gladbach gewünscht. Schließlich ist dem 44-Jährigen nicht entgangen, dass nach den Negativerlebnissen der vergangenen Wochen auch die eigene Zukunft in Hamburg auf dem Spiel zu stehen scheint. "Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken", sagte Labbadia trotzig, "wir müssen uns selbst in die Pflicht nehmen - ich mich in erster Linie, aber auch die Mannschaft muss das."

Die gute Nachricht des Tages: Eine Chance zur Wiedergutmachung bietet sich dem HSV bereits am kommenden Donnerstag im Viertelfinalhinspiel der Europa League gegen Standard Lüttich. Dessen Trainer Dominique D'Onofrio durfte sich gestern allerdings im Stadion davon überzeugen, dass die Belgier gegen diesen HSV durchaus gute Möglichkeiten haben, das Halbfinale zu erreichen. Ein Szenario, an das beim HSV derzeit noch niemand zu denken wagt. Schließlich gilt die Europa League mit dem Finale in Hamburg als letzte Möglichkeit, eine verkorkste Saison noch zu retten.

"Niemand braucht sich Sorgen machen. Wir haben noch alles selbst in der Hand", sagte Paolo Guerrero, der nach mehr als sechs Monaten Verletzungspause für den schwachen Ruud van Nistelrooy ins Spiel kam. Aktuell Sorgen muss man sich allerdings um die Laune des Niederländers machen, der wütend und grußlos an Labbadia vorbei in die Kabine stapfte. Ein Bild, das mehr als tausend Worte sagte.

Nach einer Woche der schlechten Nachrichten (Kabinenkrach zwischen van Nistelrooy und Torun, Elia-Vorwürfe, Trochowski-Kritik, Jansen-Verletzung) dürfte die kommende Woche bis zum Spiel gegen Lüttich ähnlich unruhig werden. Bruno Labbadia scheint dem Druck gewappnet zu sein: "Ich war seit den zahlreichen Verletzungen im Winter auf eine derartige Situation vorbereitet." Bleibt zu hoffen, dass sich auch seine Spieler darauf vorbereitet fühlen.