Hamburgs Trainer Bruno Labbadia überrascht Bayern-Coach Louis van Gaal mit Taktiktricks und siegt 1:0 im Spitzenspiel der Bundesliga.

Hamburg. Ganz ohne Opfer hat Bruno Labbadia das 90-minütige Fußballspektakel am Sonnabend dann doch nicht überstanden. Ein kurzer Blick auf den edlen, aber zerknitterten Zwirn des HSV-Trainers verriet, dass auch der 43-Jährige während des hart erkämpften 1:0-Erfolgs seiner Mannschaft gegen Bayern München an seine Grenzen gegangen sein musste. Die eine oder andere Falte im dunklen Anzug war die logische Folge von Labbadias Jubelausbruch nach Mladen Petric' Treffer des Tages, als der Coach erst Teammanager Jürgen Ahlert, dann Co-Trainer Eddy Sözer und schließlich den Rest des Funktionsteams innig umarmte. "Dieser Sieg ist sehr hoch einzuordnen. Wir hatten die stärkere Moral und den klareren Kopf", kommentierte Labbadia den für ihn wohl schönsten Sieg als HSV-Trainer später gewohnt nüchtern, um sich erneut seinen ramponierten Anzug glatt zu streichen.

Mehr als nur glatt ging die Taktik, die Labbadia seinen Spielern vor dem 89. Nord-Süd-Gipfel zurechtgelegt hatte. So überraschte Hamburgs Cheftrainer neben den 57.000 Zuschauern auch seinen bayrischen Kollegen Louis van Gaal mit der Entscheidung, Guy Demel und Jerome Boateng auf den Abwehrflügeln gegen Franck Ribéry und Arjen Robben zu stellen, Dennis Aogo ins Mittelfeld zu beordern und den wieselflinken Eljero Elia als hängende Spitze aufzubieten. Eine meisterliche Taktik, die das Spiel entscheiden sollte. "Unser Rezept war es, keinen Platz für Robben und Ribéry zuzulassen - das ist aufgegangen", verriet Kapitän David Jarolim. Und während sich Labbadia als klarer Sieger des Rasenschachs fühlen durfte, lieferte sich der angefressene van Gaal auf der Pressekonferenz einen verbalen Schlagabtausch mit einem Journalisten, der sich erdreistet hatte, sich nach den taktischen Überlegungen des Niederländers zu erkundigen.

Mehr als das verlorene Wortduell dürfte den Bayern-Coach aber die Niederlage im vorangegangenen Top-Spiel geärgert haben. Denn während seine Mannschaft nur durch einige wenige Geistesblitze Ribérys oder Robbens zu gefährlichen Tormöglichkeiten kam, beeindruckte der HSV nach den Negativerlebnissen der vergangenen zehn Tage als kompakte Einheit. "Die ganze Bundesliga weiß, wie stark wir sind. Wir wissen das auch, aber wir wissen auch, dass wir anfällig sind, wenn nicht alle mitmachen", erklärte Aogo die Leistungsschwankungen der vergangenen Spiele. So hatte kaum jemand dem HSV eine derart starke Leistung gegen den Rekordmeister nach den desaströsen Auftritten in Wien (0:3) und in Osnabrück (5:7 n. E.) zugetraut. Kaum jemand - bis auf Labbadia: "Wir waren vor dem Spiel Erster, und überall wurde nur über Krise gesprochen. Gegen starke Bayern haben wir nun die richtige Reaktion gezeigt."

Und mit Zé Roberto sollte ausgerechnet ein Ex-Münchner als Labbadias Schlüsselspieler für die Entscheidung sorgen. Der Brasilianer, der vor dem Spiel von Bayerns Manager Uli Hoeneß als Abschiedsgeschenk eine Uhr in der Kabine überreicht bekam, sorgte ein weiteres Mal für die spielerischen Höhepunkte des HSV, ordnete gemeinsam mit Jarolim das Mittelfeld und bereitete zudem Petric' Siegtreffer vor. "Ich denke schon, dass wir Meister werden können. Aber wir müssen jetzt erst mal mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben", sagte der 35-Jährige, der unter der Woche angekündigt hatte, gerne wieder in die Seleção zurückzukehren.

Während Brasiliens Nationaltrainer Carlos Dunga von Zé Robertos Top-Leistung nur aus den Medien erfuhr, konnten sich Bundestrainer Joachim Löw (siehe Bericht unten) und Bondscoach Bert van Marwijk von der Tribüne aus ein persönliches Bild von der Form ihrer Schützlinge machen. Neben Hamburgs stark spielendem Abwehrmann Joris Mathijsen konnte dabei besonders Offensivallrounder Eljero Elia, der sich nach dem Spiel das Trikot des glücklosen Arjen Robben sicherte, punkten. Der 22-Jährige startete erstmals in dieser Saison im Sturm, wechselte nach der Pause dann zurück ins Mittelfeld und spielte auf beiden Positionen den Gegenspielern Knoten in die Beine. "Ich habe lange nicht mehr im Sturm gespielt, aber es hat auch dort Spaß gemacht. Der Trainer entscheidet, wo ich spiele", sagte Elia später, ehe er mit einem für ihn typischen Grinsen das Stadion verließ. Der Trainer entscheidet - in diesem Spitzenspiel war das entscheidend.

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