Die griechischen Medien heizen das Viertelfinal-Duell mit Deutschland an. Die meisten Spieler der Hellenen geben sich gelassen - aber nicht alle.

Legionowo. Die griechischen Medien fordern Deutschlands „EURO-Austritt“, und Torhüter Michalis Sifakis gießt vor der brisanten Begegnung Öl ins Feuer. „Ich wünsche mir, dass dieses Spiel das erste und letzte für Frau Merkel bei dieser EM wird“, sagte Sifakis, spielte damit aber auf einen Besuch der Bundeskanzlerin an, den es „aus logistischen Gründen“ zum Viertelfinale wohl gar nicht geben wird. Doch seine Worte zeigen: Weit mehr als ein Spiel erwartet die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen aufgepeitschte Griechen am Freitag in Danzig (20.45 Uhr).

Die Wut über die Politik der Bundeskanzlerin in der Euro-Krise war in fast allen griechischen Medien auch am Tag nach der richtungsweisenden Parlamentswahl spürbar, mit einer Sensation im Viertelfinale soll sich der aufgestaute Frust entladen. „Wir haben es schon gegen Frankreich (2004), gegen Portugal (2004) und gegen Russland (2012) geschafft. Die deutschen Panzer sollen in die Liste der Opfer Griechenlands aufgenommen werden“, schrieb die Sportzeitung Sportday, und ergänzte: „Angela, sei bereit!“ Die Zeitung Ethnos stellte den Plan von Trainer Fernando Santos für „den deutschen EURO-Austritt“ vor, während Adesmeftos Typos die Spieler aufforderte, „Deutschland aus dem Euro zu schicken“.

Von dieser Polemik ist auf der Trainingsanlage in Legionowo vor den Toren Warschaus nichts zu spüren. Nach einem trainingsfreien Tag bat Santos seine in der Heimat schon als Helden gefeierten Spieler am Montag zu einer 90-minütigen Einheit. Lockeres Rundendrehen, Dehnübungen, verschiedene Spielformen - bei strahlendem Sonnenschein ließen es die Hellenen ruhig angehen und überließen die Favoritenrolle dem dreimaligen Europameister.

Deutschland sei eine der besten Mannschaften bei der EM, stellte Ioannis Maniatis fest. Grigoris Makos erklärte, die Hellenen hätten Respekt - aber keine Angst. „Wir werden ihnen in die Augen schauen und kämpfen“, sagte er.

Obwohl Kapitän Georgios Karagounis (Gelbsperre) ausfällt und es gegen die DFB-Auswahl in acht Begegnungen noch keinen Sieg gab, glauben die griechischen Helden von 2004 an einen Coup. „Wir sind schwer zu schlagen und brauchen nicht viele Chancen. Deutschland sollte gewarnt sein“, sagte Angelos Charisteas, Siegtorschütze im EM-Finale vor acht Jahren, dem SID. Der damalige Trainer Otto Rehhagel vertritt die gleiche Auffassung. Die Mannschaft kämpfe ähnlich wie vor acht Jahren mit großer Leidenschaft und stehe gleichzeitig hinten sehr sicher, sagte „Rehakles“. „Die Innenverteidigung mit dem Bremer Sokratis und dem Schalker Papadopoulos besitzt internationale Klasse.“

Ob das gegen Deutschland ausreicht? Die Griechen gehen jedenfalls mit breiter Brust in die Begegnung. Den Gegner noch einmal im Fernsehen beim Gruppensieg gegen Dänemark (2:1) am Sonntagabend studieren? Überflüssig. Man habe die Wahlen in der Heimat am Live-Ticker verfolgt und dazu Niederlande gegen Portugal geschaut. „Das war das spektakulärere Spiel“, wie Maniatis versichert.

Ansonsten setzen die Griechen ganz auf Rehhagel-Nachfolger Santos. „Unser Trainer wird eine Lösung finden“, da ist sich der in Aschaffenburg geborene Jose Holebas sicher. Der 27-Jährige ist im Viertelfinale aber wie Karagounis nach der zweiten Gelben Karte gesperrt.

Trainer Santos dämpfte ein wenig die Euphorie. Man müsse die Köpfe frei bekommen und auf dem Boden bleiben, sagte der Portugiese: „Deutschland hat außergewöhnliche Spieler und einen guten Trainer, der schon lange mit dieser Mannschaft arbeitet.“

Den griechischen Medien ist das egal. Sie wollen „Rache“ nehmen. Im deutschen Lager begegnet man den Schlagzeilen aus Griechenland mit Gelassenheit. „Wir wissen, dass die politische Situation in Griechenland sehr schwierig ist. Am Freitag tritt das Politische in den Hintergrund. An dem Tag sollte das keine Rolle spielen und nur der Fußball im Vordergrund stehen“, sagte der Leverkusener Lars Bender.