Lehmann: “Schiedsrichter gönnte uns den Sieg nicht.“ Zoff zwischen Ballack und Bierhoff. Randale im Osten.

Wien/Berlin. Zur Begrüßung nach der Landung in Berlin-Tegel um 13.54 Uhr besprühte die Feuerwehr das Flugzeug mit Wasserfontänen - und auf der Fanmeile vor dem Brandenburger Tor versuchten 100 000 deutsche Fans den Schmerz der deutschen Nationalspieler nach der 0:1-Niederlage gegen Spanien im EM-Finale zu löschen.

Ein Hauch von WM 2006 lebte auf. "So gehen die Deutschen bis 2010" stand auf den T-Shirts der Fußballer, darunter eine jubelnde Spielerkette, die die Geschlossenheit symbolisieren sollte. Christina Stürmer, Revolverheld und Oliver Pocher versuchten mit ihren EM-Liedern für Stimmung zu sorgen, Lukas Podolski schmetterte "Humba, humba, humba tätära" ins Mikrofon, und Johannes B. Kerner sowie Monica Lierhaus führten Kurz-Interviews auf der Bühne.

Nach einer Stunde war die "Danke"-Party vorbei. Auch wenn die Gänsehautstimmung wie 2006 nicht aufkam, so genossen die Spieler die Unterstützung ihrer Anhänger. "Wir müssen uns überall verbessern, aber ein Endspiel bei der Europameisterschaft ist ein großer Erfolg für uns, darauf können wir sehr stolz sein. Wir lassen uns das auch nicht schlecht machen." Und Bundestrainer Joachim Löw versprach: "Die WM-Qualifikation werden wir auch schaffen. Und sollten wir die Spanier noch mal in einem Turnier bekommen, werden wir sie schlagen."

Die Nacht in Wien war für die meisten Spieler sehr kurz ausgefallen. Bis zum Morgengrauen hatten viele Kicker den Frust in einem Wiener Szene-Klub heruntergespült, die Geschehnisse im Ernst-Happel-Stadion rekapituliert. "Letztlich können wir stolz auf das Erreichte sein", sagte Christoph Metzelder, der seinen Hotzenplotz-Bart direkt nach dem Spiel abrasiert hatte. "Anders als 2006 mussten wir uns durchkämpfen, eine Talsohle durchschreiten. Wir haben nie den Schwung kreieren können, der uns bei der WM durch das Turnier getragen hat."

Grausam müssen die endlos langen Minuten nach dem Abpfiff gewesen sein. 45 Minuten dauerte es, bis die Spieler den Rasen verlassen konnten. Zwischenzeitlich gab es sogar riesigen Ärger zwischen Michael Ballack und Teammanager Oliver Bierhoff um ein "Danke"-Transparent und den Zeitpunkt, wann man sich von den Anhängern im Stadion verabschieden solle. "Ja, es gab einen Disput, aber die Spieler sind nach solch einem Spiel sehr emotional", sagte Bierhoff. "Ich hatte darum gebeten, dass wir später in die Kurve gehen."

Mächtig sauer war auch Jens Lehmann, allerdings auf Schiedsrichter Roberto Rosetti, der in seinen Augen die Deutschen klar benachteiligt habe: "Das hat sich in zwei, drei Szenen klar gezeigt, wie bei der Kopfnuss von Silva an Podolski." Oder der Szene in der 92. Minute, als Rosetti ein Foul von Gomez gesehen hatte.

Was sie von den Leistungen der Schiedsrichter hielten, machten nach dem Abpfiff auch die Assistenztrainer Hansi Flick und Andreas Köpke deutlich. Schimpfend gestikulierten sie in die Richtung der Spielleiter, und auch Ballack nahm Rosetti lange mit starrem, wütendem Blick ins Visier.

In Deutschland betrauerten die Millionen Fußballfans die Finalniederlage weitgehend friedlich. In Magdeburg allerdings zog eine randalierende Gruppe von 500 Personen durch die Innenstadt. 400 Personen lieferten sich in Bautzen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch in Schwerin wüteten 300 Menschen, zündeten Mülltonnen an, warfen mit Steinen. Doch diese vereinzelten Ausfälle konnten das allgemeine Bild nicht trüben. Es gab kaum Probleme mit Rassismus und Diskriminierung, in der Schweiz und in Österreich blieben Buhrufe bei den Nationalhymnen aus. Insofern passte der gelungene Abschied der DFB-Elf in Berlin zum fröhlichen Flair der EURO 2008.

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