Gratulation an Spanien. Die Mannschaft hat den besten Fußball dieser EM gespielt und, das war entscheidend, sie tat es auf einem konstant hohen Niveau. Die Spanier waren das homogenste Team, das nicht am Tropf der Form einzelner Leistungsträger hing. Und: Sie hatten mit Luis Aragones einen erfahrenen Coach, den ältesten der EM, der Temperament, Leidenschaft und Spielkultur zu einem Erfolgsmodell vereinen konnte. Daraus mag das nötige Selbstvertrauen entstanden sein, dass die Spanier ihre wenigen kritischen Situationen überstehen ließ. Das war ihr entscheidender Fortschritt: In den vergangenen 44 Jahren waren sie dem Druck einer EM und WM nie gewachsen.

Übrigens: Mit Aragones, Otto Rehhagel (EM 2004 mit Griechenland) und Marcello Lippi (WM 2006 mit Italien) haben zuletzt drei Trainer der alten Garde die Titel gewonnen.

Zur deutschen Mannschaft: Der zweite Platz ist ein Erfolg, nur zwei gute Spiele (gegen Polen und Portugal) im gesamten Turnier sollten uns aber warnen, gleich alles schönzureden. Im Finale hatten wir bloß die ersten zehn Minuten eine Chance, als die Spanier doch mit erheblicher Nervosität zu kämpfen hatten. Mit Fehlpässen und überhasteten Aktionen haben wir sie ins Spiel gebracht. Danach konnten sie ihre technischen Stärken konsequent ausleben, vor allem nach dem 1:0, als sie den Raum dazu hatten. Bei der Vielzahl ihrer Möglichkeiten resultierte aber ausgerechnet der einzige Treffer aus keiner nennenswerten. Die Begegnung wäre möglicherweise anders verlaufen, hätte sich Lahm in dieser Situation nicht auf Lehmann verlassen.

Der Fußball wiederum lebt von Fehlern, deshalb ist es eher beklagenswert, dass die Mannschaft später körperlich und mental nicht mehr in der Lage schien, Druck auf die spanische Abwehr auszuüben. Das hat mich schon überrascht. Dazu fehlten erneut die läuferischen Qualitäten - gar die Kondition? - und durchsetzungskräftige Angreifer. Die hatten wir in diesem Turnier nicht, weil ein Klasse-Angreifer wie Gomez völlig von der Rolle war, Kloses Eifer selten Unterstützung fand und aus dem Mittelfeld, vor allem von den Außenbahnen, zu selten verwertbare Vorlagen in den Strafraum kamen. Von einem gelernten Abwehrmann wie Friedrich, das habe ich an dieser Stelle mehrmals betont, darf man diese auch nicht erwarten. Friedrich hat viele Stärken, sie liegen nur nicht unbedingt in der Offensive.

Bundestrainer Löw hat recht, wenn er sagt, dass er seine Mannschaft bereits besser habe spielen sehen als bei dieser Europameisterschaft. Auch ich habe gegenüber der WM 2006 keine Entwicklung der Mannschaft erkennen können, allein das Portugalspiel bildete in dieser Hinsicht eine Ausnahme, es war aber eben nicht die Regel.