Dortmund. Selten seit der Rückkehr in die Champions League war Dortmund derart unterlegen wie beim 0:3 im Achtelfinal-Rückspiel gegen Turin.

Mit der schwächsten Leistungen aller deutschen Mannschaften im Achtelfinale hat sich Borussia Dortmund aus der Champions League verabschiedet. Beim 0:3 (0:1) im Rückspiel gegen den italienischen Meister Juventus Turin hatte die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp nicht den Hauch einer Chance.

Bereits nach drei Minuten schien überdeutlich, dass der Bundesligist gegen die abgezockten Italiener völlig überfordert sein würde. Dann nämlich musste BVB-Torhüter Roman Weidenfeller den Ball erstmals aus dem Netz fischen - Carlos Tevez hatte unbedrängt von der Strafrauamgrenze halbhoch ins rechte Torwarteck getroffen. "An einem ganz guten Tag kann er den haben", urteilte ZDF-Experte Oliver Kahn über Weidenfeller.

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Was folgte, waren zaghafte Bemühungen der Dortmunder, ohne jedoch nennenswerte Chancen zu kreieren. Wie schon in den vergangenen beiden Bundesliga-Spielen in Hamburg (0:0) und gegen Köln (0:0) blieb der Dortmunder Angriff jedoch rschreckend harmlos. Es dauerte bis zur 63. Minute, bis Italiens Nationalkeeper Gianluigi Buffon bei einem Schüsschen von Kevin Kampl erstmals halbwegs geprüft wurde.

Stattdessen fielen die Borussen, allen voran Ilkay Gündogan, in der ersten Hälfte wiederholt durch Fehlpässe auf. Der vorerst letzte unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff führte dann auch zu einem nicht überhörenden Pfeifkonzert der ansonsten äußerst geduldigen Dortmunder Fans unter den 65.851 Zuschauern im Signal Iduna Park. In der zweiten Halbzeit machten machten schließlich Alvaro Morata (70.) und erneut Tevez alles klar für Juve.

Abendblatt.de sammelt nach dem Dortmunder Champions-League-Aus Reaktionen, Daten und Hintergründe rund um die Partie:

Schmelzer erleidet Muskelfaserriss

15.32 Uhr: Dortmund muss im Spiel am Sonnabend bei Hannover 96 auf Marcel Schmelzer und Nuri Sahin verzichten. Wie eine medizinische Untersuchung am Donnerstag ergab, hat sich Außenverteidiger Schmelzer im Spiel gegen Turin einen Muskelfaserriss zugezogen. Deshalb kann der 27-Jährige erst wieder nach der Länderspielpause am 4. April im Heimspiel gegen Bayern München eingesetzt werden.

Erneut fehlen wird Sahin. „Es gibt keine Chance auf seinen Einsatz in Hannover. Er macht im Training gerade seine ersten Schritte“, sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp. Der türkische Nationalspieler hatte sich im Revierderby Ende Februar gegen den FC Schalke eine Muskelverletzung im Adduktorenbereich zugezogen.

Klopp hofft, dass seine Profis bis Sonnabend den Frust über das Achtelfinal-Aus in der Königsklasse überwunden haben: „Wir können jetzt nicht halb leidend in das nächste Bundesliga-Spiel stolpern. Da muss ein dicker Strich unter die Partie gegen Juve.“

BVB-Aktie stark gefallen

13.59 Uhr: An der Börse herrscht nach dem Champions-League-Aus des BVB derzeit nur wenig Hoffnung auf bessere Zukunftsaussichten. Der Kurs der Dortmund-Aktie verlor am Tag nach dem Achtelfinal-K.o. gegen Turin über fünf Prozent an Wert.

Nach dem Schlusskurs von 3,94 Euro am Vortag eröffnete das Dortmunder Papier im elektronischen Xetra-Handel schon nur noch bei 3,72 Euro und fiel kurz darauf nochmals auf gut 3,71. Bis zum Mittag erholte sich der Kurs nur geringfügig und lag am Mittag vorübergehend wieder bei 3,74 Euro.

Die Borussen waren 2000 als erster deutscher Verein an die Börse gegangen. Der Ausgabekurs der Aktie vor 15 Jahren lag bei 11,00 Euro, wurde seither aber nie wieder erreicht. Im Zusammenhang mit den Finanzproblemen der Schwarz-Gelben vor zehn Jahren war der Aktienkurs zwischenzeitlich sogar unter die Grenze von 1,00 Euro gefallen und damit zu einem sogenannten „Penny Stock“ verkommen.

Durch die wirtschaftliche Erholungs des Klubs in der Folgezeit kletterte die Aktie jedoch wieder und erreichte vorübergehend wieder einen Wert von jenseits der 5,00-Euro-Marke.

Hummels sieht HSV-Spiel als Anfang vom Ende

12.31 Uhr: Nach dem Spiel stellte sich Dortmunds Kapitän Mats Hummels in der Mixed Zone den Fragen der Journalisten. Hier ein paar Auszüge:

Frage: Wie war nach dem 0:3 gegen Juventus Turin die Stimmung in der Kabine?

Mats Hummels: Ruhig, enttäuscht. Niemand da, der ein großes Lächeln im Gesicht hatte. Wir wissen, dass wir verdient rausgeflogen sind. Das wird niemand infrage stellen. Um richtig was zu reißen in der Champions League, waren wir in diesem Jahr nicht gut genug. Wir haben außer in der ersten Halbzeit in Turin nicht wirklich gut gespielt.

Haben Sie sich schon mit dem Gedanken angefreundet, dass es nun für wahrscheinlich eineinhalb Jahre beim BVB keine Champions League mehr geben wird?

Hummels: Das Wort „wahrscheinlich“ ist leider fehl am Platz. Für eineinhalb Jahre ist Schluss in Dortmund mit der Champions League. Das lässt sich nicht mehr ändern. Jeder, der in den vergangenen Jahren bei uns Zuschauer war, hat große und spektakuläre Abende erlebt. Dass das jetzt eine Saison ohne Champions League wird, kann auch schnell bedeuten, dass danach wieder einige Spielzeiten mit Champions League kommen. Das wird in der nächsten Saison unser Ziel sein.

Wie schon zuletzt in der Bundesliga gab es nur wenige Torschüsse. Was fehlt dem Dortmunder Offensivspiel?

Hummels: Wir spielen uns keine Chancen mehr heraus. Angefangen hat das in Hamburg. Davor haben wir getroffen. Das ist im Moment sehr wechselhaft bei uns. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zweifellos haben wir eine zu kleine Strafraumbesetzung, wenn wir zum Flanken kommen. So etwas wie Distanzschüsse gibt es bei uns auch eher selten. Es gibt einige Dinge, an denen man arbeiten muss.

Weitere Pressestimmen: "Fußball-Lektion für Klopp"

11.13 Uhr: Gazzetta dello Sport: "Euro-Juve, ein Traum! Ein Meisterwerk Allegris versenkt Borussia Dortmund. An der Spitze einer fantastischen Mannschaft, einer Mischung aus Kraft und Eleganz, führt Carlos Tevez die Schwarzweißen zum Erfolg. Klopps Truppe wurde nie wirklich gefährlich".

Corriere dello Sport: "Gegen Borussia Dortmund hat Juve das beste Europacupspiel der letzten vier Jahre bestritten - und das ist ein großer Erfolg für Trainer Allegri. Er erteilt Klopp eine Fußball-Lektion: Unter dem Druck von Juves Technik, Taktik und physischer Form ist Borussia praktisch verschwunden."

Tuttosport: "Juves Aggressivität versenkt Borussia Dortmund. Juventus hat bewiesen, dass sie wieder zu Europas Giganten zählt und sich auf Augenhöhe mit der großen Konkurrenz duellieren kann."

La Stampa: "Juve, Europas Stern. Die Alte Dame erteilt der Borussia eine Fußball-Lehre. Es ist nie banal, wenn eine Mauer in Deutschland fällt. Juve hat gestern nicht nur Borussias Mauer, sondern auch die Wand abgerissen, die die Schwarzweißen von den Großen Europas trennte."

Corriere della Sera: "Juves Europacup-Festival überfordert Borussia Dortmund. Ein nicht zu bremsender Tevez vernichtet Klopps Truppe mit unglaublicher Einfachheit. Coach Allegri feiert eine magische Nacht in der Höhle von Dortmund. Juve schreitet in Europa voran, die Mannschaft spielt spektakulär und zynisch."

Das sind die Pressestimmen aus Italien

10.34 Uhr: In Italien hat der klare Juve-Sieg Jubelstürme ausgelöst. „Borussia vernichtet“, schrieb die Zeitung „Gazetta dello Sport“ am Donnerstag. „Das ganze Team hat bezaubert und Borussia zerschmettert. Jetzt kann es den großen Traum träumen.“

Die Turiner Zeitung „La Stampa“ kommentierte den verdienten 3:0-Sieg beim BVB mit einem historischen Vergleich: „Es ist nie banal, wenn in Deutschland eine Mauer fällt. In Dortmund hat Juve zwei niedergerissen: Die "Gelbe Wand" von Borussia und die, die Juventus von den Großen Europas getrennt hat.“

Juventus, mit großem Abstand Tabellenführer in der italienischen Liga, will seine neue Stärke nun auch im Viertelfinale beweisen. Trainer Massimiliano Allegri lobte sein Team nach dem Spiel in Dortmund und sagte mit Blick in die Zukunft: „Es ist ein Ergebnis der Arbeit von Allen, ein wichtiges Ergebnis für den italienischen Fußball. Wir müssen uns bewusst sein, wie viel wir schaffen können, wir müssen daran glauben, dass wir weiterkommen.“

Das letzte Mal hatte Juve das Viertelfinale der Königsklasse 2013 erreicht. Der Titeltraum endete damals allerdings mit einem klaren Aus gegen Bayern München. Der deutsche Rekordmeister ist nun auch wieder einer der möglichen Juve-Gegner.

Kohler bemängelt Dortmunder Körpersprache

9.37 Uhr: Ähnlich wie Oliver Kahn nahm auch Ex-Borusse Jürgen Kohler in der Analyse kein Blatt vor den Mund. Bei "Sky" sagte der Welt- und Europameister, der mit Dortmund 1997 die Champions League gewann: „Juventus Turin war in allen Belangen überlegen. Man hat nie das Gefühl gehabt, dass Dortmund das Spiel an sich gerissen hat. Es war eine Verunsicherung spürbar. Die Körpersprache bei allen Spielern war schlecht. Zudem hat auch die nötige Aggressivität gefehlt. Ich hatte nie das Gefühl, dass sich ein Spieler gegen die Niederlage gestemmt hat.“ In der Tat schienen auf Dortmunder Seite einzig Verteidiger Sokratis und mit Abstrichen der eingewechselte Jakub Blaszczykowski in der Lage, über die Körpersprache den unbedingten Willen zum Sieg zu demonstrieren. Allerdings war der Pole beim vorentscheidenden 0:2 nicht ohne Schuld, da er nicht schnell genug mit zurückeilte.

Zur Leistung von Mats Hummels sagte TV-Experte Kohler: „Man hat gesehen, dass er bei weitem noch nicht in der Form ist, die er bei der Weltmeisterschaft hatte.“ Der frühere Dortmunder Profi Patrick Owomoyela bewertete die BVB-Niederlage indes wie folgt: „Man hat nahtlos an die Spiele gegen den HSV und Köln angeknüpft und nur wenig Gefahr entwickelt. Das tragische Ausscheiden kann natürlich ein Rückschlag sein. Jetzt wird sich zeigen, wie gefestigt die Mannschaft ist.“

Es hätten noch mehr sehen können

9.26 Uhr: Wenigstens haben es nicht allzu viele gesehen: Auch die Einschaltquote im Fernsehen ist vergleichsweise dürftig, denn im ZDF verfolgten die Dortmunder Pleite gegen Juve lediglich 7,98 Millionen Zuschauer (26,8 Prozent Marktanteil), was gleichwohl wenigstens den Tagessieg im TV bedeutete. Vor Wochenfrist hatten den Bayern-Sieg über Donezk (7:0) allerdings noch 8,05 Millionen Zuschauer (27,0 Prozent) gesehen.

Kampl: "Juventus war eine Nummer zu groß"

8.55 Uhr: Auch Kevin Kampl reiht sich in die Riege der frustrierten Dortmunder ein. Nach dem Spiel sagte der Mittelfeldspieler: „Aufgrund des frühen Gegentores war es extrem schwer für uns. Wir haben insgesamt zu wenig Torchancen kreiert. Am Ende war es eine Nummer zu groß. Juventus hat das mit seiner ganzen Erfahrung runter gespielt und uns eiskalt bestraft.“

Fünftes Gegentor in den ersten drei Minuten

8.38 Uhr: Das frühe Gegentor durch Tevez nach gerade einmal 131 Sekunden passt ins Bild einer verkorksten Dortmunder Saison. Es war der bereits fünfte Treffer, den der BVB in dieser Spielzeit in den ersten drei Minuten kassierte. „Das war das Schlimmste, was passieren konnte. Vor allem bei der Qualität, die Juve gezeigt hat“, klagte Klopp. Wegen des 0:1 musste sich auch Torhüter Roman Weidenfeller Kritik gefallen lassen. Im ZDF urteilte Ex-Welttorhüter Oliver Kahn: "Da hätte man auch die Überhand nehmen können." Und weiter: "An ganz guten Tagen kann er den haben."

Weidenfeller selbst sagte über das Gegentor: "Ich habe den Ball nicht ganz klar gesehen", sagte der Keeper im ZDF. "Letzten Endes war es aber auch ein Hammer und er passte ganz genau. Da war es sehr schwer, dagegen etwas zu machen", analysierte er. Kahn beließ es gleichwohl nicht bei der Kritik des Schlussmannes, sondern teilte nach dem Spiel auch gegen die Offesnivkräfte des BVB aus. Die Hälfte der Mannschaft habe nicht das internationale Niveau, "was man gegen so einen Gegner braucht", urteilte Kahn und nannte dabei explizit Champions-League-Debütant Kevin Kampl, aber auch die weitaus erfahreneren Marco Reus ("Ein Spieler, der mir immer viel zu häufig abtaucht") und Henrikh Mkhitaryan: "Ein netter Kerl, aber gerade in solchen Spielen braucht man eben auch einmal etwas anderes."

Klopp, Schmelzer und Hummels gefrustet

8.21 Uhr: Bei der Borussia versuchte nach dem Spiel niemand, den eigenen Gruselkick schönzureden: „Das war ein Spiel zum Vergessen“, bekannte Trainer Jürgen Klopp, „wir hatten viel zu wenig Abschlüsse“. Ähnlich schonungslos fiel das Fazit von Außenverteidiger Marcel Schmelzer aus: „Das Weiterkommen haben wir nicht verdient.“ Auch Kapitän Mats Hummels machte aus seiner Enttäuschung über die Demontage keinen Hehl: „Jeder, der in den letzten Jahren dabei war, hat spektakuläre Abende erlebt. Schade, dass das nun für mindestens eineinhalb Jahre vorbei ist.“

Am Ende musste auch Klopp sichtlich ernüchtert anerkennen, dass sein noch vor zwei Jahren ins Endspiel vorgestoßenes Team längst nicht mehr die Klasse vergangener Tage hat. „Juventus war in dieser Saison nicht unsere Kragenweite“, bekannte Klopp, „ein 0:3 ist nicht so wahnsinnig cool.“

Die Statistik

Dortmund: 1 Weidenfeller - 25 Sokratis, 4 Subotic, 15 Hummels, 29 Schmelzer - 6 Sven Bender (ab 63. Kuba), 8 Gündogan - 23 Kampl, 10 Mkhitaryan (ab 63. Ramos), 11 Reus - 17 Aubameyang. - Trainer: Klopp

Turin: 1 Buffon - 26 Lichtsteiner, 19 Bonucci, 3 Chiellini, 33 Evra - 23 Vidal, 8 Marchisio, 6 Pogba (ab 27. Barzagli) - 37 Pereyra - 10 Tevez (ab 81. Pepe), 9 Morata (ab 78. Matri). - Trainer: Allegri

Schiedsrichter: Milorad Mazic (Serbien)

Zuschauer: 65.851 (ausverkauft)

Tore: 0:1 Tevez (3.), 0:2 Morata (70.), 0:3 Tevez (79.) (HA/dpa/sid)