Ab heute holen die Davids wieder ihre Steinschleudern heraus und hoffen, damit manchen Goliath zu Fall zu bringen. Bangen müssen vor allem zwei Hamburger Favoriten.

Hamburg. David gegen Goliath - das ewig junge Duell elektrisiert ab heute wieder die deutschen Fußballfans. Vor allem in der Fußballprovinz fiebern Anhänger und Spieler der sogenannten kleinen Klubs der ersten Runde im DFB-Pokal entgegen. Mit bangen Blicken verfolgen indes die vermeintlichen Favoriten die Euphorie in den Vereinen der unterklassigen Gegner. Dabei dürfen sich allen voran die beiden Hamburger Profiklubs auf einiges gefasst machen.

Insgesamt messen sich in der Auftaktrunde 32 Amateurclubs mit den 32 Profivereinen. Als erster Bundesligavertreter tritt der FC Augsburg am Freitag um 20 Uhr beim SV Wilhelmshaven an. Zuvor spielen auch die Zweitligisten Eintracht Braunschweig und FSV Frankfurt ab 19.00 Uhr bei Regionalligisten um den Einzug in die nächste Runde. Braunschweig trifft auf den VfB Lübeck, Frankfurt tritt bei der SG Sonnenhof Großaspach an.

KSC wird Überraschung gegen den HSV zugetraut

Bei den Buchmachern steht mit dem HSV ein Erstligist ganz oben auf der Abschlussliste: So traut der Anbieter youwin dem Karlsruher SC eine Überraschung gegen die Hamburger (Sonntag, 14.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de ) zu. Ausschlaggebend für die relativ niedrige Quote für einen Sieg des badischen Drittligisten ist die unruhige Vorbereitung der Hamburger, die mit dem Wirbel um Neuverpflichtung Paul Scharner um eine vorerst letzte Episode angereichert wurde.

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Auch die Pokalhistorie der Rothosen geben dem Wettanbieter Recht: Bereits viermal scheiterte der HSV schon in der ersten Runde des seit 1952 in dieser Form ausgetragenen Wettbewerbs. Auf Seiten der Karlsruher wird sich ein Spieler ganz besonders reinhängen: Mittelfeldtalent Hakan Calhanoglu darf noch einmal eine Runde drehen, bevor der 18-Jährige seinen bereits beschlossenen Dienst in Hamburg antreten wird.

St. Pauli vor Offenburg-Trip gewarnt

Gewarnt ist auch der FC St. Pauli, denn die jüngere Pokalhistorie der Kiezkicker könnte schlechter kaum sein. 1:2 verlor man 2011 zum Auftakt bei Regionalligist Eintracht Trier, im Jahr zuvor war ebenfalls in der ersten Runde Schluss: 0:1 beim Viertligisten in Chemnitz. 2009 mussten immerhin 120 Minuten gespielt werden, um sich beim Abstiegskandidaten der Oberliga Baden-Württemberg, dem FC Villingen, durchzusetzen und zumindest mal die zweite Runde zu erreichen, nachdem es 2008 das Erstrundenaus beim damaligen Drittligaklub Erzgebirge Aue gegeben hatte. 2007 hatte man sich bei der U23 von Werder Bremen blamiert. Fünf Jahre Pleiten, Pech und Pannen. Am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de ) startet St. Pauli den nächsten Versuch - beim südbadischen Pokalsieger , dem Oberligisten Offenburger FV.

Im ausverkauften Karl-Heitz-Stadion werden 10.000 Fans den Fünftligisten nach vorne peitschen. "Ich erwarte eine Hitzeschlacht und ein Heimteam, das von Fans aus der ganzen Region unterstützt wird“, sagt St. Paulis Trainer André Schubert. Das Pokalspiel gegen die Amateure bezeichnet er als "sehr, sehr wichtiges Spiel“, bei dem er "nicht den Hauch von Nachlässigkeit“ duldet. Der

Freiburger Verletzungssorgen - Chance für "Vicky"?

Für eine positive Überraschung könnte dagegen der dritte Hamburger Pokalvertreter sorgen - und Regionalligist Victoria Hamburg könnte dabei tatsächlich das Verletzungspech des Gegners in die Karten spielen. Denn Trainer Christian Streich plagt sich vor dem ersten Pflichtspiel des SC Freiburg in der Saison 2012/13 mit großen Aufstellungssorgen. Vor der Partie bei "Vicky" am Sonnabend im Stadion Hoheluft (15.30 Uhr) meldeten sich Johannes Flum und die Zugänge Ezequiel Calvente und Marco Terrazzino verletzt ab. Zudem kam Oliver Sorg angeschlagen von der U21-Nationalmannschaft zurück. Sein Einsatz ist ungewiss.

Gegen den drei Klassen unter dem SC spielenden Gegner rechnet Streich nicht mit einem einfachen Weiterkommen. "Ich habe noch im Kopf, dass wir letztes Jahr gegen Unterhaching in der 1. Runde des DFB-Pokals ausgeschieden sind“, sagte Streich, der damals als Assistent des später entlassenen Cheftrainers Marcus Sorg auf der Bank saß. "Und ich weiß auch: Wenn man gegen Victoria in Rückstand gerät, muss man vieles gut machen, um das Spiel zu drehen“, fügte der 47-Jährige an.

Magath plant Finaleinzug mit Wolfsburg

Ungleich selbstbewusster gibt sich Felix Magath, der auch im DFB-Pokal mit dem VfL Wolfsburg Großes vor hat. "Wir wollen ins Finale. Dabei sind Auslosungen auch egal“, verkündete der Trainer und Manager des niedersächsichen Bundesligisten am Donnerstag vor dem Erstrundenmatch gegen den Sechstligisten FC Schönberg. Zwar warnte Magath sein Team vor der vermeintlich leichten Aufgabe am Sonnabend in Lübeck (20.30 Uhr). "Deutsche Mannschaften, egal in welcher Liga sie spielen, können kämpfen und rennen“, befand Magath. Allerdings sieht der 59-Jährige gute Chancen auf einer erfolgreiche Saison seines Teams. "Natürlich braucht man auch Glück. Aber wir können uns das zutrauen.“

Im vergangenen Jahr war der VfL bereits in der ersten Runde beim Viertligisten RB Leipzig gescheitert. Bislang stand Wolfsburg erst einmal im Finale in Berlin. 1995 verlor der damalige Zweitligist gegen Borussia Mönchengladbach. Auch in der Bundesliga will der Meister von 2009 hoch hinaus und sich wieder für die Champions League qualifizieren.

FC Oberneuland gegen BVB: 0,5 Prozent Chance

Einen dicken Brocken erwartet am Sonnabend der Bremer Regionalligist FC Oberneuland - für das Duell mit Double-Sieger Borussia Dortmund ziehen die Viertliga-Fußballer extra ins große Weserstadion. "Ein absolutes Traumlos. Besser hätte die Auslosung nicht laufen können“, sagt Oberneulands Trainer Peter Moussalli.

Das heimische Stadion am Vinnenweg ist mit einem Fassungsvermögen von 5000 Zuschauern viel zu klein. Daher ziehen die Bremer, auch dank finanzieller Unterstützung des BVB, ins Weserstadion um. "Wir rechnen mit 20 bis 25 000 Fußball-Fans. Darunter mindestens 15.000 Anhänger von Borussia Dortmund“, meint FCO-Präsident Holger Micheli.

Eine Chance gegen die beste deutsche Mannschaft der vergangenen beiden Jahre rechnet sich aber niemand aus. "Wenn wir 500-Mal gegen Dortmund spielen, werden wir 499-Mal verlieren. Aber vielleicht ist ja am Samstag Spiel Nummer 500", hofft Trainer Moussalli und ergänzt: "Realistisch gesehen würde ich mal schätzen, dass die Chance bei 0,5 bis ein Prozent liegt. Wenn überhaupt. Denn es wäre vermessen, wenn ich uns mit den Dortmundern vergleiche.“

Nordklubs schon am Freitag im Fokus

Schon vor den ersten Auftritten der Spitzenteams vom BVB, Schalke und Bayern will der Augsburg am Freitag sein Zweitrundenticket lösen. In den beiden anderen Freitagspartien sind die Zweitligaclubs Eintracht Braunschweig (19.00 Uhr, beim VfB Lübeck) und FSV Frankfurt (19.00 Uhr, bei Sonnenhof Großaspach) favorisiert - ebenfalls im Duell mit Regionalligisten.

Die Augsburger sind höchst bedacht darauf, dass ihr Spiel medial möglichst wenig Wind entfachen wird. Das nämlich dürfte allenfalls dann der Fall sein, wenn sich der Favorit keinen Strauchler erlaubt. "Unsere Konzentration richtet sich ganz auf Wilhelmshaven“, betonte Trainer Markus Weinzierl am Donnerstag, "wir werden den Gegner nicht unterschätzen.“

Allerdings muss der FCA ohne Kreativmann Ja-Cheol Koo auskommen, der nach seinem Olympia-Auftritt mit der südkoreanischen Auswahl noch freibekommen hat. Auch die Verteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker (Knieprobleme), Marcel de Jong (kanadische Nationalelf) und Ragnar Klavan (gesperrt) fehlen. Jan Moravek hat sich nach seinen Problemen am Oberschenkel dagegen rechtzeitig wieder fit gemeldet.

Die Außenseiter aus Wilhelmshaven treten bereits zum vierten Mal im DFB-Pokal gegen einen Bundesligisten an, bisher setzte es aber jedes Mal vier Gegentore und eine klare Niederlage: 1980 gegen Bochum, 2007 gegen Lautern, schließlich auch vor zwei Jahren gegen Eintracht Frankfurt. Um die Bilanz aufzubessern, hat Trainer Christian Neidhart Augsburg nun sogar beobachten lassen - um sich später nicht vorwerfen lassen zu müssen, die kleine Chance aufs Weiterkommen nicht ernst genommen zu haben.

Neidhart legte in der vergangenen Woche über 1500 Kilometer Autofahrt zur Gegnerbeobachtung zurück. Zum Test des Bundesligisten gegen die Queens Park Rangers fuhr er einmal quer durch die Republik hin und zurück. „In jeder Runde gibt es mal Überraschungen. Warum nicht diesmal in Wilhelmshaven?“, fragte der Coach keck.

Wiedersehen bei Lübeck gegen Braunschweig

Mit ziemlich großem Selbstvertrauen greift Braunschweig in den Pokal ein, die Niedersachsen führen nach zwei Partien die 2. Liga noch verlustpunktfrei an. "Wir müssen uns vor niemandem verstecken“, tönte Abwehrmann Deniz Dogan. Lübeck allerdings ist für Pokalüberraschungen bekannt, vor drei Jahren schmiss der VfB etwa Mainz 05 in Runde eins raus. Trainer der Norddeutschen ist pikanterweise auch noch ein Ex-Braunschweiger: Ramazan Yildirim lief von 2007 bis 2009 für die Eintracht auf. "Wahnsinn, dass es schon nach so kurzer Zeit zum Duell kommt“, meinte er.