Bei der EM 2012 in Polen und in der Ukraine trifft die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auf die Niederlande, Dänemark und Portugal.

Kiew. In Joachim Löws Gesicht zeigte sich keine Regung, aber seine Anspannung konnte der Bundestrainer nicht ganz verbergen. Als der ehemalige niederländische Nationalspieler Marco van Basten am Freitag im Kulturpalast Ukraina in Kiew um 18.52 Uhr den Zettel mit der Aufschrift "Germany" der geballten Prominenz mit 200 Gästen aus Sport und Politik entgegenhielt, kaute Löw im Stakkato an seinem Stift. Auf dem Weg zum vierten EM-Titel erwischte die deutsche Nationalmannschaft die schwierigste der vier Gruppen und muss 2012 beim Turnier in Polen und in der Ukraine gegen Vizeweltmeister Niederlande, Ex-Europameister Dänemark sowie Portugal antreten.

"Das ist wahrscheinlich die stärkste, ausgeglichenste und interessanteste Gruppe", kommentierte Löw die Auslosung. "Wir hatten keine Wunschgegner und auch keine Angstgegner. Das ist schon eine Hammer-EM. Alle sind schwer zu spielen. Das ist bei einer EM auch anders als bei einer WM, bei der man schon einmal auch Ecuador oder Costa Rica zugelost bekommen kann."

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In der Gruppe B, der Deutschland in der letzten Ziehungsrunde aus Topf zwei zugelost wurde, stehen dem Löw-Team, das mit makelloser Bilanz die EM-Qualifikation abgeschlossen hatte, in der Vorrunde einige Reisestrapazen bevor. Die DFB-Auswahl muss ihre drei Vorrundenspiele in der Ukraine austragen. Philipp Lahm und Co., die während des gesamten Turniers ihre Zelte in der Nähe von Danzig aufschlagen, müssen zu ihren Partien am 9. Juni gegen Portugal mit Weltstar Cristiano Ronaldo in Lwiw, am 13. Juni gegen die Niederlande in Charkiw und am 17. Juni gegen Dänemark, den Europameister von 1992, wieder in Lwiw, fliegen.

DFB-Teammanager Oliver Bierhoff sah hingegen die Vorteile: "Ein mögliches Viertel- oder Halbfinale könnten wir wieder in Polen bestreiten." Die Worte von Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß ("Es ist nur die Frage, wer gegen Deutschland ins Endspiel kommt, deswegen ist es wurscht, wer sonst noch in der Gruppe rumturnt") hörte Bierhoff hingegen nicht gern: "Mir war es zuletzt zu viel Euphorie. Wir wissen jetzt, dass wir die EM von Anfang an nicht leicht nehmen dürfen."

Eine schwierige Gruppe bei der Zeremonie in dem sozialistischen Prunkbau, die von über 80 TV-Sendern in 150 Nationen übertragen wurde, erwischte auch Spanien. Der Titelverteidiger trifft in der Gruppe C auf Italien, Irland und Kroatien. Das Eröffnungsspiel bestreiten am 8. Juni Polen und Griechenland. Russland und Tschechien komplettieren die Gruppe A. Der zweite Gastgeber Ukraine bekommt es mit Schweden, Frankreich und England zu tun.

Ein Duell mit dem großen Rivalen Spanien ist für Deutschland erst im Halbfinale möglich. Werden die beiden Topfavoriten jeweils Gruppenerster, wäre der Welt- und Europameister sogar erst im Endspiel potenzieller Kontrahent. Lohn für den Gruppensieg wären kürzere Reisen in Viertel- und Halbfinale nach Danzig und Warschau.

Die meistgestellte Frage war in Kiew natürlich die nach dem Favoriten. Löw löste die Aufgabe einfach, indem er den Kreis erweiterte: "Spanien ist das Maß aller Dinge. Aber auch die Niederlande, England, Frankreich, Italien, Portugal und die beiden Gastgeber können den Titel gewinnen. Und wenn wir in Topform sind, dürfen wir berechtigte Hoffnungen haben."

Vor der rund einstündigen Auslosung hatten sowohl die Europäische Fußball-Union (Uefa) als Ausrichter als auch die beiden Co-Gastgeber betont, dass man 189 Tage vor dem Turnierstart voll im Plan liege. "Die EM 2012 wird ein voller Erfolg, ein Meilenstein in der Geschichte der Fußball-Europameisterschaft", sagten der ukrainische Verbandspräsident Grigorij Surkis und sein polnisches Pendant Grzegorz Lato. "Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist alles perfekt", sagte denn auch Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino, der kritischen Fragen auswich. Surkis gab immerhin zu, dass die Ukraine die EM beinahe verloren hätte. "Ohne die Geduld der Uefa würden wir jetzt nicht hier sitzen", sagte der ukrainische Verbandsboss. Zudem wurde am Freitag auch der neue EM-Ball "Tango 12" erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei der Auslosung präsentierte die ukrainische Stabhochsprung-Legende Sergej Bubka das neue Spielgerät, das eine technische Weiterentwicklung des "Jabulani" von der WM 2010 in Südafrika ist. Die Grundfarbe des Balles ist klassisch Weiß. Zudem wurden die Landesfarben Polens (Rot/Weiß) und der Ukraine (Gelb/Blau) eingearbeitet.