Der Nationaltorhüter wird an alter Wirkungsstätte geschmäht, feiert aber mit dem FC Bayern München einen verdienten 2:0-Sieg in Gelsenkirchen.

Gelsenkirchen. Die drängendste Frage am späten Sonntagnachmittag war schnell zu beantworten. Ja, es gab Pfiffe für Manuel Neuer in der Schalker Arena. Und zwar nicht zu wenige. Auch Plakate mit äußerst despektierlichem Wortlaut hatten die Schalker Anhänger vorbereitet. "Wir trauern um M. Neuer", hatten etwa die "Ultras Gelsenkirchen" auf einem riesigen Transparent geschrieben, hinter jenem Schriftzug ein Grabkreuz samt der Jahreszahlen von Neuers Profidasein auf Schalke gemalt und angefügt: "Wiederauferstanden als charakterlose Marionette".

Es war das erste Spiel des Nationaltorhüters im Dress des FC Bayern München an seiner alten Wirkungsstätte auf Schalke. Und der Auftritt glich dem erwarteten Spießrutenlauf. Wann immer es im Vorfeld um dieses Spiel ging, war Neuers Rückkehr das beherrschende Thema. Es hatte mitunter den Anschein, als würde der Bayern-Torhüter allein gegen Schalke antreten, als gäbe es die Schweinsteigers oder Ribérys gar nicht.

In den 90 Minuten der Partie aber war die Personalie Neuer keine spielbestimmende. Mit 2:0 (1:0) gewannen die Münchner auf Schalke. Es war ein souveräner Erfolg, der achte Pflichtspielsieg in Folge für den FC Bayern und dazu auch noch der achte ohne Gegentor. Die Bayern entwickeln sich zur Übermannschaft. Und immer mehr drängt sich die Frage auf: Wer soll sie noch stoppen?

Eine Änderung musste Münchens Trainer Jupp Heynckes diesmal vornehmen. Mario Gomez machten seine Leistenbeschwerden derart zu schaffen, dass der Torjäger passen musste. Statt seiner stürmte Nils Petersen, es war sein Startelfdebüt beim FC Bayern.

Die Schalker beschränkten sich zu Beginn vor allem darauf, das Bayern-Spiel zu stören. Und so entwickelte sich eine intensiv geführte Partie, in der die Münchner weitgehend spielbestimmend waren, ohne dass sie in der Anfangsphase aber zu zwingenden Möglichkeiten kamen. Bis zur 21. Minute: In jener Szene ließen die Schalker Franck Ribéry übers ganze Feld marschieren, Farfan und Kollegen leisteten lediglich Geleitschutz. Ein fataler Fauxpas bei einem wie Ribéry. Der kleine Franzose flankte auf den mitlaufenden Petersen, der allein auf Keeper Ralf Fährmann zulief. Im ersten Versuch scheiterte Peterson noch, im zweiten fälschte Schalkes Peer Kluge dann den Ball zum 1:0 der Bayern ab.

Wie Neuer auf dieses Tor reagierte? Gar nicht. Er nahm es mit einem Schluck aus seiner Flasche zur Kenntnis. Jede sonstige Aktion von Neuer aber wurde mit Pfiffen und lautstarken Judas-Rufen bedacht. Nun teilte nicht jeder diese doch äußerst zweifelhaften Ansichten, vor allem nicht seine ehemaligen Kollegen. "Manu hat hervorragende Jahre auf Schalke gehabt und hat einiges für Schalke getan. Das hat er nicht verdient", sagte etwa Kapitän Benedikt Höwedes, einer der engsten Vertrauten Neuers.

Der so Beschimpfte mimte gar den Coolen: "Ich wusste ja, was mich erwarten wird. Es ist klar, dass man das nicht gern hört", sagte Neuer im Anschluss. "Aber wenn man sich darauf einstellt, geht das teilweise auch da rein und da raus."

Auf die Münchner Führung reagierten die Schalker nun keineswegs geschockt, sie gingen weiter bissig zu Werke. In der 29. Minute eröffnete ihnen ein grauenvoller Fehlpass von Ribéry die Chance zum Ausgleich, doch Klaas-Jan Huntelaar zog knapp vorbei. Vier Minuten später war es erneut der Niederländer, dessen Schuss das Tor nur um Zentimeter verfehlte. In der 40. Minute gab es zudem noch eine strittige Szene, als Jerome Boateng nach einer Ecke Schalkes Joel Matip zu Fall brachte. Kein Elfmeter, entschied Schiedsrichter Florian Meyer, sehr zum Unmut der Gelsenkirchener.

Nach der Pause übernahmen die Bayern das Kommando, sie spielten eine exzellente zweite Hälfte. "Da hat man gesehen, was Bayern für eine Klasse hat", lobte auch Höwedes den Kontrahenten. "Für uns war es sehr schwer, überhaupt an den Ball zu kommen."

Fast immer war es Ribéry, von dem die gefährlichsten Aktionen der Münchner ausgingen. So wie in der 51. Minute, als sie einen Konter starteten, doch Petersen aus sieben Metern kläglich vergab. In der 75. Minute halfen dann die Schalker beim nächsten Münchner Tor mit. Ribéry wirbelte im Strafraum, Schalkes Kyriakos Papadopoulos verlängerte unfreiwillig auf Münchens Thomas Müller. Der Nationalspieler ließ sich nicht lange bitten und schob locker zum 2:0 ein.

Damit war die Partie zugunsten der Bayern entschieden. "Meine Mannschaft hat wieder ein starkes Spiel gemacht. Die zweite Halbzeit war die beste Halbzeit in dieser Saison", befand Heynckes. Für die wüsten Beschimpfungen von Manuel Neuer durch die Schalker Anhänger fand Heynckes nur einen Satz: "Das war geschmacklos."