St. Paulis Geschäftsführer Michael Meeske findet das Finanzmodell spannend, Horst Becker, Aufsichtsratschef des HSV, hat Bedenken.

Hamburg. Als ehemaliger Bankier musste sich HSV-Aufsichtsratschef Horst Becker nicht lange bitten lassen, den gestern vom Abendblatt vorgestellten Publikumsfonds FTR 1 (Fußball-Transferrechte 1) etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Modell, das gestern seinen offiziellen Start hatte, sieht vor, dass sich Privatanleger an finanziellen Transferrechten talentierter Fußballer beteiligen und so an einer möglichen Wertsteigerung der Profis partizipieren. Eine verlockende Aussicht, die Becker, der sich gestern Abend mit seinen Aufsichtsratskollegen zu einer turnusmäßigen Runde im Stadionrestaurant "Die Raute" traf, allerdings nicht restlos überzeugt: "Ich habe bei einem derartigen Fonds Zweifel, schließlich müssen sich genügend Anleger finden und ein Renditeversprechen gemacht werden. Dieses Modell ist aber - wie bei Fonds üblich - sehr riskant. Ich glaube, dass es sich bei der aktuellen Marktlage nur schwer durchsetzen kann." Beckers Fazit: "Dieses Modell ist für unseren HSV nicht wirklich interessant."

Mindestens zehn Millionen Euro sollen für den Fonds gesammelt werden

Tatsächlich dürfte sich der Fonds, der von den Finanzexperten Volker Langhinrichs und Jörg Zeits gegründet wurde und von der Finanzdienstleistungsaufsicht die Zulassung erhalten hat, in erster Linie an kleinere Vereine richten. Die Grundidee des Konzepts: Bis Ende 2011 sollen durch überwiegend freie Finanzdienstleister zehn Millionen Euro gesammelt werden. Die Mindestzeichnungssumme beträgt 10 000 Euro zuzüglich fünf Prozent Aufschlag. Mit dem Geld sollen anteilige Transferrechte für eventuelle Vereinswechsel von insgesamt 20 bis 30 talentierten Spielern, die nicht älter als 23 Jahre alt sein sollen, erworben werden.

Und während Hamburgs Aufsichtsratschef Becker, der eher einen Einzelinvestor wie HSV-Geldgeber Klaus-Michael Kühne befürwortet, skeptisch bleibt, hält St. Paulis Geschäftsführer Michael Meeske das Modell für durchaus überdenkenswert. "Das Konzept kann ein spannender Ansatz für Vereine sein", sagt Meeske, schränkt aber ein: "Allerdings gibt es viele Komponenten, wie zum Beispiel Mindestrückzahlungen oder Mitbestimmungsrechte, die stimmen müssten, um für Vereine wirklich relevant zu sein."

Trotz des Risikos würde er ein derartiges Angebot auch für den FC St. Pauli prüfen: "Letztlich geht es um ein Kapitalangebot mit einer spekulativen Rückzahlungsbasis, wie es in ähnlicher Form im Markt immer wieder mal vorkommt. Und in Abhängigkeit von Notwendigkeit und Seriosität hört man es sich gegebenenfalls auch an." Meeskes Fazit: "Ich glaube, dass Transferbeteiligungen grundsätzlich eine Chance haben, sich zu entwickeln."

BUNDESLIGA IST RENDITE-MEISTER

Grundsätzlich kein Freund derartiger Finanzkonzepte ist HSV-Supporterschef Ralf Bednarek, der sich auch gegen HSV-Investor Kühne ausgesprochen hat. "Auch dieses Modell erinnert mich stark an die südamerikanischen Konzepte, bei denen die Transferrechte einzelner Spieler teilweise bei Supermarktketten liegen. Derartige Verhältnisse wollen wir in der Bundesliga eigentlich nicht haben", sagt Bednarek, "ich halte generell nicht viel von Modellen, bei denen die Vertragssituationen derart undurchsichtig sind."

Ein Komplettverlust soll für die Anleger ausgeschlossen werden

Überraschende Unterstützung erhält Bednarek von HSV-Chef Bernd Hoffmann: "Wir beobachten den Markt, sehen derzeit bei diesem konkreten Konzept aber keinen Ansatzpunkt." Ähnlich skeptisch ist Edda Castelló, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg, die das Konzept als "extrem spekulativ" bezeichnet. Zwar drohe wegen der Konstruktion als Fonds nicht die Gefahr, dass das Geld der Anleger durch eine Pleite des Emittenten praktisch komplett verloren geht - so wie im Fall der Lehman-Zertifikate. "Aber es bleibt das nicht zu unterschätzende Risiko, dass der Wert der Spieler nicht im erwarteten Umfang steigt."

Fondsgründer Langhinrichs dürfte die zahlreichen Bedenken nachvollziehen können, bleibt aber von seinem Konzept überzeugt: "Die Zusammenarbeit mit der Beratungsgesellschaft Extratime GmbH aus Hamburg und ihrem internationalen Scouting- und Informationsnetz gewährleistet die Investition in talentierte Spieler und den Aufbau eines werthaltigen Rechteportfolios." Zumindest Meeske scheint Langhinrichs im Großen und Ganzen überzeugt zu haben. "Je nachdem wie die Eckpfeiler letztlich gestaltet sind, kann es für alle Vereine ein Thema sein, egal ob Champions League oder Zweite Liga."