Aufsichtsratschef Horst Becker spricht über die aktuellen Zahlen, die Zielsetzung des Vereins und interne Probleme beim Hamburger SV.

Hamburg. Ein Dino wie der HSV in der Liga ist er noch nicht ganz, aber auf dem Weg dorthin. Horst Becker geht als Aufsichtsrat in seine 15. HSV-Saison.

Abendblatt:

Herr Becker, mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Saison?

Horst Becker:

Da unser Kader relativ früh zusammengestellt war, wir mit Jerome Boateng nur einen Stammspieler verloren haben und uns zudem dort verstärkt haben, wo wir Notwendigkeiten erkannt hatten, sehe ich uns gut aufgestellt. Das Ziel muss es sein, einen internationalen Wettbewerb zu erreichen.

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Also die Champions League.

Nein, ich meinte international. Wovon wir träumen oder war wir gerne hätten, ist eine andere Geschichte.

Könnten Sie den Kader halten, falls das Unterfangen misslingen sollte?

Das wäre problematisch.

Wie problematisch sind die Finanzen?

Gar nicht. Wir haben außer dem Stadionkredit in Höhe von jetzt noch 48 Millionen Euro keine weiteren Bankverbindlichkeiten und planen, erneut eine schwarze Null zu erreichen.

In welcher Höhe stehen in der Zukunft noch Raten von Transfers an?

Die in der Regel zinslose Ratenzahlung ist eine gängige Praxis. Wenn Sie die Forderungen gegenrechnen, ergeben sich netto elf Millionen Euro.

Wäre es denkbar, das Volumen von Investoren auszudehnen?

Das steht nicht zur Debatte. Die Geschichte mit Herrn Kühne war dem Umstand geschuldet, dass uns die Einnahmen aus der Europa League sowie die Möglichkeiten von Leverkusen, Wolfsburg oder Bayern fehlen.

Wie ist Ihre Haltung hinsichtlich des Vermarkter-Vertrags?

Wenn der Stadionkredit und der Vertrag mit Sportfive auslaufen, werden wir in Ruhe überlegen, wie es weitergeht. Noch ist offen, ob wir eine Verlängerung oder eine andere Partnerschaft anstreben oder die Vermarktung vielleicht selbst übernehmen, um unabhängig zu sein.

Wie sehr schmerzt Sie noch die Absage von Urs Siegenthaler?

Obwohl ich seine Entscheidung bedauere, die unter dem Druck der Verbände und Vertreter der Liga fiel, sind wir gut aufgestellt mit Paul Meier und Christofer Clemens, die Siegenthaler noch selbst ausgesucht hat.

Bastian Reinhardt steht jetzt unter großem Erfolgsdruck.

Wir alle haben Erfolgsdruck. Ich bin überzeugt, dass er seinen Weg geht, bisher hat er seine Aufgabe sehr gut erfüllt.

Wann sprechen Sie im Aufsichtsrat über die Vorstandsverträge?

Wir haben uns mit Bernd Hoffmann und Katja Kraus darauf verständigt, dass darüber erst im nächsten Jahr entschieden wird.

Glauben Sie auch, dass die Bewertung der Arbeit Hoffmanns und Kraus' stark vom Hinrundenverlauf abhängig ist?

Diese Denkweise ist einer der Faktoren, warum dieser Verein so schwer zu führen ist. Wie Mitgliederversammlungen laufen, ist stark abhängig vom jeweiligen Tabellenplatz. Es geht mehr um emotionale Momentaufnahmen als darum, was langfristig geleistet wurde.

Hat der HSV ein Führungsproblem?

Das Problem sind nicht die Personen, sondern die Strukturen. Es ist nun einmal ganz schwer, es in so einem basisdemokratischen Verein allen Beteiligten recht zu machen.

Sie persönlich mussten auch viel Kritik einstecken. Werden Sie als Vorsitzender des Aufsichtsrats weitermachen?

Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken. Wichtig ist, dass die Führungsgremien geschlossen sind. Ich wünsche mir vom Aufsichtsrat, dass wir nach außen mit einer Sprache sprechen und sich alle loyal verhalten, selbst wenn wir intern mal kontrovers diskutieren. Dass wir uns bei aktuellen Themen offener und transparenter präsentieren, ist ein Ziel. Ansonsten sollte der Aufsichtsrat im Hintergrund agieren.

Das hat noch nie geklappt.

Wissen Sie, was ich mir beim HSV wünschen würde? Eine Wertediskussion darüber, wie man miteinander umgeht, nämlich mit gegenseitigem Respekt und fair, trotz aller unterschiedlicher Auffassungen und berechtigter Kritik.