Für den Bundestrainer ist er der Anführer und der Stratege im deutschen Team: Bastian Schweinsteiger. Doch der Vize-Kapitän ringt weiter um seine Topform. Das Team braucht Schweinsteiger, betont Löw. Und er ist von den Fähigkeiten des Münchners absolut überzeugt.

Danzig. Der Chef quält sich. Für Bastian Schweinsteiger, 91 Länderspiele, zweimal WM-Dritter und EM-Zweiter 2008, ist sein fünftes großes Turnier eine ganz besondere Herausforderung. Nach einer Pleiten-Pech-und-Pannen-Saison mit dem FC Bayern hat der 27-Jährige die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine zum persönlichen „Neuanfang“ erklärt. Drei Verletzungen, drei Vizetitel - der ehrgeizige Schweinsteiger ist unzufrieden: „Es wäre an der Zeit, dass man einen Titel holt.“ Der erste Schritt bei der EM ist geglückt, mit seiner Beteiligung. Und auch wenn der Münchner weiter zäh um Topform ringt, betonte Bundestrainer Joachim Löw nach dem 1:0 gegen Portugal: „Es war extrem wichtig, dass er auf dem Platz war.“

Schweinsteiger macht sich außerhalb des EM-Quartiers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft rar in Danzig, er meidet weitgehend die Öffentlichkeit. Als kurz vor der Abreise nach Polen Paparazzi-Fotos vom verletzten Bayern-Star zusammen mit Freundin Sarah an einem Pool auf der italienischen Ferieninsel Capri auftauchten, stellten plötzlich sogar zwei Vizepräsidenten des DFB ohne weitere Kenntnisse Schweinsteigers Professionalität infrage. Dabei hatte der von Löw explizit die Erlaubnis für den Kurzurlaub erhalten.

Der Bundestrainer weiß um die spezielle Bedeutung des Mittelfeld-Organisators in seinem EM-Puzzle. Daran ändert auch nichts, dass sein „emotionaler Leader“, zu dem er Schweinsteiger ernannte, vor dem Turnier nur in drei von zehn Länderspielen in der EM-Saison dabei war. Auch ein Schlüsselbeinbruch im vergangenen November, ein Außenbandriss am rechten Sprunggelenk zu Jahresbeginn und ein Bluterguss in der linken Wade aus dem Champions-League-Finale bremsen Schweinsteigers Ambitionen nicht. „Es geht mir gut, ich habe keine Probleme mehr“, vermeldete er über die Verbands-Homepage.

Löw beobachtet Schweinsteigers Entwicklung genau. Anders als bei Per Mertesacker und Miroslav Klose, denen der Bundestrainer wegen ihrer langen Wettkampfpausen gegen Portugal eine Bankrolle verordnete, stand der Vizekapitän in der Startelf. „Er hatte den Rhythmus und hat ja zuletzt mit Bayern alle Spiele gemacht“, erklärte Löw am Montag in Danzig. Auch von der mentalen Seite macht sich Löw „keine Sorgen“ um Schweinsteiger: „Er ist absolut selbstbewusst, hat eine gute Körpersprache, ist ehrgeizig und siegesgewillt.“

Löws Team braucht Schweinsteigers strategische Fähigkeiten, er gibt die Kommandos auf dem Platz. Gerade auch in der Rückwärtsbewegung. „Bastian war als Organisator mit Sami Khedira präsent im Mittelfeld. Sie haben das Spiel im Griff gehabt, beide waren stark“, betonte Löw nach dem gelungenen EM-Auftaktmatch.

Bei der 3:0-Gala des deutschen Nationalteams im November 2011 gegen Holland fehlte Schweinsteiger. An der Seite von Khedira durfte damals in Hamburg Bayern-Kollege Toni Kroos ran, der auch bei der EM die erste Alternative zu Schweinsteiger ist. Doch adäquat könnte weder Kroos noch ein anderer Spieler in Löws Kader den Chef ersetzen.

„Er ist eine absolute Führungspersönlichkeit“, hatte der Bundestrainer vor der EM betont. Und er müsse sich in das Turnier „reinquälen“. Das zählt auch weiter für das nächste Gruppenspiel an diesem Mittwoch im ukrainischen Charkow gegen den Erzrivalen Holland.