Angreifer Robin van Persie steht stellvertretend für die Krise im niederländischen Spiel. Gegen Deutschland will ihn Klaas-Jan Huntelaar aus der Startelf verdrängen.

Charkow. Bei Twitter gratuliert ein User Robin van Persie bereits gehässig „zum Abschiedsspiel in Orange“. So weit ist es natürlich noch nicht. Aber weil van Persie das Tor nicht trifft, trifft ihn eben der Spott der Fans: Im Internet kursieren Bilder davon, wie der niederländische Stürmerstar vom FC Arsenal bei der EM-Pleite gegen Dänemark (0:1) kläglich eine seiner zahlreichen Chancen verstolpert.

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Vor dem „Endspiel“ des Vize-Weltmeisters Niederlande am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) gegen Deutschland, so scheint es, liegen vor allem in der nominell exzellent besetzten und zudem hochgelobten Offensivabteilung die Nerven blank. Während sich Wut und Enttäuschung von Fans und Experten auf den glücklosen van Persie konzentrieren, der sich gegen Klaas-Jan Huntelaar durchgesetzt hatte, wittert dieser seine Chance. Beim Training legt der Bundesliga-Torschützenkönig von Schalke 04 Extra-Einheiten ein: Wenn alle anderen bereits in der Kabine sind, jagt er den Ball immer wieder in den leeren Kasten.

Zu sagen hat Huntelaar allerdings nichts. Am Montag teilte der niederländische Fußballverband KNVB sogar mit, dass der „Hunter“ nicht für Pressegespräche zur Verfügung stehe. Einen Grund wollte der KNVB nicht nennen, aber es ist klar, dass jede Aussage Huntelaars weiteres Öl ins Feuer wäre in der Diskussion, wer gegen Deutschland stürmen soll. Zumal das Grinsen auf seinem Gesicht bei van Persies Stolperanfall gegen Dänemark live im Fernsehen zu sehen war.

Für Robin van Persie, der in England die vielleicht beste Saison seiner Karriere gespielt hat und unter Arsene Wenger zum Führungsspieler gereift ist, spricht derzeit eigentlich nur noch die Statistik. Mit Arsenal war van Persie in der Champions League gegen Dortmunds Nationalverteidiger Mats Hummels in zwei Spielen gleich dreimal erfolgreich. Huntelaar ging mit Königsblau in der Bundesliga dagegen leer aus gegen Hummels, der beim 1:0 der DFB-Elf gegen Portugal überraschend den Vorzug gegenüber Per Mertesacker erhalten und eine überragende Leistung gezeigt hatte.

Bondscoach Bert van Marwijk stärkte van Persie nach dem Dänemark-Spiel den Rücken: „Er hat anständig gespielt“, sagte der ehemalige Dortmunder Trainer. Van Marwijk, der in der gemeinsamen Zeit bei Feyenoord Rotterdam (2001 bis 2004) mit dem damals aufmüpfigen Jungprofi öfter aneinandergeraten war, hatte sich vor dem Turnier in Polen und der Ukraine klar für van Persie ausgesprochen.

Auch, weil dieser bei der Testspiel-Pleite gegen Bulgarien (1:2) als Außenstürmer an der Seite von Huntelaar keine gute Figur machte. Dabei war die Körpersprache von van Persie klar: Ich gehöre in die Mitte, ich will nicht auf der Außenposition spielen.

So viel zur Schau getragenes Selbstbewusstsein ruft Neider auf den Plan, auch in der eigenen Mannschaft. Zudem sitzen ja noch weitere unzufriedene Stars auf der Bank: der Ex-Hamburger Rafael van der Vaart, der zu Fenerbahce Istanbul wechselnde Dirk Kuyt. Die „gute Stimmung in der Mannschaft“, die van Persie vor dem Auftakt gegen Dänemark gelobt hatte, ist längst Geschichte.