Im Vergleich zum «alten» FC Bayern vermisst Interimstrainer Jupp Heynckes noch den «Killerinstinkt», ungeachtet des Chancenwuchers beim 3:0 (0:0) gegen Bayer Leverkusen glaubt der Rekordmeister aber wieder an seine 22. deutsche Meisterschaft. «Der FC Bayern ist im Aufwind, jetzt ist alles möglich», sagte Heynckes nach seinem dritten Sieg im dritten Spiel. Und Uli Hoeneß ergänzte: «Ich will immer Erster sein. An dem Tag, an dem ich das aufgebe, kann ich meinen Job aufgeben.»

Am Mittwoch stellte Hoeneß mit dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge und Karl Hopfner erst einmal die Weichen in der Trainerfrage. Wunschtrainer Louis van Gaal erhält ab dem 1. Juli 2009 einen Zweijahresvertrag. «Wir sind glücklich, mit Louis van Gaal einen erfahrenen und erfolgreichen Fußballtrainer für Bayern München gewonnen zu haben», erklärte Rummenigge.

Hoeneß tritt hingegen am Jahresende als Manager ab und wechselt an die Spitze des Aufsichtsrates. Am liebsten möchte er sich mit dem 37. Titel seiner 30-jährigen Laufbahn verabschieden. Angesichts der Situation in der Tabelle, in der die Bayern nur die schlechtere Tordifferenz (plus 28) von Spitzenreiter VfL Wolfsburg (plus 30) trennt, hält Hoeneß die Meisterschaft wieder für machbar. «Die Nervenbelastung ist enorm hoch. Irgendeiner wird jetzt patzen - ich hoffe, dass es nicht wir sind», sagte er.

Wolfsburg muss noch bei Hannover 96 und gegen Werder Bremen antreten, die Bayern dagegen haben laut Hoeneß mit den Spielen bei 1899 Hoffenheim und dann gegen den VfB Stuttgart das schwierigere Restprogramm. Umso mehr schmerzte es die Münchner, dass gegen Bayer nach den Treffern von Luca Toni (47.), Franck Ribery (59.) und des überragenden Lukas Podolski (71.) zahlreiche weitere Möglichkeiten ungenutzt blieben und somit der erstmalige Sprung auf Platz eins verpasst wurde.

«Das müssen wir lernen, und zwar schnell», monierte Heynckes. Denn, so ergänzte Hoeneß sorgenvoll: «Es wäre doch fatal, wenn wir die Meisterschaft wegen der Tordifferenz nicht gewinnen würden.» Sechsmal ist das in der Bundesliga-Geschichte bislang passiert, die Bayern distanzierten die Konkurrenz 1986 und 2000 auf diese knappste Art; «Tor-Verlierer» waren sie nie. Laut Hoeneß wird das so bleiben, die Meisterschaft werde sicher über die Anzahl der Punkte entschieden, meinte er.

Die Bayern haben seit Heynckes' Amtsübernahme wieder mehr Argumente denn je für ein Happy End. Nach Schwierigkeiten in der ersten Hälfte zauberten sie Leverkusen in der zweiten, angetrieben von Ribery und Podolski, an die Wand. «Die Mannschaft hat wieder Spielfreude, die Spieler Spaß am Fußball. So wie wir im Moment in Schuss sind, können wir die beiden noch ausstehenden Spiele gewinnen», sagte Heynckes.

Während der 64-Jährige der Mannschaft im Endspurt wieder die Tugenden des «alten» FC Bayern antrainieren will, ist die Verpflichtung von Spielmacher Diego von Bundesliga-Konkurrent Werder Bremen geplatzt.

«Wir ziehen uns aus der Veranstaltung zurück. Denn wir sind ein seriöser Klub. Das was da zur Zeit alles passiert, wirkt sehr irritierend auf uns», sagte der Münchner Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge der Bild-Zeitung.

Diego hatte zuvor in einem Interview mit der Kreiszeitung Syke erklärt: «Ich bin mit Juventus Turin klar. Wenn sich die Klubs einig sind, dann werde ich auch sagen: Ich spiele nächste Saison bei Juventus Turin.» Ein Vertrag sei aber noch nicht unterschrieben. Diego stellte eine endgültige Entscheidung bis Freitag in Aussicht.

Eine weitere Personalie wurde bei einem Treffen mit Leverkusen vor dem Duell auf dem Platz besprochen. Dabei ging es um den ausgeliehenen Toni Kroos, den Bayer gerne ein weiteres Jahr halten würde. «Die Tendenz geht dahin, dass er bleibt. Aber das hängt vom neuen Bayern-Trainer ab», sagte Sportchef Rudi Völler.

Auf dem Rasen hatte Völler in München weniger Erfreuliches gesehen. Erst versagte Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (Herne) Bayer zwei Strafstöße, dann «haben uns die Bayern auseinandergenommen».

Wie so oft rannte die junge Truppe nach starkem Beginn naiv in ihr Verderben. «Wenn wir in Rückstand geraten, verlieren wir die Ordung und sacken in uns zusammen», schimpfte Coach Bruno Labbadia. Er hat jetzt zweieinhalb Wochen Zeit, seine Mannschaft für das DFB-Pokalfinale gegen Bremen vorzubereiten - vor allem psychisch.