Freezers-Trainer Benoît Laporte spricht über die aktuelle Entwicklung bei den Freezers und seine Vertragssituation. Ein Interview.

Hamburg. Während die grippegeschwächten Profis der Hamburg Freezers nach der 8:4-Gala vom Sonntag gegen die Nürnberg Ice Tigers kurzerhand freibekommen haben, nutzte Benoît Laporte den Montag, um selbst aktiv Sport zu treiben. 45 Minuten joggte der Trainer des Clubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) durch den idyllisch verschneiten Volkspark. Anschließend nahm sich der 53-Jährige Zeit, um über die aktuelle Entwicklung bei den Freezers zu sprechen.

Hamburger Abendblatt: Herr Laporte, dürfen wir Ihnen zur Vertragsverlängerung gratulieren?

Benoît Laporte: Nein, wie kommen Sie darauf?

Sportdirektor Stéphane Richer wollte abwarten, ob das Team wie in den Vorjahren im Januar abstürzt. Das ist nicht der Fall. Von 30 möglichen Punkten holten die Freezers 25. Da ist der Vertrag doch eigentlich nur die logische Konsequenz, oder?

Laporte: Es gibt keinen neuen Stand. Ich spreche viel mit meinem Agenten Klaus Hille. Ich denke nur von Tag zu Tag. Die Sonne geht morgens auf und abends wieder unter. (lacht)

Wie aus Clubkreisen zu vernehmen ist, werden die Freezers in Kürze auf Sie zukommen.

Laporte: Wie gesagt: Wir werden alle sehen, was passiert. Ich verschwende keine Energie mit Gedanken über meine Zukunft. Einige Spieler sind in derselben Situation, spielen tolles Eishockey und haben keinen Vertrag. Warum soll ich mich da wichtiger nehmen? Und außerdem sagt doch schon die Berufsbezeichnung alles. Ein Manager managt, ein Trainer trainiert und die Spieler spielen.

So locker gingen Sie nicht immer mit der Situation um. Zum Jahreswechsel, als die Freezers ihre Vertragsoption nicht gezogen haben, wirkten Sie angefasst.

Laporte: Ich war natürlich sauer und enttäuscht. Wir waren damals schon Tabellenführer – und der Club zieht die Option nicht. Das hatte bei mir einige schlaflose Nächte zur Folge. Ehrlich gesagt, macht sich meine Familie aber mehr Gedanken über die Situation als ich. Ich konzentriere mich inzwischen nur auf meine Arbeit und meine Jungs. Alles Weitere wird sich ergeben. Ich möchte in Hamburg bleiben.

Kein Wunder angesichts der Tabellenführung. Was macht Ihre Mannschaft so stark? Es ist keine drei Monate her, da stand sie auf dem letzten Platz.

Laporte: Wenn du sportlich durch die Hölle gehst, lernst du verdammt viel. Die ersten 13 Spiele waren für uns ein sehr gutes Lernmittel. Wir spielen jetzt einfacher, haben kaum noch unnötige Scheibenverluste in der Vorwärtsbewegung. Die Jungs spielen sehr strukturiert. Wir sind uns nicht zu fein, auch mal einen Puck nur aus der Defensivzone herauszulupfen. Anders als in den ersten Wochen versuchen wir in Bedrängnis nicht mehr, den Traumpass zu spielen, sondern agieren viel schlauer. Dieser Lernprozess erfolgte aber nicht von heute auf morgen.

Sehr auffällig ist in den letzten Wochen vor allem der Teamgeist. Wenn einer Ihrer Spieler unfair angegangen wird, sind gleich die Kollegen da, um ihm zur Seite zu springen. Das muss Ihnen doch gefallen.

Laporte: Egal, wo ich als Spieler oder als Trainer war: Die Chemie in der Kabine gewinnt letztlich Meisterschaften. Es gibt nicht viele Teams, die ohne fantastischen Teamgeist etwas gewinnen. Die Jungs spielen mit so viel Stolz und Ehre. Sie wollen einfach den Erfolg, egal, was es kostet. Natürlich gibt es auch mal Reibereien, aber jeder will im Endeffekt dasselbe: Siege! Wir sind ein ziemlich großes und starkes Team. Wenn ein Gegner versucht, irgendwie dreckig gegen uns zu spielen, hat er ein Problem mit dem ganzen Team. Das gefällt mir. Ich nenne Ihnen noch zwei weitere Beispiele für den Teamgeist.

Gerne!

Laporte: Das Team hat aus der Mannschaftskasse eine Tischtennisplatte gekauft und jetzt duellieren sich die Spieler in ihrer Freizeit. Das zeigt, dass alle gerne Zeit miteinander verbringen und Spaß an ihrem Job haben. Phil Dupuis kommt an seinem freien Tag zur Arena, um sich die DVD vom Nürnberg-Spiel abzuholen. Er will sein Spiel analysieren und schauen, wo er noch besser werden kann. Es sind nur kleine Dinge, zeigen aber, dass wir eine charakterlich tolle Truppe beisammen haben.

Es scheint, als hätten Sie als Trainer im Moment eine sehr entspannte Zeit.

Laporte: Mein Co-Trainer Serge Aubin und ich sind in erster Linie da, um sicherzugehen, dass niemand durchdreht und jeder den Weg, den wir eingeschlagen haben, weitergeht. Im Moment ist es unsere Aufgabe, das Team auf die jeweiligen Gegner einzustellen und kleine taktische Dinge anzupassen. Allerdings gebe ich zu, dass hin und wieder ein Weckruf meinerseits nötig ist. Aber das ist auch ganz normal.

Was zeichnet Ihr Team denn noch aus?

Laporte: Die Mannschaft trainiert sich quasi selbst. Es herrscht auf der Bank sehr viel Kommunikation. Die Reihen sprechen untereinander, was sie besser machen können. Es ist gut, wenn das nicht immer vom Trainer kommen muss. Es ist doch wie in der Ehe. Wenn man sich immer anschreit, denkt man: „Ja, ja, erzähl mal.“ Wenn man von Zeit zu Zeit mal laut und eindringlich wird, hört man ganz genau hin.

Haben Sie nicht die Befürchtung, dass dieser unglaubliche Lauf Ihrer Mannschaft ein wenig zu früh kommt? Die Play-offs beginnen erst im März.

Laporte: Ich glaube nicht, dass unser Lauf zu früh kommt. Es ist ja nicht so, dass wir glücklich ein paar Spiele hintereinander gewonnen haben. Wir haben über die vergangenen drei Monate etwas aufgebaut, sind sehr stabil. Wir haben jedes einzelne gewonnene Spiel verdient, weil wir es uns erarbeitet haben. Wir wissen, was wir imstande sind zu leisten. Selbst, wenn wir mal zwei, drei Spiele verlieren würden, wüssten wir, wie wir wieder in die Spur kommen. Ich mache mir keine Sorgen. Außerdem spielen wir längst noch nicht am Limit. Es gibt Dinge, die wir besser machen können. Zum Beispiel könnten wir besser in die Spiele starten.

Ihre beiden Torhüter Dimitrij Kotschnew und Sébastien Caron haben maßgeblichen Anteil am Erfolg. Werden Sie in den Play-offs die Rotation im Kasten beibehalten?

Laporte: Ich bin noch nicht sicher, ob wir rotieren oder nicht. Es ist auch noch zu früh für eine Entscheidung. Wir haben noch neun Spiele in der Hauptrunde. Unsere Rotation funktioniert bisher super. Wir werden nach der Olympiapause uns als Trainerteam hinsetzen und überlegen, was das Beste für die Play-offs ist.

In den vergangenen Jahren wurden häufig die Importspieler kritisiert. Ihnen wurde nachgesagt, dass Sie junge Deutsche besser entwickeln können als Ausländer. Dieses Jahr scheint es anders zu sein.

Laporte: Wir haben eine andere Mentalität im Team. Wir sind jünger als im Vorjahr. Phil Dupuis und Morten Madsen sind gute Beispiele. Sie haben eine hohe Eigenmotivation. Adam Mitchell ist mit 31 zwar schon älter, kennt aber die Liga seit Jahren und passt perfekt hier rein. Seit ich hier bin, ist es das kompletteste Team, das ich hier hatte. Vom Sportlichen, aber auch vom Menschlichen her. Keiner ist sich zu schade, die Drecksarbeit zu machen. Wir haben nicht den einen Superstar, treten sehr homogen auf. So viel Spaß hatte ich lange nicht in meinem Job.

Die Freezers steuern auf die beste Saison der Clubgeschichte zu. 95 Punkte wurden in der Saison 2003/2004 erreicht. Was bedeuten Ihnen diese Zahlenspiele?

Laporte: Wir schauen gar nicht so sehr auf die Tabelle. Wir sprechen nicht über die Hauptrundenmeisterschaft oder Ähnliches. Unser Ziel lautet: Top Vier. Wir wollen in jedem Spiel das beste Team auf dem Eis sein. All die anderen Statistiken können nur lähmen und ablenken. Man baut einen unnötigen Druck auf, wenn man auf Punktzahlen und Platzierungen schaut. Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Darauf liegt unser Fokus.